Nachgefragt (Das etwas andere Interview)

Patrick Alberti aus Oftersheim: „Gemeinsam die Welt zu einem besseren Ort machen“

In unserer SZ-Serie "Nachgefragt" kommen ganz normale Bürger, Personen des öffentlichen Lebens und Prominente zu Wort. Sie bekommen Fragen gestellt, die sie hintergründig, unterhaltsam, informativ und humorvoll beantworten können. Diesmal ist Patrick Alberti (43) von den Grünen an der Reihe. Der Oftersheimer setzt sich bei der Initiative Dorfpride für die Rechte queerer Menschen ein.

Von 
Joachim Klaehn
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Patrick Albert. © Alberti

Oftersheim. Patrick Alberti (43) sitzt für die Grünen im Oftersheimer Gemeinderat und ist zudem im Vorstand des Grünen-Kreisverbands Kurpfalz-Hardt. Alberti setzt sich unter anderem bei der Initiative Dorfpride für die Rechte queerer Menschen ein und kämpft im Vorsitz der grünen Landesarbeitsgemeinschaft Behindertenpolitik Baden-Württemberg für Barrierefreiheit und Inklusion. Einmal im Monat in der Vollmondnacht lädt Patrick Alberti zum Gutenachtlauf, dem Treff des Vereins Laufen gegen Leiden, für den Tierschutz ein.

Wie ist Ihre aktuelle Stimmung?

Patrick Alberti: Die ist nicht die Beste. Malte C., ein 25-jähriger Mann, ist auf dem CSD Münster brutal zusammengeschlagen worden. Er wollte zwei Frauen zu Hilfe kommen, die beleidigt wurden. Malte ist am 2. September gestorben – durch einen eindeutig queerfeindlichen Angriff. Wir erleben gerade, wie Hass und Hetze gegen Minderheiten wieder zunehmen und das nimmt mich sehr mit.

Kochen Sie gerne gesund – und wenn ja, was?

Alberti: Ich koche unheimlich gerne. Je nachdem, wie viel Zeit ich habe, koche ich mal einfacher oder auch mal aufwendiger. Da ich mich vegan ernähre und auch komplett vegan lebe, stehen natürlich Gemüse, Hülsenfrüchte und viel Vollkorngetreide auf meinem Speiseplan. Aber es dürfen auch gerne mal Hamburger oder Pizza sein.

Haben Sie ein Lieblingsbuch?

Alberti: Einige. Vier Bücher haben mich wissenschaftlich am meisten beeinflusst: „Das Unbehagen der Geschlechter“ von Judith Butler, „Wahnsinn und Gesellschaft“ von Michel Foucault, Karl Poppers „Logik der Wissenschaft“ und Immanuel Kants „Kritik der reinen Vernunft“. Wenn es mal ein Roman sein soll, dann gerne Gesellschaftskritik. Zum Beispiel was von T. C. Boyle oder Juli Zeh – beide bringen gesellschaftliche Probleme exzellent auf den Punkt.

Haben Sie einen Lieblingsfilm?

Alberti: Ich liebe die Serie „Sense8“. Eine bildgewaltige und lebensbejahende Serie. Und zugleich ein einziges Statement für Vielfalt und Authentizität. Meine Lieblingszitate daraus: „Die wirkliche Gewalt ist die Gewalt, die wir uns selbst antun, wenn wir zu ängstlich sind, zu sein, wer wir wirklich sind.“ Und: „Nichts Gutes geschieht, wenn wir uns mehr um unsere Unterschiede kümmern als um das, was wir gemeinsam haben.“ Das sind wichtige Botschaften in unserer Zeit.

Und einen Lieblingssong?

Alberti: Es gibt viele. Für mich sind es meistens die wütenden Songs, die mich motivieren und mich ermutigen. Zum Beispiel „War eternal“ von Arch Enemy. Ein Song, der mich daran erinnert, meinem inneren Kompass zu folgen, auch wenn es nicht dem Mainstream entspricht. Musik kann Mut machen, für die eigenen Rechte und gegen gesellschaftliche Missstände zu kämpfen.

Ihr Lieblingsplätzchen?

Alberti: Der Gemeindepark und die Oftersheimer Dünen – aber grundsätzlich dort, wo Freunde gemeinsame Aktivitäten und gute Gespräche sind.

Welche Persönlichkeit beeindruckt Sie ganz besonders?

Alberti: Gute Frage. Ich glaube, unser Schicksal hängt nicht von einzelnen prominenten Personen ab, sondern von Menschen, die sich täglich für ihre Ideale einsetzen, Courage zeigen und sich zusammenschließen, um gemeinsam die Welt zu einem besseren Ort zu machen, die sich gegen Hass und Hetze stellen, für Menschenrechte, Gerechtigkeit oder fürs Klima kämpfen und dabei leider viel zu oft ausgelacht oder sogar angefeindet werden.

Wofür können Sie sich total begeistern?

Alberti: Für Kultur: Konzerte, Kino, Theater, Literatur und für das Zusammensein mit guten Freunden.

Was nervt Sie?

Alberti: Aussagen wie „Das geht nicht“, „Das war doch schon immer so“ oder „Das haben wir doch immer so gemacht“.

Ihre Alltagsheldin beziehungsweise Ihr Alltagsheld?

