Oftersheim. Es ist ein normaler Mittwochnachmittag. Bücher, CDs, DVDs, Gesellschaftsspiele, Tiptoi Medien und Tonies werden vom Familienpublikum ausgeliehen. Annette Hörstel, Leiterin der Gemeindebücherei, führt den Redakteur dieser Zeitung durch die Räumlichkeiten über zwei Etagen in der Mannheimer Straße 67. Es herrscht eine Wohlfühlatmosphäre. Man spürt sofort: Hier wird mit relativ bescheidenen finanziellen Mitteln Maximales erreicht. Heimelig, behaglich, gemütlich und eher still geht es zu. Ein Rückzugsort zum Stöbern und Verweilen – ohne die Aufgeregtheiten des Alltags.
Eines vorweg: Die Medienwelt der Oftersheimer Gemeindebücherei lohnt unbedingt einen Besuch. Das zweigeschossige Gebäude aus dem Jahr 1863 ist schon eindrucksvoll. Hier waren einst die Gastwirtschaft „Zum Ochsen“, eine Zigarrenfabrik, im Hof des Grundstücks eine Ringerhalle und zwischen 1950 und 1981 eine Kleiderfabrik drin, ehe die Gemeinde 1982 das Anwesen erwarb, sanierte und sowohl Jugendzentrum als auch Gemeindebücherei in einem Komplex unterbrachte.
Gemeindebücherei Oftersheim: Aktuell 60 000 Entleihungen
Annette Hörstel, ein „standorttreuer Dinosaurier“, wie sie humorvoll sich selbst beschreibt, ist seit 1985 dabei. Damals sind es rund 30 000 Entleihungen im Jahr. Im Superjahr 2019 wird der Spitzenwert von 90 000 erreicht, inzwischen sind es rund 60 000 inklusive Online. „Die langen Lockdowns waren ungünstig für uns“, berichtet Hörstel, „dadurch gab es Einbrüche. Wir versuchen, die Zahlen wieder zurückzugewinnen.“
Die vier Teilzeitkräfte Annette Hörstel, deren Stellvertreterin Katja Kleingaa, Susanne Fix und Marion Brenzinger sowie Aushilfe Katharina Wollbaum erledigen die Aufgaben mit Herzblut. Die Einrichtung spricht für sich: Ein kleines Wohnzimmer mit Stehlampe, großflächigen Fotografien und einem weihnachtlich dekorierten Sideboard; die beliebte Krimiecke mit rotem Teppich (Hörstel: „Bisschen Atmo“) und zwei Sesseln; die Kinderbereiche, nach Alter gegliedert, mitsamt einer Spielecke für die Kleinsten, die sich hier beschäftigen können. In den verwinkelten Zonen der Dachgauben ist Sinnesbefriedigung für Jung und Alt, Groß und Klein ohne Weiteres zu den Öffnungszeiten möglich. Eine gewachsene stattliche Ortsbibliothek, die auf eine bunte Vielfalt von etwas mehr als 24 000 Medien zurückgreifen kann.
Gemeindebücherei Oftersheim: Romane und Krimis haben die höchsten Ausleihzahlen
Ganz praktisch ist ein Veranstaltungsraum mit ausklappbarer Leinwand und einem Beamer. Der Raum wird von Schulklassen genutzt – oder bei Events für bis zu 24 Personen, Autorenlesungen oder Vorlesestunden zum Beispiel.
Die Gemeindebücherei
Nachhaltigkeit: Die Bücherei hilft mit, von den 17 Nachhaltigkeitszielen der UN folgende fünf zu erreichen: Hochwertige Bildung, weniger Ungleichheiten, nachhaltige Städte und Gemeinden, nachhaltiger Konsum und nachhaltige Produktion sowie Partnerschaften zur Erreichung der Ziele.
Mit dem Webopac ist unter https://bibliotheken.komm.one/oftersheim/ alles von überall aus recherchierbar.
