Oftersheim. „Anhalten – Auftanken – Weitergehen“ – unter diesem Motto lud die Pfarrei St. Kilian Oftersheim am dritten Advent zum dritten Mal in ihre Kirche ein, die zu einem ganz besonderen Erlebnisort geworden war. Begleitete die Besucher schon im Kirchgarten ein kerzengesäumter Hauptweg zum kardinalrot beleuchteten Hauptportal, umgab sie drinnen schließlich ein in mystisches Licht gehüllter Kirchenraum mit fünf Stationen, die alle nur Folgendes ermöglichen wollten: zur Ruhe zu kommen, sich zu sammeln und neue Kraft zu tanken, um sich danach auf den Weg zu machen – durch die Adventszeit hin zur Heiligen Nacht, der Geburt Jesu.
Da kam die „Tankstelle“ bei der Pietà und dem Fürbittbuch gerade recht, denn „Bei Gott kannst du immer auftanken“, wie die Aufschrift der Zapfsäule verkündete. Das Angebot, sich belastende Dinge buchstäblich von der Seele schreiben zu können, hatte das Publikum dankbar angenommen anhand der zahlreichen herzförmigen Zettelchen auf der Säule, die noch in der Kirche verbleibt.
Die weiteren Stationen verteilten sich im Raum und nahmen die Weihnachtskrippe vor dem Altar in ihre Mitte. „Weihnachtskarten“ durfte man selbst gestalten und für einen lieben Menschen beschriften. Dabei dachten die Organisatoren vor allem an die Bewohner des ASB-Pflegeheims, für die eigens ein Briefkasten bereitstand. „Sinnliche Weihnachten“ thematisierte die fünf menschlichen Sinne, von denen das Riechen und Ertasten anhand von Duftdöschen und Füllsäckchen erprobt werden konnte. „Nimm dir eine Friedenstaube vom Altar mit nach Hause für deinen Tannenbaum“ lautete die freundliche Einladung an der Station „Frieden“ vor dem Hintergrund der aktuellen Krisenherde in der Welt. Was das mit Weihnachten zu tun hat? „Selig sind, die Frieden stiften“ wird später einmal jemand in seiner Bergpredigt verkünden. „Ein Licht für dich“ bot schließlich die Gelegenheit, für einen geliebten Menschen eine Kerze zu entzünden – insbesondere, wenn die Worte zum Gebet fehlen. Nicht zufällig fand dieser Ort seinen Platz vor dem von blauem Lichtschein hinterfangenen Tabernakelhaus mit dem „Ewigen Licht“.
Ungewohnte Klänge in Oftersheim
An diesem Ort zuweilen ungewohnte weihnachtliche Klänge wie „Last Christmas“ oder die Songs von Shakin’ Stevens und Mariah Carey erfüllten das neugotische Kirchenschiff. Für die sechste Station durfte man ausnahmsweise sogar in die Sakristei, die kurzerhand zur Kino-Location umfunktioniert worden war. Zu sehen gab’s ein Krippenspiel – nein, nicht das klassische, denn ein findiger Regisseur hob das Geschehen von Bethlehem stufenweise in unsere heutige (Konsum-)Gesellschaft, auf die Spitze getrieben mit dem Ersatz des Neugeborenen in der Krippe durch den dieser Tage omnipräsenten Weihnachtsmann als unmissverständliche Metapher.
Wohl die meisten der Besucher– es waren mit rund 230 noch mehr als im Vorjahr – darunter viele Familien – dürften St. Kilian in einer anderen Stimmung verlassen haben als beim Eintritt, der bereits von verführerischem Duft frischer Waffeln und aromatischem Glühwein begleitet wurde und zu einem Verweilen hinterher auf dem Kirchplatz im Schein des Lagerfeuers einlud. In der Tat war es bewundernswert, was die Gruppierungen der Pfarrei wieder gemeinsam kreativ auf die Beine gestellt hatten. Das Gemeindeteam, das Familiengottesdienst- und Ü30-Team, Ministranten und Pfadfinder haben mit dieser „Illumination“ nicht nur gezeigt, was „Gemeinde“ ausmacht, sondern auch einen außergewöhnlichen, von Licht und Farben umrahmten Impuls geschaffen für einen Weg abseits von Stress und Alltagssorgen hin zu jener Botschaft, die tatsächlich an Weihnachten gefeiert wird.
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