Schwetzingen/Oftersheim/Plankstadt. Hier laufen viele Fäden zusammen. Hier wird Netzwerk gepflegt und gelebt. Hier versucht man am Puls der Zeit zu sein und auf die Bedürfnisse wie Belange von rund 13 000 Katholiken einzugehen, die zur Seelsorgeeinheit Schwetzingen, Oftersheim und Plankstadt gehören und für die die Kirchen St. Pankratius Schwetzingen, St. Kilian Oftersheim und St. Nikolaus Plankstadt eine zweite Heimat bilden. „Wir sind ein kleines Unternehmen“, sagt Pfarrer und Dekan Uwe Lüttinger im vorweihnachtlichen Gespräch mit dieser Zeitung.
Es ist wie in allen gesellschaftlichen Bereichen. Ohne ein engagiertes und von den mannigfaltigen Herausforderungen überzeugtes Team geht es nicht. Uwe Lüttinger, Diakon Michael Barth-Rabbel, Kooperator Reinholdt Lovasz, Diakon im Ehrenamt Bernhard Carl, Pastoralreferent Sebastian Binder, Gemeindereferentin Isabel Hawranke, Dekanatsreferent Raphael Brantzen, Religionspädagogin und Klinikseelsorgerin Evelyn Spitaler, die vier Sekretärinnen Nicole Fackel, Madeleine Großhans, Marion Nowaczyk, Simone Schäper, Hausmeister- und Gebäude-Koordinator Daniel Ostringer, zwei weitere Hausmeister und Messner sowie die unzähligen Ehrenamtlichen stemmen eine Logistik, die mitunter ihre Tücken haben kann, aber unterm Strich eben eine wichtige Dienstleistung beinhaltet.
Seelsorgeeinheit Schwetzingen: Soziale Ungleichheit und Krieg
Kirche soll und muss nah an den Menschen dran sein – Interesse zeigen, Bedenken ausräumen, Unterstützung gewähren, zum Nachdenken beitragen, Not und Leid lindern helfen, Orientierung wie ein Lotse geben, Brücken bauen. Das ist in einer schnelllebigen, unüberschaubaren, von sozialer Ungleichheit geprägten, mitunter gewalttätigen und kriegerisch-apokalyptischen Welt kein leichter Job.
Kirche sei kein Freiraum, sondern von theologischer Seite aus mittendrin in der Welt, sagt Lüttinger und verweist an das Geburtsfest und Narrativ Weihnachten sowie Gottes Sohn Jesus Christus. „Gott wird Mensch und kommt mitten ins Leben – darum geht’s!“
„Und es geht im Endeffekt um diesen Solidaritätsgedanken, der im christlichen Glauben seine unerschütterlichen Wurzeln hat“, konstatiert Lüttinger, der neben der Pflicht und Kür als Seelsorger darüber hinaus als Dekan des Dekanats Wiesloch fungiert.
Die Botschaft des gebürtigen Heidelbergers, der seit November 2019 diese Seelsorgeeinheit mit der Schaltzentrale in der Schwetzinger Schlossstraße 8 leitet, ist sehr klar: Es mögen die Zeremonien, Traditionen und Rituale in der Advents- und Weihnachtszeit unbeugsam im Fokus stehen, noch viel wichtiger sind freilich – gerade in Krisen – Kommunikation, Interaktion, Integration, Einigkeit, Miteinander und Gemeinschaftssinn.
„Gottesdienste sind beileibe nicht alles“, ergänzt Michael Barth-Rabbel, „zu unserer Gemeinde gehört maßgeblich die Diakonie.“ Das altgriechische Wort heißt nichts anderes als „Dienst“ – und der Diakon ist gleichbedeutend der „Diener“, der sich im kirchlichen Kontext dem Gebot der Nächstenliebe unterordnet und all jenen Hilfe zuteil werden lässt, die sie unbedingt benötigen.
Beispiel gefällig? Da sticht insbesondere die neue Aktion „Tischlein deck’ dich“ heraus, die von der römisch-katholischen Kirchengemeinde vor Ort ins Leben gerufen wird. „Wir können nicht alle Not der ganzen Welt lindern“, ordnet Barth- Rabbel ein Projekt ein, das pragmatisch, praktisch und gut Überzeugung fördert.
