Im Portrait

Künstler V. Jean Rahn stellt im Gewölbekeller Oftersheim aus

V. Jean Rahn zeigt von Freitag, 11. Oktober, bis Freitag, 25. Oktober, im Gewölbekeller rund 150 seiner meist monochromen Fotografien. Er sei ein „Eigenbrötler“, sagt Rahn - den man sogar in Havanna kennt - im Gespräch.

Von 
Connie Lorenz
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Jean Rahn erstellt regelmäßig große Bildbände, hier zeigt er eine Frau mit unzähligen „Lebenslinien“. © Lorenz

Oftersheim. V. Jean Rahn zeigt von Freitag, 11. Oktober, bis Freitag, 25. Oktober, im Gewölbekeller in der Eichendorfstraße 2 rund 150 seiner meist monochromen Fotografien. Die Vernissage findet am Eröffnungstag, 11. Oktober, um 19 Uhr statt.

Er sei ein „Eigenbrötler“, sagt Rahn zu Beginn des Gesprächs. Diese Aussage scheint etwas kokett, ist Fotokünstler Volker Jean Rahn doch weit über die Grenzen Oftersheims bekannt und beliebt, ist er gut vernetzt und kennt Gott und die Welt – und das nicht nur hier, sondern schließlich auch in Havanna. Er hat es weit gebracht, hat viel gesehen von der Welt, stammt er doch aus einfachen Verhältnissen.

Als eines von insgesamt fünf Kindern war früh klar, dass es darum geht, schnellstmöglich Geld zu verdienen. „Ich wollte gerne studieren, doch das war erstmal nur ein Traum“, so der heute 76-Jährige. Diesen konnte er sich erst nach dem frühen Tod seines Vaters erfüllen. Bei der Bundeswehr absolvierte Rahn zunächst eine Ausbildung zum Waffenmeister, danach noch das Fachabi und studierte schließlich – als frisch verheirateter Mann – in Köln Sozialpädagogik.

Der Fotograf neben einer Abbildung mit seiner Frau Inge. Es zeigt die beiden Frischverliebten, kurz nachdem sie sich kennengelernt hatten. © Lorenz

Erste Kamera bekam er von seinem Vater

Das Studium ermöglichte ihm später, in Mannheim als Berufsschullehrer sämtliche Technikfächer zu unterrrichten. Und die Fotografie? „Die war immer da“, sagt er und schon blitzen die blauen Augen des Künstlers auf. Seine ersten Kameras hat er mit 17 Jahren von seinem Vater geerbt. Vorher durfte er immer nur nebenherlaufen und zuschauen, wie der Vater seinem Hobby nachging. „Die Kameras sind aber nur das Werkzeug, wie der Stift bei einem Autor. Es braucht das Auge und das Gespür für ein gutes Bild“, ist Rahn überzeugt: „Ein Bild muss immer eine Geschichte erzählen!“

V. Jean Rahn, der mit ganzem Namen Volker Jean Rahn heißt, hat seit seinen Anfängen immer eine Kamera bei sich. Es vergehe kein Tag, an dem er kein Bild mache. So komme er im Schnitt in den letzten 60 Jahren auf etwa 100 Bilder pro Woche. Das sind rund 312 000 Fotos insgesamt.

Natürlich fällt es bei dieser Anzahl schwer, eine Wahl zu treffen. „Isch kriegs net z’amme“, lacht er leicht verzweifelt. Verständlich, diese Menge an geeigneten Bildern ist einfach zu groß. Seinen monochromen Fotografien ist das Besondere inne, das Spiel von Licht und Schatten ist beeindruckend, seine Motive überraschen, seine Blicke auf Dinge und Menschen zeugen von gutem Gespür für den richtigen Moment und Winkel – aber gleichzeitig auch von großem Respekt dem Objekt und der fotografierten Person gegenüber.

Rahns Familie ist in der Welt verstreut

Die Porträts von jungen Menschen oder auch faltenzerfurchten alten Gesichtern macht er in aller Welt, er reist viel und gerne. Da trifft es sich gut, dass er Familie in verschiedenen Teilen der Welt hat, so in Frankreich, Italien und den USA. Die besuche er oft und gern mit seiner Frau. Sie habe ihn immer unterstützt, gerade in den harten Zeiten zu Beginn der Beziehung. Da war sie zarte 14, er vier Jahre älter. „Wir sind vier Jahre lang immer im wahrsten Wortsinn ,miteinander gegangen‘, weil wir noch kein Paar sein durften.

Ein kubanischer Besenverkäufer auf den Straßen von Havanna. Der Fotograf spricht auf seinen Reisen immer gerne Menschen an. © Rahn

Mit der Hochzeit mussten wir warten, bis sie 18 war, deshalb haben wir immer Spaziergänge gemacht – meine Kamera war da schon immer mit dabei.“ Der passionierte Frühaufsteher war viele Jahre im Schuldienst tätig, aber auch hier spielte die Fotografie weit mehr als eine Nebenrolle. Frühmorgens war er immer der Erste im Lehrerzimmer, aber nicht, um Zeitung zu lesen oder Aufgabenblätter zu kopieren, sondern um dort die neuen Bilder zu entwickeln. Material gibt es schließlich genug. „Meine Frau fährt mit mir kein Rad mehr“, sagt er schmunzelnd. „Sie ist genervt, weil ich ständig anhalte, absteige und etwas fotografiere.“

