Oftersheim. Sabine Wendtland ist in der Kurpfalz auf einem ländlichen Hof aufgewachsen. Dadurch war der Kontakt zur Natur wie selbstverständlich immer gegeben. Seit 2006 wohnt sie in Oftersheim. Die Künstlerin hat ein Lehramtsstudium mit dem Schwerpunkt Kunstpädagogik absolviert, arbeitet als Grundschullehrerin und Allrounderin im Grundschulbereich.
Wie ist Ihre derzeitige Stimmung?
Sabine Wendtland: Wieder besser. Der Beginn des Ukraine-Kriegs hat mich in eine innere Schockstarre versetzt. Nun hat sich die Akzeptanz der Situation eingestellt mit einer gewissen Demut. Als ich mich entscheiden musste, ob ich die aktuelle Ausstellung mache, war ein Beweggrund mit meiner farbintensiven Kunst der Tristheit der aktuellen weltpolitischen Lage einen Kontrapunkt entgegenzusetzen. Generell bin ich aber ein optimistischer Mensch, immer auf der Suche nach Lösungen.
Kochen Sie gerne gesund – und wenn ja, was?
Wendtland: Ich koche und backe überhaupt nicht gerne. Aber gesunde Ernährung ist mir wichtig. Ich ernähre mich (fast) vegan und probiere immer wieder neue fleischlose Gerichte aus. Jetzt im Sommer esse ich viel Beerenobst und liebe fruchtige Smoothies.
Haben Sie ein Lieblingsbuch?
Wendtland: Da ist zwischen Romanen und Sachbüchern zu unterscheiden. Bei den Romanen die fesselnde Autobiografie „Befreit“ von Tara Westover und natürlich von Deliah Owens „Der Gesang der Flusskrebse“. Zwei tolle Entwicklungsromane. Sachbücher müssen auch immer sein. Zuletzt verschlungen: „Gewalt und Mitgefühl – die Biologie des menschlichen Verhaltens.“
Haben Sie einen Lieblingsfilm?
Wendtland: Ein „all-time-favorite“ ist „About a boy“ . Generell liebe ich französische Komödien. Vor Kurzem war ich in der Tragikkomödie „Glück auf einer Skala von 1-10“. Ein wunderbarer Film über Glück und Freundschaft.
Haben Sie einen Lieblingssong?
Wendtland: „Here comes the sun“ von den Beatles, „I´ve got a feeling“ von Justin Timberlake. Ich müsste allerdings eine unendliche Liste von Guns ‘n Roses bis Black Eyed Peas erstellen.
Ihr Lieblingsplätzchen?
Wendtland: Mit meinem Hund mache ich gerne Spaziergänge in den Neckarauen bei Edingen-Neckarhausen. Ich genieße aber auch abgelegene Waldpfade und verlasse da auch gerne mal den Weg: Ruhe, die Geräuschkulisse der Natur und beruhigendes Blattgrün um mich herum.
Welche Persönlichkeit beeindruckt Sie besonders?
Wendtland: Niki de Saint Phalle und Louise Bourgois. Zwei Künstlerinnen, die traumatische Kindheitserinnerungen zunächst so verarbeitet haben, dass sie für ihr späteres Leben und Kunstschaffen einen sehr bemerkenswerten künstlerischen Ausdruck gefunden haben, und zwar als Symbolsprache ihrer eigenen Resilienz.
Wofür können Sie sich begeistern?
Wendtland: Natur, Ruhe, Einfachheit. Menschen, die Dinge selbst bauen und herstellen. Straßenmusik.
Was nervt?
Wendtland: Die Statusverliebtheit der Deutschen.
Ihre Alltagsheldin beziehungsweise Alltagsheld?
Wendtland: Alle Menschen, die sich im Ehrenamt engagieren. Durch verschobene Arbeitszeiten und volle Terminkalender wird es immer schwieriger, Menschen zu finden, die sich im Sportverein, auf dem Hundeplatz oder sonst wo einbringen. Ich habe in diesen Bereichen schon so viele Menschen getroffen, die dort ihre wertvollen Erfahrungsschätze weitergeben. Diese Arbeit findet viel zu wenig Anerkennung.
Wann sind Sie mit sich im Reinen?
Wendtland: Wenn ich mich hinsetze, bewusst reflektiere und erkenne, wie viele glückliche Fügungen und Glücksmomente sich in meinem Leben bisher zusammengefügt haben. Wenn ich sehe und erkenne, welche Herausforderungen ich gemeistert habe. Sprich, wenn ich meinem eigenen Leben Wertschätzung entgegenbringe.
Welches Verbesserungspotenzial haben Sie?
Wendtland: Weniger grübeln und schneller ins Handeln kommen. Risikofreudiger sein!
Sind Sie eher Kopf- oder Gefühlsmensch?