Gottesdienste Weihnachten, Jahreswechsel und Neujahr sowie Aktion „Tischlein deck’ dich“
Heiligabend, 24. Dezember: 10 Uhr, GRN-Klinik: Ökumenischer Gottesdienst; 13.30 Uhr, St. Kilian: Kinderkrippenfeier für Kinder und Familien; 15 Uhr, St. Kilian: Krippenfeier für Kinder und Familien; 15 Uhr, St. Nikolaus: Krippenfeier für Kinder und Familien; 15 Uhr, St. Pankratius: Kinderkrippenfeier für Kinder und Familien; 17 Uhr, St. Maria Kirche: Christmette; 17 Uhr, St. Josef: Christmette; 18 Uhr, St. Nikolaus: Christmette im Kerzenlicht; 21 Uhr, St. Kilian: Christmette im Kerzenlicht; 22 Uhr, St. Pankratius: Christmette im Kerzenlicht.
Weihnachten, 25. Dezember: 10.30 Uhr, St. Pankratius: Festgottesdienst; 10.30 Uhr, St. Kilian: Festgottesdienst; 10.30 Uhr: Caritas Altenzentrum: Wortgottesdienst; 18.30 Uhr, St. Pankratius: Vesper mit sakramentalem Segen.
Weihnachten, 26. Dezember: 9 Uhr, St. Pankratius: Messfeier; 10.30 Uhr: St. Nikolaus: Messfeier.
Donnerstag, 29. Dezember: 18.30 Uhr, St. Kilian: Messfeier; 18.30 Uhr, St. Maria Kapelle: Messfeier.
Freitag, 30. Dezember: 18.30 Uhr, St. Pankratius: Messfeier.
Silvester, 31. Dezember: 17 Uhr, Evangelische Kirche Oftersheim: Ökumenischer Gottesdienst; 17 Uhr, St. Nikolaus: Messfeier zum Jahresschluss mit Umtrunk; 18 Uhr, St. Pankratius: Messfeier zum Jahresschluss.
Neujahr, 1. Januar 2023: 10.30 Uhr, St. Kilian: Messfeier; 18.30 Uhr, St. Nikolaus: Messfeier.
Spendenaktion „Tischlein deck’ dich“: Termine: 28./29. Dezember, 25./26. Januar, 22./23. Februar, 29./30. März (immer Mittwoch und Donnerstag, 17 bis 19 Uhr, im Josefshaus Schwetzingen, Schlossstraße 8.
Spendenkonto: Konto der römisch-katholischen Kirchengemeinde Schwetzingen, Verwendungszweck: Aktion „Tischlein deck’ dich“, Sparkasse Heidelberg, IBAN: DE58 6725 0020 0025 0235 10.
Weitere Informationen gibt es im Internet zu den Helfern unter https://kath-se-schwetzingen.de/helfer sowie zur Aktion „Tischlein deck’ dich“ unter https://kath-se-schwetzingen.de/tdd
„Tischlein deck’ dich“ ist eine öffentliche Einladung zum kostenlosen Abendessen und richtet sich an verschiedenste Zielgruppen. Ob junge oder ältere Menschen, Familien, Alleinerziehende oder Alleinstehende – für sie alle heißt die Devise: „Alleine essen ist doof – gemeinsam essen verbindet“.
Seelsorgeeinheit Schwetzingen: Essen auf Tellern
Am 28./29. Dezember erfolgt der Startschuss dieser Initiative, die bis Ende März immer in der letzten Woche des jeweiligen Monats am Mittwoch und Donnerstag stattfinden wird. Gleiche Stelle, gleiche Welle – von 17 bis 19 Uhr bieten die Katholiken im Josefshaus Schwetzingen Essen auf Tellern an.
Viele Institutionen beteiligen sich an dieser Spendenaktion: Die Islamische Ahmadiyya Gemeinde, die Vereine Die Brücke und Alles-Retter, die Awo Schwetzingen, die Freiwilligenagentur der Stadt Schwetzingen, die Stadt Schwetzingen selbst, der Caritasverband für den Rhein-Neckar-Kreis, das Diakonische Werk der evangelischen Kirchenbezirke im Rhein-Neckar-Kreis, die Evangelische Gemeinde am Schlossplatz, die evangelischen Kirchengemeinden aus Schwetzingen, Oftersheim und Plankstadt und die römisch-katholischen Kirchengemeinden aus den drei genannten Kommunen.
