Speitelsbach: „Ich bin für Bäume“

Leserfragen an Oftersheimer Bürgermeisterkandidaten bringen kontroverse Antworten ans Licht

Drei konkrete Leserfragen zum lokalen Klimaschutz entlocken den drei Kandidaten ähnliche und doch teils unkonventionelle Antworten.

Von 
J. Klaehn M. Wiegand
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„Wohnzimmer“ des Bürgermeisters: Das Rathaus ist die Schaltzentrale. © Lackner

Oftersheim. Eines ist jetzt schon klar: Diese bevorstehende Bürgermeisterwahl am 18. September ist an Inhalten und Kuriositäten kaum zu überbieten. Da wir als Tageszeitung unsere Klientel ernst nehmen, haben wir drei Fragen des Lesers Peter Wierer an die drei Kandidaten Jens Geiß, Pascal Seidel und Samuel Speitelsbach weitergeleitet. Wierers Intention: Er habe „konkrete Fragen“ zum örtlichen Klimaschutz stellen und somit den Anwärtern „auf den Zahn fühlen“ wollen. Heraus kamen unterschiedlichste Antworten, die vor allem für sich selbst sprechen.

Weil Laub stört und Parkplätze rar sind, verschwinden still und leise immer mehr gemeindeeigene Bäume im Oftersheimer Wohngebiet. Laubbäume binden Kohlendioxid, spenden Schatten, schaffen Abkühlung und tragen zur Klimaverbesserung bei. Werden Sie sich für die Nachpflanzung der Bäume energisch einsetzen?

Jens Geiß: Jeder Baum im Gemeindegebiet, der im Eigentum der Gemeinde steht, wird im Falle eines Absterbens ersetzt. Dies habe ich mir aktuell nochmals durch unsere Bauhofleitung bestätigen lassen. Die Kolleginnen und Kollegen des Bauhofs unternehmen alles, um der Trockenheit zu begegnen, täglich sind unsere Wasserfässer im Einsatz. Bei Neuanpflanzungen werden die Bäume in spezielles Substrat gepflanzt, das zwar sehr kostenintensiv ist, aber aufgrund der Nährstoffe einen Anwuchs und ein gesundes Gedeihen begünstigen soll. Auch im Außenbereich haben wir in den vergangenen Jahren viele Bäume ersetzt, allerdings sind die aktuellen Bedingungen generell sehr strapazierend für die Flora. Ja, ich werde mich auch in Zukunft für entsprechende Nachpflanzungen einsetzen.

Pascal Seidel: Es ist selbstredend, dass ich mich als Bürgermeister für Baumpflanzungen und Nachpflanzungen einsetzen werde, denn pro Jahr bindet zum Beispiel eine Buche 12,5 Kilogramm CO2. In den letzten Wochen erleben wir in Oftersheim und unserer Region, wie wichtig Bäume als Schattenspender auf unseren Spielplätzen und in unserer Gemeinde sind und welchen enormen Beitrag Bäume und Hecken in der nächtlichen Abkühlung leisten. Konkret stelle ich mir als eine meiner ersten Amtshandlungen für den Lessingplatz weniger Steine und mehr Grün vor, gerade weil ich diesen Platz mehrfach bei meinen Infoständen in den letzten heißen Wochen erlebt habe.

Samuel Speitelsbach: Ich bin für Bäume. Solange allerdings jedes Jahr 100 000 Menschen wegen minderwertiger Gene in deutschen Psychiatrien gefoltert werden, sollten mir meine Mitmenschen näher sein als Bäume.

Oftersheim könnte auch durch die Abschaffung der „Gärten des Grauens“ – die betonierten und gepflasterten Vorgärten, oft für Parkplätze zweckentfremdet – einen Beitrag zum Klimaschutz leisten, die Gemeinde würde grüner werden und Bienen, Hummeln und Schmetterlinge erfreuen. Werden Sie sich für die Umgestaltung der Vorgärten starkmachen?