Wendtland: Ich habe gerade die einjährige Ausbildung zum Coach im Schulfach Glück beim Fritz-Schubert-Institut in Heidelberg absolviert. Dort lernt man ziemlich vernunftorientiert mit Gefühlen umzugehen und diese zu reflektieren. Inzwischen würde ich sagen, hält sich das bei mir die Waage. Das eine bedingt das andere.
Wann und wo haben Sie zuletzt herzhaft gelacht?
Wendtland: Es gibt immer wieder Alltagssituationen, in denen mein Mann und ich einen Lachanfall haben. Das sind diese Situationen, die man nicht erklären und beschreiben kann. Das ist ein ganz spezieller Humor, den wir da teilen.
Wann schalten Sie komplett ab?
Wendtland: Bei Spaziergängen mit dem Hund im Wald, in der Sauna, bei Zen-Meditationen und natürlich beim Malen.
In welcher Sportart sind Sie unschlagbar?
Wendtland: Nicht unschlagbar, aber stolz, denn ich kann ausdauernd Kraul schwimmen: 2 Kilometer am Stück! Kacheln zählen sozusagen.
Welche Sportart können Sie gar nicht (leiden)?
Wendtland: Den kommerziellen Fußball. Aber das ist eine eher politische und gesellschaftskritische Sichtweise hinsichtlich der Organisationsstrukturen, Vermarktung, natürlich Transfersummen und Spielergehälter. Ich nenne es mal „Brot und Spiele“.
Was können Frauen besser als Männer?
Wendtland: Wahrscheinlich „Frausein“. Ich hatte vor Kurzem einen interessanten Artikel gelesen, in dem es darum ging, den Fokus von den Gegensätzlichkeiten und dem Anderssein abzuwenden, hin zu einem Sich-Ergänzen und Sich-Unterstützen. Das Anerkennen der Leistung des anderen und daraus auch in der Partnerschaft eine Win-win-Situation zu leben, losgelöst von altbackenen Geschlechtsstereotypen.
Welche Einstellung haben Sie generell zu Medien?
Wendtland: Klar sind diese wichtig. Ich persönlich befürworte einen vernünftigen Umgang damit. Medien sollten ein Tool sein, kostbares Wissen und wichtige Informationen schnell zu verbreiten und kritisch zu hinterfragen. Mittels moderner Medien erfahren wir unmittelbar was gerade Tausende von Kilometern entfernt passiert. Das ist schon immens. Die Gefahr, durch manche medialen Inhalte abzustumpfen und nur noch zu konsumieren, ist jedoch sehr groß.
Wie digital leben Sie?
Wendtland: Schon sehr. Der Computer ist im Einsatz. Das Handy ist im Alltag fast nicht mehr wegzudenken. Den Hype der Digitalisierung sehe ich allerdings kritisch. Ich bin der Meinung, dass ein gewisses Maß an Sinneseindrücken, Naturerfahrungen und Erlebnissen aus erster Hand zum Wohlbefinden eines Menschen gehört. Im Silikon Valley schicken gutverdienende Programmierer ihre Kinder in Schulen ohne Bildschirm.
Lieber Facebook oder Instagram?
Wendtland: Instagram. Ich verwende es für meine Kunst als Showroom. Aber auch hier ist die Verlockung des sinnlosen Zeitvertrödelns groß.
Was haben Sie aus der Corona-Krise und den Folgen des Ukraine-Krieges gelernt?
Wendtland: Coronakrise: Anerkennung und Hochachtung für die medizinische Forschung, da ein Impfstoff so schnell entwickelt wurde. Außerdem Rücksichtnahme und Vorsicht, damit andere nicht angesteckt werden und dies nicht zur Überlastung der Krankenhäuser führt. Ukraine-Krieg: Für jeden Tag, den ich mit meiner Familie in Frieden leben kann, dankbar zu sein. Die kleinen Dinge im Leben groß sehen.
Ihr nächster Urlaub?
Wendtland: Hautes Provence zum wiederholten Male auf einen abgelegenen Hof, wo sich Fuchs und Has´ Gute Nacht sagen. Fernab von jeglichem touristischen Einheitsbrei.
Ihre bis dato besten zehn Sekunden im Leben?
Wendtland: Fünf für die Geburt meines Sohnes und fünf für die Geburt meiner Tochter!
Bitte vervollständigen Sie den Satz: Wenn ich eine hochrangige Politikerin wäre, würde ich zuallererst dafür sorgen, dass…
Wendtland: Religionsunterricht in der Schule abgeschafft wird. Wichtig wäre ein zeitgemäßer, gemeinsamer und sinnstiftender Ethikunterricht, der sich mit Lebensfragen von Kindern und Jugendlichen aller kultureller und religiöser Gruppen beschäftigt und einen gemeinsamen Nenner sucht. Außerdem, dass alle Kinder weltweit Zugang zu guter schulischer Bildung haben, insbesondere Mädchen.
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