Zukunftsplanungen

Kirche in der Region Schwetzingen geht schwungvoll neue Wege an

Die evangelische Kirche muss neue Wege beschreiten. Darin waren sich die Teilnehmenden der Visitation einig. Die Verantwortlichen in Oftersheim, Eppelheim, Brühl, Ketsch, Schwetzingen und Plankstadt steckten nun Ziele ab.

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Evangelische Kirchengemeinde
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Ja, sie sann mit dem Radl da: Pfarrer Tobias Habicht (verdeckt im Hänger: Pfarrerin Crisstina Blazquéz) radeln in die Oftersheimer Kirche. © Lackner

Oftersheim. „Gemeinsam unterwegs“ – Pfarrer Tobias Habicht und Pfarrerin Cristina Blazquéz fahren singend in die Oftersheimer Kirche. Er strampelt auf dem Kirchenfahrrad und sie sitzt lächelnd im Anhänger. Die Verantwortlichen der evangelischen Kirchengemeinden Oftersheim, Eppelheim, Brühl, Ketsch, Schwetzingen und Plankstadt beginnen mit einem herzhaften Lachen über diese Aktion den gemeinsamen Gottesdienst am Ende der Visitation. Zwei Wochen liegen hinter den Kirchenältesten, 14 Tage mit vier Themenabenden und vielen weiteren Gesprächsterminen. Was wollen sie tun, die Kirchengemeinden und was loslassen, um die Ressourcen der Region zukunftssicher aufzustellen?

Ekiba 2032 – der Strategieprozess der evangelischen Landeskirche in Baden fordert die Kirchenbezirke und Gemeinden auf, den Blick in die Zukunft zu richten. Bei rückgehenden Mitgliederzahlen und Personalzahlen geht es im Strategieprozess aber nicht nur um Kürzungen von rund 30 Prozent, sondern eher um eine Neuausrichtung der künftigen Ressourcen kirchlicher Arbeit.

Detlev Helmer und der Gospelchor Schwetzingen mit Band gestaltet den Gottesdienst mit Stücken aus der Latin-Jazz-Messe von Martin Völlinger. Schwungvoll und mitreißend sind die Stücke, die von den Liturgen mit Gebeten und Texten ergänzt werden. Es ist spürbar im Raum, da ist manches entstanden im Miteinander, im Nachdenken um die Zukunft der evangelischen Kirche der Region. Ehrlich waren die Wortmeldungen und Gebetsanliegen. Von Erschöpfung und Frust war ebenso die Rede, wie von der großen Hoffnung, sich gemeinsam auf einen guten Weg zu machen.

Musikalische Begleitung: Uwe Dittes (Schlagzeug), Martin Reisinger (Bass), Georg Oberst (Klavier). © Lackner

„Einige halten fest, was nicht mehr zu halten ist. Andere wollen alles über Bord werfen und verlieren dabei Wichtiges.“ Das Vertraute achten und dem neuen Raum geben, dazu bitten die Liturgen um Gottes Beistand.

Bei all den Überlegungen für die Zukunft geht es darum, „sich immer zu fragen, was relevant ist für Menschen am Glauben und an der Kirche“, stellt die stellvertretende Dekanin Katharina Garben fest. Sie stellt als Mitglied der Kommission die Zielvereinbarungen aus den Themenabenden vor. 2025 wird es eine Zwischenvisitation geben, um die Ergebnisse der Zielvereinbarungen zu überprüfen.

Ein regionales Musikfest im Jahr 2024, ein Neuanfang beim Singen mit Kindern in den evangelischen Kindertagesstätten und eine Dokumentation der vorhandenen Räume für die Probenarbeit von Chören, Ensembles und Musikern – das sind die Ziele, die mehr als dreißig Gemeindevertreter beim Themenabend Kirchenmusik im Eppelheimer Gemeindehaus erarbeitet haben.

Dynamik aufnehmen

Das Musikfest soll die Dynamik aufnehmen, die schon beim Themenabend spürbar war: Musik bildet Gemeinschaft – und wer gemeinsam singt und musiziert, kann aufbrechen und Neues wagen. Alle Gemeinden sollen bei dem Fest beteiligt sein, dazu nach Möglichkeit auch ein externer Kooperationspartner.

