Oftersheim. Es schwingt Wehmut in der Stimme mit. Noah Menger ist 20 Jahre alt und erzählt von Erlebnissen, die er in den vergangenen zwölf Monaten mit den Kindern zwischen drei und zehn Jahren hatte, die ihn berührt haben und die er nicht missen möchte. „Jeder Tag in diesem Freiwilligen Sozialen Jahr war cool. Mir hat tatsächlich alles Spaß gemacht. Wenn ich abends im Bett lag, hab ich immer gedacht: ‚Ich habe heute wieder etwas Gutes gemacht und das ist richtig so.‘“
Wenn die Kinder wie eine Traube an ihm hängen, ihn frenetisch begrüßen oder nicht mehr gehen lassen wollen, dann ist für jeden ersichtlich, dass diese Freude auf Gegenseitigkeit beruht. In diesem besonderen Jahr ist natürlich eine enge Bindung und ein Vertrauensverhältnis zwischen den betreuten Kindern und dem 20-jährigen FSJler entstanden.
Ein Dienst an Menschen im sozialen Bereich
FSJ steht für Freiwilliges Soziales Jahr. Es ist ein soziales Bildungsjahr, das jungen Menschen die Möglichkeit gibt, sich in sozialen Einrichtungen zu engagieren und dabei wichtige Erfahrungen für ihr späteres Berufsleben zu sammeln. Von Altenhilfe, Kindergarten über Krankenhaus, Kultur und Technik - im FSJ ist für jeden etwas dabei.
Die möglichen Einsatzbereiche sind vielfältig. Das FSJ ist ein praktisches Bildungs- und Orientierungsangebot, das seit über 50 Jahren besteht. Es steht in der Regel jungen Menschen zwischen 16 und 27 Jahren offen, die die Vollzeitschulpflicht erfüllt haben und bietet die Möglichkeit, soziale Berufe kennenzulernen, praktische Erfahrungen zu sammeln, persönliche Fähigkeiten zu entwickeln und sich beruflich zu orientieren. Es kann auch als Vorpraktikum für ein Studium oder eine Ausbildung angerechnet werden.
Der Verein suchte Unterstützung und wollte Jugendliche fördern
„Wir vom TSV haben schon 2017 den ersten Antrag beim Landessportverband Baden-Württemberg eingereicht“, erklärt Michael Zipf, Vorstandmitglied im Verein. „Wir wollten soziales Engagement von Jugendlichen fördern und suchten Unterstützung im Sportbereich, sowie im Kindergarten und in der Schule“, so Zipf weiter. „Die Resonanz auf Noah war von Anfang an super, es gab und gibt durchweg nur positive Rückmeldung. Die Lehrerinnen und Erzieher haben ihn und uns von Anfang an in ihre Arbeit eingebunden. Sie alle stellen Noah ein super Zeugnis aus, er ‚könne sehr gut mit Kindern umgehen und ihnen Sport und Bewegung und soziale Kompetenzen näherbringen‘. Das freut uns natürlich ungemein – da hatten wir den richtigen Riecher“, freut sich auch seine Betreuerin Nicole Dübener von der TSV-Geschäftsstelle.
Viele Jugendliche wissen nicht, was sie nach der Schule machen sollen– ein FSJ kann da eine sinnvolle Überbrückung sein und eine Struktur geben. Auch für Noah Menger war die Zusage des Vereins eine Art „Rettung“. „Ich war auf dem Wirtschaftsgymnasium und bin wegen eines Punktes am Abschluss gescheitert - das war hart.“ Zum Glück hatte er sich schon gegen Ende der Schulzeit bei verschiedenen Einrichtungen beworben und seinen Platz beim Turn- und Sportverein Oftersheim schon in der Tasche, als das Abi verrutschte.
Um so mehr ließ er sich dann ganz und gar auf seine Aufgabe ein: Er bekam eine Art Stundenplan, auf dem seine Einsatzzeiten notiert sind. Sehr regelmäßig geht er in den Kindergarten Fohlenweide und macht dort unter anderem Pfiff-Bewegungsspiele. Für dieses Sportkonzept zur Förderung der Selbstregulation von Kindern im Kindergarten- und Grundschulalter hat er im vergangenen Jahr eigens ein Zertifikat gemacht.