Leseausweise: Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre kostenlos; Erwachsene bis 60 Jahre zehn Euro pro Jahr; Erwachsene ab 60 Jahre und Ermäßigte fünf Euro pro Jahr; Metropol-Card 24 Euro pro Jahr; Einmalausleihe drei Euro.
Öffnungszeiten: Montag, Mittwoch und Donnerstag, 10 bis 12 Uhr und 14 bis 18 Uhr; Freitag, 10 bis 15 Uhr; Dienstag geschlossen.
Kontakt: Gemeindebücherei, Mannheimer Straße 67, 68723 Oftersheim; Telefon 06202/597155; E.-Mail buecherei@oftersheim.de; Internet: www.oftersheim.de/buecherei jog
Etwas versteckt entdeckt man die dicken Bände des guten alten Brockhaus und Kindlers Literaturlexikon – die Macht und Faszination des Wissens lebt weiter. Beruhigend.
„Romane und Krimis haben die höchsten Ausleihzahlen“, meint Annette Hörstel zum Thema Favoriten, „Kinder-CDs laufen sehr, sehr gut. Und auch Tiptoi-Lesestifte und die Tonies.“ Bei den Letzteren können Kinder in spannende Welten eintauchen. Interaktiv und eigenständig. Bei Tiptoi tippen sie mit dem Stift auf Bilder, Texte und Symbole – und prompt erklingen Geräusche, Sprache und Musik, je nach thematischem Bezug. Tonies wiederum sind bekannte Figuren wie Rabe Socke, Biene Maja, Jim Knopf, Heidi oder Drache Kokosnuss. Sie werden auf die Toniebox gestellt und schon kann das Hörspielvergnügen für die Racker beginnen. Über 300 Tonies soll es inzwischen geben – die Gemeindebücherei von „Ofdasche“ hat im Regal eine bemerkenswerte Anzahl an diesen „Mini-Helden“.
„Chefin“ Hörstel erklärt das Konzept der Bücherei vor Ort. „Wir sind eine Familienbibliothek“, sagt sie. Hauptzielgruppen seien junge Familien, Grundschulkinder, Kindergartenkinder, Pädagogen und Erzieher, Großeltern, Buch- und Hörbuchbegeisterte jedweden Alters – quasi von eineinhalb bis hundert Jahren. Darüber hinaus wird Nachhaltigkeit großgeschrieben. Ein Buchtitel schaffe es bis zu 200 Entleihungen, ein Buch verbleibe mindestens zehn Jahre im häuslichen Bestand. Vielfalt der Inhalte sei wichtig – immer angelehnt ans Leseinteresse des Oftersheimer Publikums. Aktuell gibt es 2500 Leseausweise in der Hardtgemeinde.
Gemeindebücherei Oftersheim: Recherche über den Webopac
Wichtiger Baustein im Portfolio sind die digitalen Angebote. Eine Recherche des Bestandes ist über den Webopac von überall aus möglich. Über die Metropolbibliothek Rhein-Neckar sind 42 Bibliotheken zusammengeschlossen. Hierfür eignet sich die Metropol-Card. Die Internet-Plattform Pressreader ermöglicht schnellen Zugriff. Durch den Webopac können die Datenbanken von Brockhaus, Munzinger und Duden genutzt werden.
„Wir sind ein öffentlicher Ort in der kommunalen Infrastruktur“, konstatiert Hörstel. Eine Institution, die verschiedene Altersgruppen zusammenbringt und auf 800 bis 1200 aktive Leser pro Jahr in Oftersheim stolz sein darf. Komplettiert wird das Jahresprogramm durch attraktive Veranstaltungen. „Ein Bestandsaufbau mit wenig Geld ist eine Kunst“, sagt Hörstel zur Herangehensweise ihres fünfköpfigen Teams, „ich vergleiche das immer mit einem Garten, der gepflegt werden will.“
Eine Gemeindebücherei ist ein geschützter Ort im Ort, der auf Buch-Sharing setzt und hartnäckig dem Konsumwahnsinn trotzt – ein scheinbar zeitloses Refugium.
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