Alberti: Siehe oben.

Wann sind Sie mit sich selbst im Reinen?

Alberti: Ich bin selbstkritisch und darum selten ganz zufrieden. Aber wenn ich das Gefühl habe, etwas bewegt zu haben und für irgendeine Person oder Gruppe eine Verbesserung bewirkt zu haben, kann ich mich kurz mal zurücklehnen.

Welches Verbesserungspotenzial haben Sie?

Alberti: Ein paar Baustellen habe ich schon: Ich könnte weniger kritisch mit mir selbst sein und weniger ungeduldig. Und ich bräuchte eigentlich mehr Pausen, um mich auszuruhen. Außerdem ertappe ich mich manchmal dabei, wie ich doch irgendwelchen Vorurteilen aufgesessen bin. Und manchmal bin ich auch ungerecht. Da möchte ich noch sensibler werden.

Sind Sie eher Kopf- oder Gefühlsmensch?

Alberti: In den vergangenen Jahren habe ich meinem Herzen mehr Verantwortung gegeben und das ist ganz gut so.

Wann und wo haben Sie zuletzt herzhaft gelacht?

Alberti: Das war erst vor Kurzem beim Zocken mit meinem Sohn.

Wie schalten Sie mal komplett ab?

Alberti: Beim Laufen, beim Yoga und beim Bouldern.

In welcher Sportart sind Sie unschlagbar?

Alberti: Definitiv in keiner. Aber ich bewege mich gerne und mache gerne Sport. Laufen ist meine große Leidenschaft.

Welche Sportart können Sie gar nicht (leiden)?

Alberti: Motorsport ist etwas, für das ich mich nie wirklich begeistern konnte.

Was können Frauen besser als Männer?

Alberti: Grundsätzlich lehne ich eine stereotype und binäre Sichtweise auf Geschlecht ab. Aber um mal darin zu bleiben: Meiner Meinung nach kommunizieren Frauen besser und treffen eher Entscheidungen zum Wohle der Mehrheit. Sie denken also eher an die Gemeinschaft als an sich selbst. Aber eigentlich ist auch das ein Vorurteil. Ich bin der Meinung, dass jeder Mensch seine Eigenheiten, Talente, Fähigkeiten und Schwächen hat. Das ist nicht vom Geschlecht abhängig. Umso ungerechter ist es, dass Frauen noch immer weniger Geld im Job verdienen, viel mehr unbezahlte Arbeit – meistens Care-Arbeit innerhalb der Familie – übernehmen und viel zu oft (häuslicher) Gewalt ausgesetzt sind.

Welche Einstellung haben Sie generell zu Medien?

Alberti: Wir leben in einer Welt, in der Medien omnipräsent sind. Sie können uns helfen, unsere immer komplexer werdende Welt besser einzuordnen. Sie können uns aber auch verwirren und verunsichern. Darum ist Medienkompetenz unglaublich wichtig und muss ein wichtiger Teil der Schulbildung werden. Nur, wenn wir Informationen filtern, verstehen und einordnen können, können wir auch konstruktiv mit ihnen umgehen.

Wie digital leben Sie?

Alberti: Ich bin eigentlich den ganzen Tag online.

Lieber Facebook oder Instagram?

Alberti: Facebook. Manchmal brauche ich mehr Text als Bilder, um meine Gedanken genau ausdrücken zu können.

Was haben Sie aus der Corona- Krise und den Folgen des Ukraine-Krieges gelernt?

Alberti: Vor allem viel über Menschen: Dass wir einerseits individuell und als Gesellschaft unglaublich verwundbar sind. Durch die momentanen Krisen nehmen Spaltungen und Schwarz-Weiß-Malereien zu. Menschen fürchten sich um den gesellschaftlichen Abstieg und haben existenzielle Sorgen. Frauen erlitten während der Pandemie nochmals mehr Gewalt, Menschen mit Behinderungen bekamen nicht die Unterstützung, die sie brauchten und bei den Kontaktbeschränkungen wurden die Familienverhältnisse von vielen queeren Menschen nicht anerkannt. Auf politischer Ebene wurden oft diejenigen vergessen, die besonders geschützt werden sollten. Daraus müssen wir lernen und entgegensteuern, um nicht wieder die gleichen Fehler zu machen. Ich wäre froh, wenn die betroffenen Gruppen verstärkt von der Politik gehört würden. Auf der anderen Seite habe ich erfahren, wie solidarisch Menschen zusammenhalten und sich umeinander kümmern können. Das freut und bewegt mich sehr. Und das wünsche ich mir auch für die Zukunft: Dass wir uns gegenseitig stützen, anstatt uns zu verurteilen. Dass wir miteinander reden, anstatt gegeneinander zu kämpfen.

Ihre bis dato besten zehn Sekun- den im Leben?

Alberti: Als ich meinen neugeborenen Sohn zum ersten Mal gesehen habe.

Ihr nächster Urlaub?

Alberti: Eine Woche Malta im Herbst mit meinem Sohn.

Bitte vervollständigen Sie den Satz: Wenn ich ein hochrangiger Politiker wäre, dann würde ich zu allererst dafür sorgen, dass . . .

Alberti: . . . besonders benachteiligte und diskriminierte Gruppen bei Entscheidungen besser beteiligt werden.

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