Auszeichnung - Roland Seidel wird Ehrenbürger / Würdigung für 50-jähriges Engagement im Gemeinderat / Weggefährten schätzen seine faire Art

Mit Leib und Seele ein Oftersheimer

Von 
Anette Zietsch
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Oftersheim. Bürgermeister Jens Geiß hatte es im Frühjahr bei der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes angekündigt: „Die Gemeinde feiert 2018 das Roland-Seidel-Jahr.“ Gestern Abend bekam der langjährige Gemeinderat und Bürgermeister-Stellvertreter auch die Ehrenbürgerwürde – die höchste Auszeichnung der Gemeinde.

„Die wird üblicherweise erst mit dem Ausscheiden aus einem Amt verliehen“, meinte der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler und damit Seidels Kollege am Ratstisch, Dr. Tobias Ober, in seiner Laudatio. „Aber bei deiner außerordentlichen Vita waren wir uns fraktionsübergreifend schnell einig: Das 50-jährige Jubiläum als aktiver Gemeinderat ist der richtige Zeitpunkt.“

Der zweite Laudator, Alt-Bürgermeister Helmut Baust, führte dazu aus: „Nach meiner Kenntnis gibt es in Baden-Württemberg nur noch zwei Personen, die eine solch lange Zeit nachweisen können.“

Zu der Feierstunde im Rose-Saal, die musikalisch vom Trio „Django Mobil“ begleitet wurde, begrüßte Bürgermeister Geiß neben Seidels Söhnen Pascal und Marcel mit ihren Familien unter anderem die vier weiteren Ehrenbürger Siegwald Kehder, Helmut Baust, Kurt Siegel und Walter Pfister sowie den Inhaber des Ehrenbriefs, Martin Joos. Auch aktuelle und ehemalige Gemeinderäte waren gekommen. Eine aber fehlte unter den Gästen: Seidels Ehefrau Gisela. Sie erholt sich zu Hause von einer Bandscheiben-Operation.

Geiß sagte in seiner Rede, dass Roland Seidel am 20. Oktober 1968 erstmals in den Gemeinderat gewählt wurde, die Verpflichtung erfolgte zum 1. November. Er sei neun Mal wiedergewählt worden – diese Zahl korrigierte der neue Ehrenbürger später auf zehn.

„Roland Seidel hat die Entwicklung vom Dorf zur modernen Wohngemeinde mitbegleitet“, würdigte der Bürgermeister das Wirken des Jubilars und zählte beispielhaft die im vergangenen halben Jahrhundert dazugekommen Wohngebiete auf – ebenso wie die neuen Kindergärten und den Gewerbepark Hardtwald. Darüber hinaus erwähnte er seine vielfältigen Vereinstätigkeiten, die schon beim Festakt im April gewürdigt wurden (wir berichteten). „Roland Seidel hat sich die Ehrung als Ehrenbürger der Gemeinde nicht nur verdient, er hat sie sich erarbeitet“, leitete Jens Geiß zur Übergabe des Briefs über.

Überblick und Souveränität

Wie der Bürgermeister, so war auch Dr. Tobias Ober noch nicht geboren, als Roland Seidel zum ersten Mal am Ratstisch Platz genommen hat. Ober lobte den Überblick und die souveräne Art des Fraktionskollegen, „die mich vor 14 Jahren als junger Gemeinderat sehr beeindruckt haben. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie er mir manchmal vorhergesagt hat, wer von welcher Partei jetzt gleich wie abstimmen wird. Und er lag fast immer richtig“, plauderte der Fraktionsvorsitzende aus dem Nähkästchen. An verbalen Schlagabtauschen mit landespolitischen Hintergrund – von Schwarz nach Rot oder umgekehrt – habe sich der erfahrene Rat selten beteiligt, ihm sei es um Oftersheim gegangen.

Ober bestätigte, dass die Arbeit des 76-Jährigen über die Fraktionsgrenzen hinweg hoch geschätzt werde – weil er kollegial und korrekt sei, sachlich und fair diskutiere, zu überzeugen versuche. „Aber er akzeptiert er auch andere Meinungen. Wie es sein sollte“, beschrieb er die Qualitäten des Vorzeige-Demokraten.

Helmut Baust nutzte die Feierstunde, um sich bei seinem langjährigen Weggefährten „für die fruchtbare und loyale Zusammenarbeit während meiner Zeit als Kämmerer und Bürgermeister“ zu bedanken. „Es sind erstaunliche 30 Jahre, die wir gemeinsam, jeder auf seinem Platz, an vorderster Gemeindefront zum Wohl unserer Heimatgemeinde gearbeitet haben.“

Roland Seidel habe nicht nur kritisiert, er sei entschlossen gewesen, etwas zu verändern. Er habe den Mut besessen, für ein politisches Ehrenamt zu kandidieren. „Es wäre sicher wünschenswert, wenn gerade vor den anstehenden Gemeinderatswahlen junge Menschen diesen Mitgestaltungswillen wieder aufbringen würden“, gab er der nachfolgenden Generation mit auf den Weg. „Ich hoffe, dass sein vorgelebter Bürgersinn Vorbild ist.“

Dass sich Oftersheim in den zurückliegenden 50 Jahren positiv zu einer lebenswerten Wohngemeinde entwickelt habe, sei auch Roland Seidel zu verdanken. Und dass Ehrenamt nicht nur Belastung, sondern auch Freude bedeuten können, habe er mit seinem jahrzehntelangen Engagement bewiesen.

Emotionaler Moment

Heute sei ein sehr emotionaler Moment für ihn, bedankte sich Roland Seidel, er sei erfüllt von Freude und Dankbarkeit über die hohe Auszeichnung: „Wer mich kennt, weiß, dass ich mit Leib und Seele ein bekennender Oftersheimer bin. Deshalb berührt mich die Ehrenbürgerwürde sehr.“

Er habe mal überschlagen: Knapp 100 Frauen und Männer seien mit ihm im letzten halben Jahrhundert am Ratstisch gesessen. Einige Male habe er auch mit Vater und Sohn oder Tochter zusammengearbeitet: Karl und Walter Pfister, Wilhelm und Friedbert Schnabel, Hans und Michael Seidling, Alfred und Marianne Hillengaß, Franz und Jens Geiß.

Oftersheim sei für ihn keine Ansammlung von Häusern oder ein Netz von Straßen, sondern vertraute Heimat, in der er die entscheidenden Lebensstationen verbracht habe. „Ich bin stolz, dass sich so viele Menschen im Kultur-, Kommunal- oder Sportwesen engagieren – das ist ein Barometer für Wohlbefinden, die Grundlage für Heimatbewusstsein.“ Schließlich bedankte er sich bei seiner Familie, besonders bei seiner Frau Gisela, die das zeitintensive Engagement erst ermögliche.

Info: Weitere Bilder gibt’s unter www.schwetzinger-zeitung.de

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Oftersheim: Roland Seidel wird Ehrenbürger

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