Justiz

Prozess um Grabräuber von Oftersheim und Plankstadt: Drei Männer vor Gericht

Im August 2024 wurden Friedhöfe in Oftersheim und Plankstadt geplündert. Drei Männer müssen sich nun dafür am Landgericht Mannheim verantworten. Am Mittwoch geht der Prozess weiter.

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Volker Widdrat
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Der Friedhof in Oftersheim ist nach der Tat im August 2024 an vielen Stellen verwüstet. Hier haben sich die Täter an rund 90 Gräber zu schaffen gemacht. © Gemeinde Oftersheim

Oftersheim. In einer Nacht vom 6. auf 7. August vergangenen Jahres plünderten unbekannte Täter zahlreiche Gräber auf den Friedhöfen in Oftersheim und in Plankstadt. Bei den Grabstätten hatten sie es vor allem auf Metall abgesehen. Sie entwendeten Kupferschalen, Laternen und Statuen. Der Vandalismus an den Ruhestätten verursachte damals große Schäden.

Am Dienstag begann vor der Großen Strafkammer des Landgerichts Mannheim der Prozess gegen drei Männer im Alter von 41, 34 und 23 Jahren. Die Anklage wirft den drei rumänischen Staatsbürgern zahlreiche Fälle des gewerbsmäßigen Diebstahls, des schweren Bandendiebstahls und der Störung der Totenruhe vor.

Staatsanwalt Sebastian Stiehl verlas die Anklageschrift. Dem 34-Jährigen, der sich in Untersuchungshaft befindet, wird zur Last gelegt, auf dem Friedhof in Oftersheim in einer Gruppe mit vier Personen teilweise durch gewaltsames Herausbrechen und Absägen vorwiegend aus Buntmetall bestehenden Grabschmuck entwendet zu haben. Der Wert der Beute, die mit einem Kastenwagen mit rumänischem Kennzeichen abtransportiert worden sein soll, beträgt rund 60.000 Euro. Bei der Tat sind rund 90 Gräber beschädigt worden.

Gruppe soll Gräber in Plankstadt geplündert haben

Auf dem Friedhof in Plankstadt soll der 34-Jährige mit weiteren, bislang unbekannten Tätern das Metalltor am Eingang aufgehebelt haben und danach in einen Lagerschuppen eingebrochen sein. Der Gesamtwert des entwendeten Grabschmucks von rund 20 Gräbern liegt dort bei rund 22.000 Euro. Die Beisetzungsstätten waren auch hier erheblich beschädigt worden.

Des Weiteren soll der 34-Jährige im Zusammenwirken mit den beiden anderen Mitangeklagten, von denen sich der 23-Jährige ebenfalls in Untersuchungshaft befindet, im Oktober vergangenen Jahres dreimal vom Betriebsgelände einer Metall-Recycling-Firma in München Metallwaren im Wert von insgesamt rund 3.450 Euro entwendet haben. Dabei sollen die Männer mittels eines Bolzenschneiders und eines Winkelschleifers durch den Zaun auf das Firmengelände gelangt sein. In zwei Fällen soll es zum Weiterverkauf der mit einem Pkw abtransportierten Beute gekommen sein. Der geplante Weiterverkauf des Buntmetalls nach dem dritten Einbruch war durch die im Oktober vergangenen Jahres erfolgte Festnahme der Angeklagten verhindert worden.

Eine Madonnenfigur auf dem Oftersheimer Friedhof, nach der Tat allerdings nicht mehr an ihrem ursprünglichen Platz (Archivbild). © Gemeinde Oftersheim

Gericht, Angeklagte und Staatsanwaltschaft folgten dem Vorschlag einer Verständigung. Das Rechtsgespräch der Parteien dauerte über eine Stunde. Der Vorsitzende Richter Dr. Oliver Ratzel informierte anschließend über die Verständigung, an die das Gericht grundsätzlich gebunden ist. Nach der Strafprozessordnung entfällt die Bindung allerdings, wenn rechtlich oder tatsächlich bedeutsame Umstände übersehen worden sind, das Gericht deswegen zu der Überzeugung gelangt, dass der in Aussicht gestellte Strafrahmen nicht mehr tat- oder schuldangemessen ist oder das weitere Prozessverhalten der Angeklagten nicht dem Verhalten entspricht, das der Prognose des Gerichtes zugrunde gelegt worden ist. Die Parteien waren einverstanden.