Geiß: Die Neuanlage von Schottergärten ist seit zwei Jahren verboten. Bei bestehenden Anlagen ist die rechtliche Lage unklar. Da die Gemeinde Oftersheim keine eigene Baurechtsbehörde ist, wären Verstöße gegen die Anlage von Schottergärten durch die zuständige Behörde zu ahnden. Es wäre denkbar, Gartenbesitzern, die einen solchen Schottergarten in der Vergangenheit angelegt haben, einen finanziellen Anreiz für den Fall eines Rückbaus zu bieten. Allerdings zeigen Erkenntnisse größerer Kommunen (etwa aus der Stadt Karlsruhe), dass selbst solche Förderungen bei den Eigentümern nur selten zum Erfolg führen. Die Gemeinde geht mit gutem Beispiel voran und hat in der Vergangenheit verschiedene Flächen, die eintönig angelegt waren, umgewandelt und mit Staudengewächsen bepflanzt, die über mehrere Monate hinweg Bienen, Hummeln, Schmetterlingen und einer weiteren Vielzahl von Insekten Nahrung bieten.

Seidel: Ich bin davon überzeugt, dass bepflanzte Vorgärten eine große Chance sind, das Straßenbild zu verschönern, das Stadtklima zu verbessern und Lebensraum für Tiere und Pflanzen zu schaffen. Auch das Wohlbefinden der Menschen lässt sich dadurch steigern, so auch die Einschätzung von Gartenexperten. Wo es die geltenden Regelungen hergeben, werde ich mich als Bürgermeister aus meiner Grundüberzeugung heraus in den Dialog mit den Menschen für mehr Grün begeben. Ich bin aber auch davon überzeugt, dass wir in einer aufgeklärten und einer eigenverantwortlichen Gesellschaft von Menschen leben und wir deshalb nicht an jeder Ecke eine gemeindliche Kontrolle wollen. Etwas von Menschen einzufordern bedeutet aber auch, sich selbst in die Verantwortung zu nehmen, sodass ich selbstkritisch auch bei unserem Vorgarten zuletzt noch in diesem Sinne Hand angelegt habe.

Speitelsbach: Es handelt sich um Privatgrundstücke, ich werde mich für die Abschaffung von Vorschriften und nicht für neue Vorschriften einsetzen.

Der Wald um den „Rod-and-Gun-Club“ – 14 Hektar – ist immer noch eingezäunt und muss dringend klima- und umweltfreundlich hergestellt werden. Die Bima als Eigentümerin hat sich darum zu kümmern, dass der mit Blei belastete ehemalige amerikanische Schießstand gründlich renaturiert wird. Das Grundwasser könnte gefährdet sein. Gespannt ist man immer noch auf die Untersuchungsergebnisse für Boden und Wasser. Werden Sie sich bei der Bima mit Nachdruck einschalten, dass dieser Schandfleck endlich verschwindet, zugunsten des Klima- und Umweltschutzes und für die Erholungssuchenden im Oftersheimer Wald?

Geiß: Die Bima möchte noch in diesem Jahr mit den Renaturierungsarbeiten auf dem „Rod-and-Gun-Club“ beginnen. In einigen Abstimmungsterminen mit den verantwortlichen Stellen wurden – auch vor Ort – die Planungen abgestimmt. Im Endausbau ist eine Wegführung durch das dann komplett rückgebaute Areal mit Informationstafeln zur Renaturierung projektiert. Der Rückbau soll, wie bereits erwähnt, laut Bima zeitnah beginnen und im Jahr 2023 beendet sein.

Seidel: Definitiv Ja! Wir haben gesehen, was man aus einem ehemaligen Truppenübungsplatz machen kann und es dabei gelingt, eine sinnvolle Nachnutzung und einen Erhalt der Natur wie beim Golfplatz Rheintal zu erreichen. Gleiches möchte ich auch auf den 14 Hektar des „Rod-and- Gun-Club“ erreichen. Auch wenn das Thema Altlasten sicherlich noch knifflig ist, sollte es zu schaffen sein, die Bima zu ihrer Zusage zu bewegen, mit der Renaturierung der Flächen zu beginnen, die bereits ab Herbst 2021 gegenüber der Öffentlichkeit zugesagt war. Ich sehe aber auch, dass es hier eines regelmäßigen und institutionellen Dialogs zwischen dem Bürgermeister und der Bundesbehörde braucht, damit sich Ergebnisse schneller zeigen.

Speitelsbach: Ich werde mich dafür einsetzen, dass alle nötigen Maßnahmen ergriffen werden, dass keine Gefahr fürs Grundwasser ausgeht.

Sattes Grün: Baumbestand am Leimbach und vor der katholischen Kirche St. Kilian. © Ralf Lackner

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