Oftersheim. Idyllisch lag der Gemeindepark hinter der evangelischen Kirche in der Hitze des Sonntagnachmittags, als erste Flötenklänge, Dudelsack- und Gitarrentöne erklangen. „Gar nicht so leicht, bei dieser Hitze die Instrumente zu stimmen“, sagte Barbara Gerdes, erzählte von Wachs auf den Instrumenten, dem die Temperaturen ordentlich zusetzten, vom trockenen Laub, das sich gerne mal zwischen die Saiten der keltischen Harfe hineinwehen ließ.
Das haben die drei Liebhaber der bretonischen Musik auch schon anders in Oftersheim bei „Musik im Park“ erlebt, da stürmte es und Regen prasselte so gar nicht im Takt – der Umzug ins benachbarte evangelische Gemeindezentrum war damals unabwendbar. „Heute sind wir froh, dass wir hier unterm Baum spielen können“, so Gerdes, denn sonst hätte das Trio mit den außergewöhnlichen Instrumenten mitten in der prallen Sonne spielen müssen. Den Schatten unter Gingko-, Linden- und Kastanienbäumen suchten auch die rund 200 Gäste am Sonntagnachmittag, die dort den musikalischen Sonntagsausklang bei einem mitgebrachten Sekt und anderen Getränken genossen, sie schreckte auch die große Hitze nicht ab. Neben Bürgermeister Pascal Seidel, der begrüßte, waren Altbürgermeister und damaliger Ideengeber von Musik im Park, Helmut Baust, sowie die Organisatorin Ute Walter mit von der Partie.
Ein halbes Jahrhundert gibt es schon den musikalischen „Hermelin“, das nämlich bedeutet „An Erminig“ und ist das Wappentier der Bretagne. Zurzeit sind Barbara Gerdes und die Brüder Andreas und Hans Martin Derow auf Jubel-Tour und hatten eine bunte Mischung aus Danke-schön-Liedern an Wegbegleiter, Lehrende, die ihnen an unterschiedlichen Orten diverse Instrumente zu spielen zeigten und eintauchen halfen in die Mystik der bretonischen Weisen. Die manchmal schönen, oft aber tragischen Inhalte bieten einen guten Klangteppich für Kollektivtänze. Die Gruppe präsentierte auch Eigenkompositionen wie „An Dro de Rouhling“, bei dem sie erstmals die Harfe einbezogen, und etliche ursprüngliche Melodien, etwa „Lang Jonny Moir + Jigs“, die am Ende der kostenfreien Stunde Musikgenuss dann doch noch zum typischen Reihentanz motivierten.
Augen zu und träumen, dazu luden die Lieder auch ein, der Wind streichelte manchmal durchs Blätterdach und machte die Wärme erträglicher, gaukelte die seichte Brise vor, die auch die Bretagne, die meerumspülte französische Halbinsel, gerne überstreicht. Munter streuten die Musiker zwischen Sackpfeifen- und Drehleiertönen, Harfenklang und Akkordeonsound Anekdoten aus der Bandgeschichte ein, sprachen von Urlauben in der Bretagne, etwa 1974, als der Virus „Bretonische Musik“ sich festsetzte. Der Bogen von „Schulband“ bis „Seniorenband“, wie Hans-Martin Derow es betitelte, ist hörbar sehr gelungen, brachte die Drei bereits auf viele europäische Bühnen. „Auch Bassist Thomas Doll und Perkussionist Amby Schillo, die mit uns als Quintett auftreten, sind schon mehr als 25 Jahre fester Bestandteil der Band“, erzählte Derow.
„An Erminig“ machten ihrem Ruf von authentischer bretonischer Musik, die in die Herzen und Füße geht, alle Ehre. Eine ganze Stunde lang zu tanzen – dafür war es echt zu heiß am Sonntag im Park, aber zwei Damen machten den Anfang und zum Finale trauten sich dann noch fünf weitere nach vorne und tanzten mit – angeführt von Andreas Derow, bis Schritte und Takt saßen. Die schaurigen Inhalte der Songs wie Entführung und Mord haben dank des unvergleichlichen Timbres in Andreas Derows Gesang, der gefühlvollen Intonation von Barbara Gerdes an der keltischen Harfe, Bombarde oder Flöte sowie dem melancholischen bis sehr heiteren Spiel von Hans Martin Derow auf der Gitarre oder am Akkordeon, echten Tiefgang.
Klingt die bretonische Sprache auch fremd, ist es ihr eingehender Singsang, der das Gehör verzückt. Mit der Übersetzung durch die Bandmitglieder tauchten die Konzertgäste – völlig kostenfrei übrigens – ganz tief ein in die teils melancholischen Mären um wahre Begebenheiten, um Schiffbruch, Liebe und hartes Leben. Mit „Son ar Chistr“ dem bretonischen Trinklied, das auch als „Was wollen wir trinken“ mit der Gruppe „bots“ Bekanntheit errang, läuteten „An Erminig“ das Finale der zweiten Veranstaltung von „Musik im Park“ ein. Beseelt von bretonischer Musik, löste sich die Versammlung Musikliebender nach ihrem Ende schnell auf.
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