Welche Strafen die Angeklagten vor dem Landgericht Mannheim erwarten könnten

Für den 34-Jährigen wurde eine Strafzumessung von drei Jahren und acht Monaten bis vier Jahre und zwei Monate angegeben. Für den 23-Jährigen könnte das Strafmaß eineinhalb bis zwei Jahre auf Bewährung betragen. Der 41-Jährige könnte ebenfalls mit eineinhalb bis zwei Jahre auf Bewährung davonkommen. Die drei Angeklagten machten Einlassungen zu ihrer Person und über ihre Verteidiger zur Sache. Eine Dolmetscherin übersetzte.

Der 34-Jährige berichtete von einer zwölfjährigen Schulzeit. Er wuchs mit vier Geschwistern auf. Die Eltern stellten Holzgegenstände her. Nach dem Schulabschluss machte er eine Ausbildung zum Mechaniker. Er ist verheiratet und hat fünf Kinder im Alter von zwei bis 15 Jahren. Seine Familie lebt in Rumänien. Bereits im Alter von 16 Jahren sei für ihn ein Heiratsversprechen arrangiert worden, sieben Jahre später sei die standesamtliche Hochzeit erfolgt: „So ist das bei uns in Rumänien.“

Mit seiner Familie lebte er zeitweise in Frankreich, Österreich und Griechenland. Im Jahr 2010 kam er nach Deutschland und arbeitete zunächst in Passau. Er habe viele handwerkliche Fähigkeiten, erzählte der 34-Jährige vor Gericht. In Deutschland sei es ihm sehr gut gegangen. Zuletzt habe er aber zu viel Geld in Spielautomaten gesteckt. Seit vier Jahren müsse er Medikamente gegen Asthma nehmen. Er konsumiere weder Alkohol noch Drogen. Der 34-Jährige entschuldigte sich für die Taten. „Er kam bisher gut über die Runden und er ist arbeitswillig“, bestätigte Verteidigerin Jana Jürgen ihren Mandanten. Die Tatvorwürfe würden von ihm eingeräumt. Er habe die Beute aus den Diebstahlen mit einem Fahrzeug abtransportiert. Dafür seien ihm 600 Euro versprochen worden.

So geht der Prozess am Landgericht Mannheim weiter

Der mit 23 Jahren jüngste Angeklagte hat die Schule in Rumänien abgebrochen und danach in der Landwirtschaft gearbeitet. Er hat zwei Schwestern. In Deutschland ging er zunächst einer legalen Beschäftigung nach. Dann folgte Arbeit auf dem Bau, meistens ohne Bezahlung. Bei seiner Verhaftung sei er bei einem Reinigungsunternehmen beschäftigt gewesen, führte Verteidigerin Brigitte Bertsch aus. Ihr Mandant sei immer mehr frustriert gewesen und in eine prekäre Situation geschlittert.

Er habe sich mit den älteren Mitangeklagten angefreundet. Die soziale Isolation in der Untersuchungshaft belaste ihn zusehends. Er wolle nur zurück nach Rumänien: „Die Hoffnung auf eine Zukunft in Deutschland hat er endgültig aufgegeben.“ Der 23-Jährige räumte die Taten von München im Oktober vergangenen Jahres ein. Er hätte damals ein Drittel des Verkaufserlöses aus dem entwendeten Buntmetall erhalten sollen.

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Der 41-Jährige, der als einziger Angeklagter nicht in Untersuchungshaft sitzt, besuchte acht Jahre die Schule in Rumänien und arbeitete anschließend in der Landwirtschaft. Es folgten Arbeitsverhältnisse in Serbien, Griechenland und Spanien. Er hat zwei Brüder und eine Schwester, die in Österreich, England und Belgien leben. Seit 13 Jahren wohnt er in München. Der ehemalige Inhaber einer Reinigungsfirma ist seit zwei Jahren geschieden und hat eine 16-jährige Tochter und einen 14-jährigen Sohn.

Seine Lebensgefährtin, mit der er seit zehn Jahren zusammen ist, hat drei eigene Kinder. Mit Alkohol und Drogen habe er nichts am Hut. Er habe keine Schulden, aber auch kein Vermögen. Mit seinen Eltern in Rumänien habe er guten Kontakt, unlängst sei er drei Wochen dort gewesen. Verteidiger Maximilian Grashey bestätigte für seinen Mandanten die Vorwürfe aus der Anklageschrift: „Es tut ihm leid, dass er das gemacht hat.“

Die Strafkammer hatte für das Verfahren ursprünglich neun Verhandlungstermine bis in den Oktober angesetzt. Nach der Verständigung könnte der Prozess aber schon früher enden. An diesem Mittwoch, 17. September, um 9.30 Uhr geht es am Landgericht Mannheim mit der Anhörung von drei Zeugen weiter.

Freier Autor Volker Widdrat ist freier Mitarbeiter.

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