Nach engagierten und lebhaften Beratungen verständigten sich die Teilnehmenden beim Themenabend Gottesdienst im Lutherhaus Schwetzingen auf die Erstellung eines gemeinsamen Gottesdienstkonzeptes bis zum ersten Advent 2024. In der Region soll es jeden Sonntag einen agendarischen, einen Abend- und einen außergewöhnlichen Gottesdienst geben und es werden an jedem Ort verlässlich Gottesdienste stattfinden. Jugendgottesdienste gibt es dreimal im Jahr.

„Urteile nie über einen anderen, bevor Du nicht einen Mond lang in seinen Mokassins gelaufen bist.“ Pfarrerin Andrea Müller, Projektleitung Mitgliederorientierung der Landeskirche in Baden, bat die Teilnehmer dieses Themenabends im Plankstadter Gemeindehaus, das Sprichwort auf die Situation der kirchlich engagierten Haupt- und Ehrenamtlichen anzuwenden. Die Mitarbeiter sollen sich vornehmen, nahe bei den Menschen zu sein und aus dieser Haltung heraus interessante und anziehende Projekte entwickeln.

Der stimmgewaltige Chor aus Schwetzingen begeistert die Zuhörer. © Lackner

Im Blick auf Service und Erreichbarkeit sollten Hürden abgebaut werden. Der Kontakt zu den kirchlichen Servicestellen soll unkompliziert und niederschwellig möglich sein. Aus den vielen Ideen dazu, wurde schließlich ein gemeinsames Tauffest der Region als Ziel vereinbart, das 2024 stattfinden soll.

Auch beim Themenabend Diakonie und Seelsorge im Ketscher Begegnungshaus gab es ein überraschtes „Das-wusste-ich-noch-gar-nicht-was-die-anderen-so-tun.“ Klinikseelsorgerin Sibylle Holzwarth war angetan, wie vielfältig die Beratungs- und Hilfsangebote sind, die Kirchengemeinden und Diakonie bereits heute anbieten. Expertinnen aus kommunalen und diakonischen Beratungsstellen diskutierten über Alltagssituationen, Übergänge, in denen Menschen in Not geraten und Hilfe brauchen. „Es begegneten sich dabei alle auf Augenhöhe und jegliches Fremdheitsgefühl wich einer motivierten und engagierten Stimmung“, heißt es zusammenfassend. Ein gemeinsames Konzept für die Öffentlichkeitsarbeit war das Ziel, das sich die Beteiligten für das Jahr 2023 vorgenommen haben.

„Gemeinsam losgehen“

Dekanin Annemarie Steinebrunner bezeichnet die Visitation in ihrer Predigt als einen Anfang auf dem gemeinsamen Weg für die Zusammenarbeit. Es beginnt mit den Inhalten und mit Begegnungen. Gemeinsam darauf schauen, was an Fülle längst da ist und auch bleibt. „Da geht immer noch etwas, da geht vielleicht ganz viel, wenn wir gemeinsam losgehen.“ Davon ist die Dekanin überzeugt. „Gott stellt unsre Füße auf weiten Raum.“ Dieses Psalmwort gab sie den Gottesdienstbesuchern mit auf den Weg. Der Weg entstehe dabei unter den Füßen.

Mit großem Dank für alles Engagement bittet Steinebrunner die Teilnehmer Teil der Bewegung zu bleiben, bewegt von der Liebe Christi. Kirche sei im Aufbruch in Gottes weiten Raum.

Diese Ziele haben Potenzial, erklärt Garben beim Verlesen der Zielvereinbarungen. „Zukunftsweisende Entscheidungen brauchen Mut und werden Gegenwind bekommen. Alles andere wäre seltsam.“ Auch sie ist zuversichtlich, dass Gott dabei ist, beim Versuchen, beim Scheitern, beim neue Wege finden.

Beim Abschlussgottesdienst in der Oftersheimer Kirche ist der Schwung zu spüren, sich auf einen langen, aber hoffnungsvollen und zuversichtlichen Weg in die Zukunft der Kirche zu machen.

Nah bei den Menschen, gemeinsam auf dem Weg. 

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