Kultur - Fotograf Volker Jean Rahn aus Oftersheim präsentiert seine Werke in einer Online-Ausstellung unter dem Titel „55 Jahre Fine Art Photography“

„Ich will frei sein in meiner Kunst“

Von 
Marco Montalbano
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Oftersheim. Schon lange ist der Oftersheimer Volker Jean Rahn durch seine Kunstfotografien weit über die Grenzen der Region hinaus bekannt. Seine intensiven Bilder mit Momentaufnahmen aus dem Leben von Menschen rund um den Globus, quasi fotografische Charakterstudien, Aktfotografien und bemerkenswerten Landschafts- und Architekturaufnahmen ziehen den Betrachter schnell in ihren Bann.

Jetzt hat sich der Künstler erstmals dazu entschlossen, seine Werke auch online zugängig zu machen. Unter dem Titel „55 Jahre Fine Art Photography“ können auf der Video-Plattform Youtube hunderte seiner Fotografien aus über 50 Jahren künstlerischen Schaffens bewundert werden. Unterteilt ist die virtuelle Ausstellung in vier Kategorien: „People“, „Streetlive“, „Landscape & others“ und die nur nach vorheriger Anmeldung für Volljährige zugängliche Rubrik „Fine Art & More“ mit Aktaufnahmen.

Absolutes Neuland

„Ausstellungen sind in der aktuellen Situation ja schwierig. Daher habe ich mich im Sommer dazu entschlossen, im Internet auszustellen, auch wenn ich dies anfänglich als ‚halbe Vergewaltigung‘ meiner Werke empfand. Aus technischen Gründen musste ich sie zum Teil umbenennen oder beschneiden“, sagt der studierte Sozialpädagoge. Dies sei für ihn absolutes Neuland. „Es ist sozusagen ein Querschnitt aus 55 Jahren als Fotograf. Die Rückmeldungen sind bisher alle positiv.“

Schon immer hätte er kommerzielle Aspekte bei der Fotografie ausgeklammert. „Geld verdirbt den Charakter, das habe ich immer wieder feststellen müssen und wer ausschließlich von seiner künstlerischen Arbeit leben muss, ist gezwungen, zahlreiche Kompromisse einzugehen. Ich will aber frei sein in der Kunst. In der Familie hatten wir sogar einen hauptberuflichen Künstler, der aber ärmlich lebte.“ Darum sei er auch nicht in den sozialen Netzwerken vertreten. „Dann braucht man ein regelrechtes Marketingkonzept und da gehört das dazu. Da es mir aber nie um Geld ging, musste ich mich nie verbiegen. Bei manchen Fotografien, die ich sehe, habe ich – ohne jemandem zu nahe treten zu wollen – den Eindruck, es ging dem Schöpfer rein um den Verkauf, nicht um die Kunst.“

Bei seinen Ausstellungen zeigen Besucher nicht selten starke emotionale Reaktionen auf die Werke, wie der Autor dieses Artikels bei der Vernissage „Zucker und Salz“ im Gewölberaum 2019 auch schon selbst feststellen durfte. Darauf angesprochen antwortet Volker Jean Rahn: „Das ist der Grund, warum ich fotografiere.“ Sein großes Vorbild sei der bekannte amerikanische Fotograf Ansel Easton Adams, der den Begriff des „feinen ‚vorausgeahnten‘ Bildes“ prägte, das sich im Gegensatz zum beliebigen, maschinellen Serienbild als „Idealkomposition“ unter anderem auch durch einen aufwendigen Dunkelkammerprozess und besondere Ausdrucksstärke auszeichnet. Rahn gibt zu bedenken: „Erst seit circa 20 Jahren erfahren Schwarz-Weiß-Fotografien in Deutschland richtige Anerkennung als Kunstform.“

Mal habe er in Köln, mal in Holland gelebt und auch familiär sei er eher global aufgestellt: „Ich habe Verwandte in den USA, in Frankreich und Italien und habe dadurch tiefe Einblicke erhalten können, genau wie auf meinen Reisen rund um die Welt. Auch wenn es Jahre dauert, es weitet und schärft den Blick. Im Grunde wollen alle Menschen nur glücklich sein. Ich lernte zum Beispiel in Amerika einen Oberarzt kennen, der, wenn er nicht operierte, Waschmaschinen reparierte. Jeder sollte das tun, was ihn glücklich macht.“

Inspiration des Nachwuchses

Wichtig ist dem ehemaligen Berufsschullehrer, der vom „Lehrling bis zum Meister“ ausbildete, auch der Nachwuchs. „Der bekommt von den Medien ein sehr undifferenziertes Bild vorgegeben. Jung, frisch, dynamisch ist da okay, alles andere nicht. Ganz früher war ich auch so, aber auf meinen Bildern sieht man schon lange alle Arten von Menschen. Jeder ist auf seine ganz eigene Weise etwas Besonderes und auch ein faltenreiches Gesicht kann faszinierend sein. Unsere Jugend braucht Inspiration. Da sind vor allem die Lehrer gefragt. Spricht man die Jungen auf Augenhöhe an und schafft es, sie zu inspirieren, zeigt sich, dass da ganz viel unter der Oberfläche schlummert“, meint er und ergänzt: „Wenn sich jüngere Fotografen durch meine Bilder inspirieren lassen, freut mich das deshalb besonders.“

Daran, dass man von Volker Jean Rahn noch einiges hören und vor allem sehen wird, lässt der Kunstfotograf keinen Zweifel: „Das nächste Online-Projekt kommt in Kürze. Dabei geht es um Architekturfotografie. Ich werde es kurz vor Weihnachten ins Internet stellen. Ich bin voller Tatendrang und fühle mich eher wie 50. Die Kunst und meine Enkel halten mich jung“, sagt der 73-Jährige und lacht. Dass er seine Werke im Internet unkommentiert ausstellt, sei übrigens durchaus Absicht, denn sie sprächen für sich, was er mit einer Textzeile des bekannten 70er-Jahre-Liedes „Meine Art Liebe zu zeigen“ von Daliah Lavi auf den Punkt bringt: „Worte zerstören, wo sie nicht hingehören.“

Info: Die Videos gibt es unter www.schwetzinger-zeitung.de

Freier Autor Freier Journalist. Davor Pressereferent. Studium der Politikwissenschaft.

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