Oftersheim. Beim „Grünen Feierabend“ des Grünen-Ortsverbandes im Gemeinschaftshaus in der Mannheimer Straße 59 in Oftersheim referierten der Landtagsabgeordnete Dr. Andre Baumann und der Leiter des Forstbezirks Schwetzinger Hardt, Bernd Schneble, über den Zustand des Hardtwaldes. Die 30 Zuhörer am Freitagabend wollten wissen, wie es um das wertvolle Natur- und Waldgebiet mit der einmaligen Dünenlandschaft bestellt ist.
Wenn der Jäger aus Kurpfalz im 18. Jahrhundert damals durch den Wald geritten sei, dann nicht durch einen grünen, sondern durch einen lichten, parkähnlichen Forst, wie ihn der Kurfürst im Schlossgarten einst anlegen ließ, ging Baumann auf die erste Kartierung des Hardtwalds ein. Über Jahrhunderte haben Bauern aus den umliegenden Gemeinden Schweine, Ziegen, Rinder und Schafe im Wald weiden lassen. „Alles, was fressen konnte, wurde da reingetrieben“, sagte der ehemalige Nabu-Landesvorsitzende.
Im Lebensraum Dünen gibt es besonders seltene und streng geschützte Pflanzenarten. Der sandige Boden ist nährstoffarm und kann im Sommer bis zu 60 Grad heiß werden. Nur wenige Tierarten können diesen Lebensraum besiedeln.
Hardtwald in Oftersheim: Größte Binnendüne des Landes
Das Naturschutzprojekt „Lebensader Oberrhein“ fördert die Artenvielfalt im nordbadischen Oberrheingraben mit den Schwerpunkten im Hardtwald und im Hirschackerwald. Der Hardtwald ist Ort der Holzproduktion, Erholungsgebiet, grüne Lunge der Region, Wasserschutzgebiet und größte Binnendünenlandschaft in Baden-Württemberg. Der Wald liegt aber auch mitten in einem Ballungsgebiet, von Hitze, Trockenheit und Nährstoffarmut geprägt und darum einer der am stärksten vom Klimawandel betroffenen Forstbereiche im Land. „Mutig, gemeinsam und strategisch vorgehen“, appellierte Baumann, den Hardtwald fit für den Klimawandel zu machen und dabei die Bevölkerung miteinzubinden. Dazu gehörten auch die Wahl der richtigen Baumart, geeignete Waldbaumethoden und ein Neophyten-Management. Dafür brauche es eine starke Forstverwaltung.
Forstbezirksleiter Bernd Schneble erläuterte die Dürreschäden an den Bäumen im Hardtwald. Die Kiefer mit einem Anteil von 37 Prozent ist stark geschädigt, die Buche (17 Prozent) genauso. Auch der Esche und dem Bergahorn setzt die Hitze zu. Rund 60 Prozent der Baumarten seien von der Hitze „extrem betroffen“, erklärte Schneble. Die Eiche (9 Prozent) habe sich dagegen „bisher wacker geschlagen“. Roteiche, Hainbuche und Pappel seien ebenfalls erstaunlich gut weggekommen. Spitzahorn und Linde seien auch weniger kaputt.
„Es ist nicht zu erwarten, dass der Wald schnell völlig absterben wird“, beruhigte der Forstmann, warnte aber auch zugleich: Weitere Hauptbaumarten werden in den nächsten Jahren leiden und flächenhaft verschwinden. Bäume mit kleinen Kronen sind von der Hitze am stärksten bedroht. Bei der Buche haben Jungbestände bis 70 Jahre weniger Schwierigkeiten. Kiefern von 80 bis 140 Jahre gehen stark in die Knie und sterben schleichend ab.
Durch naturnahe Waldwirtschaft der letzten vier Jahrzehnte seien in vielen Beständen Naturverjüngungsvorräte vorhanden, berichtete Schneble von einer positiven Entwicklung. Die Grundwasserstände seien in der Regel stabil. Der Schädling Maikäfer, Neophyten wie die Kermesbeere und die Spätblühende Traubenkirsche, der stellenweise hohe Wildverbiss, die rasche Folge extremer Dürrejahre wie von 2018 bis 2020 und die zunehmende Zahl der Waldbrände wirkten aber zusätzlich negativ.
Bei den mittelfristigen Zielen der Waldbewirtschaftung stehe der Walderhalt an erster Stelle: „Wo Wald ist, soll er auch künftig sein.“ Schutzfunktionen müssten bewahrt oder gar ausgebaut werden. Auch die Nutzfunktion des Waldes werde nicht aufgegeben, so Schneble. Man müsse den Klimawandel schnell in den Griff kriegen und „alles tun, um in der Nähe des 1,5-Grad-Ziels zu bleiben“. Klimaschutz und klimaangepasste Waldwirtschaft seien von besonderer Bedeutung.
Hardtwald in Oftersheim: Entenpfuhl im Blick
Die rege Diskussion drehte sich um die Lebensräume für Pflanzen und Tiere auf den Dünen. Das 48 Hektar große Naturschutzgebiet besteht aus den vier Teilflächen „Friedenshöhe“, „Dreieichenbuckel“, „Feldherrnhügel“ und „Golfplatz“. Beim Golfplatz habe man einen Kompromiss zwischen Ökologie und Ökonomie im Naturschutz- und Landschaftsschutzgebiet gefunden, meinte Baumann. Auf dem „Maulbeerbuckel“ habe man wertvolle lichte Waldflächen wieder hergestellt.
Werner Zieger und Heinz Eppel von der Bürgerinitiative (BI) „Rettet den Entenpfuhl“ auf Schwetzinger Gemarkung bei Ketsch wollten die Kündigung des Pachtvertrages mit der Firma Krieger, die in dem Gewann Sand und Kies abbauen will. Umweltstaatssekretär Dr. Andre Baumann sieht nach der Ausweisung des Wasserschutzgebietes das Thema entspannt. Er forderte neben der klimafreundlichen Rohstoffgewinnung die Verwendung von mehr Recyclingbeton: „Ich erwarte von den Kommunen, dass sie eine Mindestquote festlegen.“ Beim Neophyten-Management wünschte sich Schneble bürgerschaftliche Unterstützung. Einfach an irgendwelchen Stellen die Kermesbeere rauszureißen, mache keinen Sinn: „Der Samen nützt die Lücken sofort aus.“
Die Frage, ob man den Wald nicht auch für regenerative Energie nutzen könne, beantworteten beide Referenten. Für den Ausbau der Windenergie in Baden-Württemberg kämen 500 Windräder in den Wald, erklärte Schneble. Der staatliche Forstbetrieb habe Flächen zur Verfügung. Baumann würde Windkraftanlagen in den Gemeindewald stellen: „Das ist sehr lukrativ.“
Für die Schwetzinger Hardt seien noch weitere Brunnen vorgesehen, meinte Schneble. Die holten das Wasser aber nur aus sechs bis acht Metern Tiefe. Ein weiteres Thema war die Aufforstung mit Bürgerbeteiligung. Auch Fragen nach anderen Baumarten wurden beantwortet. Baumann empfahl die Homepage der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA) in Freiburg. Dort heißt es: „Wir erarbeiten, sichern und vermitteln Waldwissen für Sie.“
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