Er sieht Sachen, an denen andere vorbeifahren würden. Solch ein gutes Auge für den Moment oder das Motiv zu haben, das kann man wahrscheinlich nicht erlernen. Obwohl Jean Rahn Autodidakt ist, gelingt es ihm seit 60 Jahren, den Auslöser im bestmöglichen Moment zu drücken. Dafür ist er unterwegs. Ohne Zeitdruck, ja ganz ohne jeglichen Druck. „Ich lasse mich nicht hetzen, ich muss nichts liefern, ich muss nicht mal etwas verdienen mit den Bildern“, so der Oftersheimer. „Ich habe auch keine festen Preise für meine Bilder. Wenn jemand eines kaufen möchte, dann überlege ich mir schon einen Preis, aber ich biete meine Arbeiten nicht zum Kauf an.“

Rahn arbeitet größtenteils noch mit einer analogen Kamera und scannt die Bilder dann ab. Aber auch Digitalkameras kommen zum Einsatz. Aktuell nutzt er drei Fotoapparate. Insgesamt aber hat er hunderte Kameras. Wie viele genau, kann er nicht sagen. Dazu kommen unzählige Objektive und anderes Zubehör. Nicht nur sein Atelier im Dachgeschoss seines Hauses ist voll davon, auch in anderen Räumen des Hauses wird klar, dass hier ein Fotograf lebt. „Meine Frau hat sich damit abgefunden, dass überall Kameras rumliegen.“ Die beiden sind mittlerweile 55 Jahre verheiratet, „da sieht man an einem Blick oder dem Winkel der Augenbraue, was der andere denkt“, grinst er.

Bei ihm ist alles handgemacht, „es gibt keine Tricks, sie bekommen das, was sie sehen und das ist genau das, was ich fotografiert habe“. Seine Bilder sind so gut wie nie nachbearbeitet, einmal habe er eine Treppe etwas verzerrt dargestellt, „das gab so einen schönen Effekt“. Ansonsten hat der ehemalige Techniklehrer einfach sein Gerät im Griff und weiß natürlich, wann er welches Objektiv nutzt und wie er seine Blende einstellt, aber „Technik ist nicht alles, man braucht schon auch gutes Gespür“. Rahn beeindruckt, dass beim Fotografieren „das ganze Leben berührt“ wird, von Chemie über Mechanik bis zum Zwischenmenschlichen.

Die monochromen Arbeiten des Oftersheimer Künstlern V. Jean Rahn beeindrucken. Seine Bilder sind fast immer unbearbeitet. Trotzdem schafft er es, die Stimmung und das Licht so einzufangen, dass Betrachter das Gefühl haben, mittendrin zu stehen. © V. Jean Rahn

Ausprobiert hat der Fotograf auch schon einiges, gearbeitet hat er auf Glas, Keramik, Holz oder Leder und auch von den Motiven her mag sich Rahn nicht festlegen lassen. Vom Lost Place im Dschungel, über eine kubanische Ballerina bis zur holländischen Windmühle ist alles dabei, was das Künstlerauge findet. „Nur keinen Schweinkram“, das lehnt der dreifache Großvater strikt ab. Wobei er damit nicht die ästhetisch schöne Aktfotografie meint, der ist er durchaus auch zugetan.

Hin und wieder gibt Rahn auch sein Wissen weiter. Grundschülern hat er einmal Kameras in die Hand gedrückt und sie damit drauflosgeschickt. Danach wurden die Bilder im Klassenzimmer entwickelt und per Beamer an die Wand geworfen. Das kam richtig gut an.

In Havanna ist Rahn ein beliebter Gast

Mit den Jahren hat der Pensionär seine Umtriebigkeit ein wenig zurückgenommen. Allerdings fährt er noch immer, wie schon seit bald 25 Jahren jedes Jahr, nach Havanna. Dort hat er viele Freunde, wird auf der Straße erkannt und ihm wird zugewunken. „Wenn ich eine Person fotografiere, dann frage ich natürlich nach der Erlaubnis für das Bild. Und ich gebe ein paar Pesos. Und ruckzuck kommen immer mehr Menschen dazu und fragen, warum ich denn nicht auch sie fotografieren möchte.“ Rahn ist den Menschen dort sehr zugetan, bringt auf seinen Reisen immer gern etwas mit. „Jedes Mal fehlt es an etwas anderem, manchmal sind es Kulis, manchmal Hefte, auch Schuhe habe ich schon mitgebracht“, erzählt Rahn.

Die Ausstellungen dort finden in verschiedenen Museen und Galerien statt. Dazu kam es, da er im Jahr 2000 aus heiterem Himmel von einem Ramon angeschrieben wurde. Man habe seine Bilder gesehen und würde sich freuen, wenn er sie in Havanna zeige. So entstand eine lange Verbindung zu der Stadt und eine enge Freundschaft mit Ramon. Mittlerweile ist Jean Rahn sogar Dozent an der internationalen Kunstschule in Havanna. Er spreche zwar nur „Straßenspanisch“, komme aber damit ganz gut durch. Das glaubt man ihm gerne, nur den „Eigenbrötler“, den nimmt man ihm nicht so richtig ab.

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