Noah konnte auch eigene Ideen einbringen
„Ich habe mir auch selbst ein Bewegungsspiel ausgedacht, das heißt Bratkartoffel und dabei flitzen die Kinder aus der Pfanne zum Koch“, erzählt Noah mit leuchtenden Augen. Man spürt, dass ihm die Arbeit mit Kindern Spaß macht. Auch beim Kinderturnen des TSV ist er dabei, er baut mit auf und ab und gibt den Kindern Hilfestellung. Und das nicht nur in sportlicher Hinsicht. Auch im schulischen Bereich „bin ich so etwas wie ein ‚Hilfslehrer‘“.
Er bleibt in der Klasse, wenn die eine Lehrerin kurz den Raum verlassen muss oder ein Kind Probleme bei einer Aufgabe hat. Im Sportunterricht oder beim Schwimmen ist er ebenfalls dabei. Er betreut auch die Ballsport-AG und die Basketball-AG an der Friedrich-Ebert-Schule. „Die Kinder haben allerdings meistens mehr Lust auf Fußball oder Hockey - dann habe ich dann auch gerne Rücksicht darauf genommen und diese Spiele angeboten“, sagt er.
Während des schulischen Unterrichts geht er durch alle Klassen und bietet die „Schlaupause“ an. „Da komme ich für etwa 5 Minuten in den Raum und mache mit den Kindern kurze Spiele wie Feuer-Wasser-Sturm, Menschen-Memory oder Ecken-Rechnen.“ Gebraucht wird er überall. Von Seiten des TSV wird er ebenfalls bei den Handballern der HG Oftersheim-Schwetzingen eingesetzt. Dort betreut er auch ältere Kinder, ebenso im Bereich Leichtathletik. „Ich bin immer für die Kinder da - nicht als Lehrer, nichts als Trainer, sondern eher als großer Kumpel“, grinst er und man merkt, dass es ihm Spaß macht, gebraucht zu werden. Bei einem Seminar in der Sportschule Schöneck hat er daher nun auch seine Trainerlizenz C für den Breitensport gemacht.
BSB-Zukunftspreis mit seiner Unterstützung gewonnen
Dass er engagiert ist, zeigt sich auch im Gewinn des BSB-Zukunftspreises. Dem Badischen Sportbund hat er ein Interview darüber gegeben, wie er die Pfiff-Bewegungsspiele in Kindergarten und Schule integriert und das Video sorgte dafür, dass der Verein im Juni ausgezeichnet wurde (wir berichteten). „Noah Menger, der sein freiwilliges soziales Jahr noch bis Mitte August beim TSV absolviert, war maßgeblich an der praktischen Umsetzung des Programms ‚HG-Chancenplus‘ beteiligt“, hieß es da in der Pressmeldung vom Verein.
Und wie geht es nach August weiter mit Noah? „Ich habe mich bei der Polizei beworben und aller Voraussicht nach werde ich im Herbst in Mainz ein duales Studium zum gehobenen Dienst antreten.“ Dual oder an einer Fachhochschule zu studieren kann er jetzt, dank FSJ hat er nun die Fachhochschulreife. Wie wird er wohl auf seine Zeit als FSJler zurückschauen? „Ich kann es nur empfehlen, ich hatte jedenfalls eine supergute Zeit. Das Jahr hat mit gut getan und ich konnte in Ruhe Pläne schmieden, wie es danach weitergeht.“
Der TSV wird ihn jedenfalls, ebenso wie die Kinder, die Eltern, Erzieher und Lehrerinnen, vermissen. Michael Zipf vom TSV bedauert sein Ausscheiden. „Wir hätten ihn gerne weiter bei uns als Übungsleiter eingesetzt. Aber wir werden sehen, ob sich neben seinem Studium eine Möglichkeit ergibt“, hofft er.
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