Mittelaltermarkt - Im Gemeindepark treffen Besucher auf eine Kräuterfrau und einen Schnapsbrenner, auf eine Wahrsagerin und einen Korbflechter

Rezepte aus Brotmuseum sind modifiziert

Von 
Susanne Kühner
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Oftersheim. Eine Reise ins Mittelalter, Erlebnisse im Zirkus und zünftig-bayerische Volkstradition – das Ortsmittefest in Oftersheim verknüpfte am Wochenende viele Eindrücke wirkungsvoll in einem Programm für alle Generationen. Das gleiche galt für die Kulinarik, die vom Fischbrötchen bis zum Eis reichte.

Am Vormittag erwacht langsam das Leben im Gemeindepark. Alles ist vorbereitet für den Ausflug in mittelalterliche Zeiten. Authentisch sieht das Lager aus. Die „Feldbeckerey“ verströmt einen anziehenden Duft nach Zucker und Zimt, nach Kräuter und Speck.

Die Auslage ist voll von Leckereien, an denen sich schon das Auge nicht satt sehen kann. Alles Produkte Marke Mittelalter? Verkäufer Jürgen Boos bejaht mithilfe einer Geschichte: „Der Gründer hat die Rezepte in einem Brotmuseum entdeckt und sie nach dem heutigen Gaumen modifiziert.“ Sprich: Weniger Gewürze werden verwendet.

Je mehr Gewürze, desto reicher

„Früher waren die Backwaren viel intensiver – je mehr Gewürze man nutzte, desto reicher war man“, lenkt Bäckerei-Eignerin Jeannette Frey erklärend ein.

Vorbei am Schild der „Krieger der Steppe Oftersheim“ führt der Weg zu Mathias Bösing, der an einem Tisch sein Tagwerk beginnt. Er näht einen Beutel aus Rindsleder. „Das ist Sattlerei-Werkzeug und einem Fund aus dem 13. Jahrhundert nachempfunden“, sagt er und hält einen spitzen Gegenstand in die Höhe. Viertelmondmesser, Leingarn und Kohlestift liegen einsatzbereit daneben.

„Das Wissensbedürfnis der Leute ist da“, freut sich Bösing über die Resonanz auf das mittelalterliche Lager beim Ortsmittefest, das er mit seiner Gruppe „Hortus Ecclesiae“ ergänzt. Länderübergreifend ist diese. Die Mitglieder stammen aus Baden, der Pfalz und dem Saarland.

Stich um Stich ins Leder

Während der Handwerker Stich um Stich im Leder setzt, wischt sich ein Kämpfer unterm Zeltdach einige Meter weiter den Mund ab. „Salix“ nennt sich der Bärtige. Seit 20 Jahren ist er unter diesem Namen nicht nur im Heimatort Oftersheim bekannt. Ein Omelette mit Käse und Wurst kommt auf die Teller, über dem offenen Feuer gegart – ein Genuss für alle, die mit ihm im Reigen um den Tisch sitzen.

Lena-Sophie ist mit sieben Jahren die Jüngste in der Familie des Svart Korpar samt Drakarna Folket – des „schwarzen Raben und Drachenvolkes“. „Flö“ wird die Kleine genannt. „Weil sie ein kleiner Springfloh ist“, kommentiert Salix, während das Mädchen behände mit einem Piekser ein Stück Ei aufsticht und in den Mund schiebt.

Seit 2015 gibt es den Oftersheimer Mittelalterverein, der 27 aktive und einige passive Mitglieder hat. Einige Mitwirkende haben die Feuershow am Vorabend präsentiert, die noch am Sonntag für Gesprächsstoff unter den Besuchern sorgt.

Wahrsagerin und Kräuterfrau, Korbflechter und Schnapsbrenner – die Mischung macht’s im Mittelalter. Inge und Michael Hafner reizen die Gäste mit Schmuck, der aus Silberbesteck geformt ist. Durch Zufall ist das Ehepaar zu der Kunst gekommen. „Ich wollte etwas haben, was sehr teuer war. Da hat mein Mann gesagt, er macht das selbst“, erzählt Inge Hafner. Ein Schneeball setzte sich so vor zehn Jahren in Gang. Die Verwandtschaft ist abgegrast. Flohmärkte liefern altes Besteck zur Verwertung.

Oftersheim

Oftersheim: Mittelaltermarkt beim Ortsmittefest

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