Es steckt viel Power, Dynamik und Herzblut dahinter. Die Helfer- und Küchenteams stehen bereits einigermaßen. „Die Resonanz der Helfer ist großartig“, berichtet Barth-Rabbel, „der Dezember ist komplett, der Januar bereits halb voll.“
Acht Termine sind es bis ins Frühjahr hinein, dann werden die Organisatoren entscheiden, wie’s weitergeht. „Essen gibt es für alle – nicht nur für uns Katholiken“, meint Michael Barth-Rabbel über eine ganzheitlich und überkonfessionelle Initiative und muss dabei süffisant lächeln. Dabei gehe es neben gesponserter Verköstigung aus warmem Buffet, Wasser und Tee um die Erfahrung und Sensibilität für Zusammenhalt. „Kommen, essen und Gesellschaft genießen“, so Barth-Rabbel kurz und prägnant.
Seelsorgeeinheit Schwetzingen: Kluft wird in Deutschland größer
Die Kluft zwischen Arm und Reich, das betonen alle drei Dialogpartner, sei auch in Deutschland signifikant größer geworden. Evelyn Spitaler unterrichtet an Grundschulen Religion und arbeitet als Seelsorgerin in der Schwetzinger GRN-Klinik in Teilzeit. Ihre Beobachtungen spiegeln die schärfer werdenden Probleme wider. Ab November würden mit der dunklen und kalten Jahreszeit die Gespräche gewöhnlich „länger und intensiver“ werden. Familiäres, ob aus der Vergangenheit oder der Gegenwart, rücke zusehends und nahezu unausweichlich in den Vordergrund.
„Dieses Jahr musste ich extrem feststellen, dass viel Unsicherheit dabei ist und die Existenzängste zunehmen. Viele Rentner haben eine wahnsinnige finanzielle Not“, schildert Evelyn Spitaler ihre Eindrücke schonungslos.
Angesichts der krass gestiegenen Strom- und Gaspreise sowie schmaler Geldbeutel wie bescheiden ausfallender Renten würde häufig bei den Betroffenen und Spitalers Besuchen der Standardsatz fallen: „Ich weiß nicht, wie und ob ich es bezahlen kann?“
Unterschwellig sei der Istzustand auch bei Erst- bis Viertklässlern zu spüren. Die mitgebrachte Brotbox der Pennäler verrate durchaus, wie es um die jeweilige materielle Lage in den Elternhäusern bestellt sei. „Urlaube in den Ferien können sich manche nicht mehr leisten wie bisher“, schließt Evelyn Spitaler aus gelegentlichen Bemerkungen der Grundschüler.
Seelsorgeeinheit Schwetzingen: Die Flucht vor dem Fest
Für ein Teil der älteren Generation, gibt Evelyn Spitaler zu bedenken, wie auch in zerrütteten Familienverhältnissen sei „Weihnachten keine einfache Zeit. Viele fliehen, weil sie es nicht mehr aushalten“. Weil sie das latente Konfliktpotenzial nicht bewältigen könnten. Uwe Lüttinger stimmt ihr zu: „Weihnachten kann aus unterschiedlichen Gründen eine schmerzhafte Erfahrung sein. Verloren gegangene Kindheitstage oder der Tod von Familienmitgliedern und Freunden tragen dazu bei.“
Weihnachten – das Fest der Liebe, Hoffnung und Zuversicht? Nicht für alle. „Die diakonische Frage ist eine der Zukunftsfragen der Kirche und eine der Ursprungshandlungen der Gottheit“, sagt Lüttinger dennoch optimistisch und appelliert an zwischenmenschliches Engagement. Diakon Michael Barth-Rabbel sieht es so: „Jesus hat uns einen Auftrag mitgegeben. Und der beginnt an Weihnachten mit seiner Geburt.“ Evelyn Spitaler plädiert vor dem Christfest für einen Mittelweg aus Gewohnheiten und festem Glauben: „Wir müssen Hoffnung vermitteln.“
Ein chinesisches Sprichwort meint metaphorisch, dass der Mensch so vom Himmel wie das Schiff vom Lotsen abhänge. In einer manifesten Krisensituation gilt diese Mixtur aus Weit- und Weltsicht gleich doppelt.
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