Leseranfrage - Martin Jost will von den Bürgermeisterkandidaten wissen, ob die Freiherr-vom-Stein-Straße verkehrsberuhigt wird / Ärger um Verwüstung im Gemeindepark

Wo können die Jugendlichen in Oftersheim hin - Bürgermeisterkandidaten antworten

Von 
Janina Hardung
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Wie könnte eine Verkehrsberuhigung am Gemeindepark aussehen? Eine Möglichkeit wäre ein sogenanntes Berliner Kissen – wie beispielsweise in Hockenheim. © Seidel

Oftersheim. Unser Leser Martin Jost wohnt am Gemeindepark. Dort stört ihn unter anderem die Verkehrsführung und auch den Umgang mit den Jugendlichen, die seiner Ansicht nach oft abends im Park aufhalten – und diesen auch verunstalten. Er hat an die Bürgermeisterkandidaten einige Fragen geschickt, die Bürgermeister Jens Geiß und Pascal Seidel beantwortet haben.

Martin Jost schreibt: „Ein Teilstück der Gerhard-Hauptmann-Straße entlang der Roland-Seidel-Halle (frühere Kurpfalzhalle) und dem Festplatz wird in einen verkehrsberuhigten Bereich umgewandelt. Warum kann dieses Konzept nicht für den Bereich der Freiherr-vom-Stein-Straße entlang des Gemeindeparkes, der Roland-Seidel-Halle und dem Spielplatz von der Eichendorff- bis zur Hauptmann-Straße übernommen werden?“ Durch eine Einebnung des Bereiches und der Ausweisung gekennzeichneter Parkplätze – links und rechts im Wechsel Anwohnerparkplätze falls rechtlich möglich – könne der Bereich erheblich verkehrsberuhigt werden.

„Als Anwohner kann man oft beobachten, wie ,zügig’ dort Autos entlangfahren, obwohl der Park gerade tagsüber durch die Grundschule, verschiedene Kindergärten und sonstige Kinder als Spiel- oder Sportstätte genutzt wird. Weiterhin gehen dort die Kinder oft in Richtung der Roland-Seidel-Halle – ob von der Schule aus oder eben nach der Schule zum Sport oder auf den dortigen Spielplatz. Was rechtfertigt also die Verkehrsberuhigung im Abschnitt der Gerhard-Hauptmann-Straße, was nicht auch die verkehrsberuhigung im Bereich der oben genannte Zone der Freiherr-vom-Stein-Straße rechtfertigt?“, fragt er.

Bürgermeisterkandidat Pascal Seidel kenne die Gründe, warum das Teilstück der Gerhart-Hauptmann-Straße zwischen Freiherr-vom-Stein-Straße und Hinter den Ortsgärten im Nachgang einer Kanalbaumaßnahme zu einem verkehrsberuhigten Bereich umgewandelt wurde, nicht. Er erklärt aber: „Grundsätzlich gelten für die Einrichtung von verkehrsberuhigten Bereichen rechtliche Vorgaben nach der Straßenverkehrsordnung (StVO): In einem Verkehrsberuhigten Bereich muss die Aufenthaltsfunktion überwiegen. Das bedeutet, dass diese nur in Straßen mit hohem Fußgängerverkehrsanteil eingerichtet werden dürfen. Sie sollen so gestaltet sein, dass sofort klar ist, dass diese Straße nicht für Fahrzeuge gebaut wurde. Die bauliche Gestaltung eines verkehrsberuhigten Bereichs wirkt sich demnach direkt auf das Geschwindigkeitsniveau aus.“

Im Gemeindeentwicklungskonzept ist die Freiherr-von-Stein-Straße gelb markiert. Hier könnte es bald verkehrsberuhigt werden. © Gemeinde

In Oftersheim gelte in nahezu allen Wohnstraßen Tempo 30, was aus der Sicht des Bürgermeisterkandidaten grundsätzlich eine angemessene Geschwindigkeit in diesen Bereichen darstellt. Bei der Einrichtung von verkehrsberuhigten Bereichen müsse vor allem die gewünschte Aufenthaltsfunktion berücksichtigt werden. Diese ist aus seiner Sicht im Bereich um die Roland-Seidel-Halle nicht gegeben, da direkt angrenzend mit dem Festplatz neben der Roland-Seidel-Halle und dem Gemeindepark Flächen zum Aufenthalt zur Verfügung stehen und die Straßen rund um die Halle eine entsprechende Erschließungsfunktion haben.

Verunreinigungen zur Nachtzeit

Nichtsdestotrotz könne mit anderen sinnvollen Maßnahmen – wie zum Beispiel mittels „Aufpflasterungen“ oder so genannten „Berliner Kissen“ – zur Verkehrsberuhigung beziehungsweise Einhaltung der zulässigen Geschwindigkeit beigetragen werden, wenn nachweislich zu schnell gefahren wird. In anderen Kommunen, zum Beispiel in Hockenheim in der Unteren Mühlstraße, seien „Berliner Kissen“ in Tempo-30-Zonen bereits in der Praxis erprobt. „Die Ausweisung eines verkehrsberuhigten Bereichs kann ich mir sehr gut im Rahmen der Umgestaltung der Ortsmitte – Teilbereiche der Mannheimer Straße, Eichendorffstraße, Mozartstraße und Bismarckstraße – vorstellen. Dieser Bereich könnte künftig zum Verweilen in einer lebendigen Ortsmitte, vielleicht sogar mit einem dort freitags stattfindenden Wochenmarkt, einladen“, schreibt Seidel.

Jens Geiß teilt die Gedanken unseres Lesers – und verweist auf die Planung des Sanierungsgebietes „Ortsmitte Oftersheim II“. „Während die Aufwertung der Freiherr-vom-Stein-Straße in dem von Ihnen genannten Bereich im Gemeindeentwicklungskonzept, das dem Gemeinderat im März 2021 vorgestellt wurde, noch nicht enthalten war, habe ich im weiteren Verlauf der Planungen den Hinweis eingebracht, dass wir die von Ihnen genannten Ziele der Verkehrsordnung in diesem Bereich durch die Einrichtung eines verkehrsberuhigten Bereiches – landläufig unter dem Begriff ,Spielstraße‘ bekannt – erreichen können“, schreibt Bürgermeister Geiß. Da sich die Verwaltung bei der Erneuerung des Straßenbelages auch den Untergrund – sprich Zustand des in der Straße liegenden Kanals und der Versorgungsleitungen – anschauen und der Straßenaufbau einer gemeinsam genutzten Verkehrsfläche komplett zu erneuern ist, sei dies allerdings eine Maßnahme, die einer gewissen Vorplanung und auch der Zurverfügungstellung von Haushaltsmitteln bedarf. Eine Umsetzung könne somit frühestens im kommenden Jahr erfolgen.

Ein weiteres Problem sieht Leser Jost im Vandalismus, Saufgelage und der Verunreinigung des Gemeindeparks und der Grundschule durch Jugendliche oder junge Erwachsene zur Nachtzeit – im Zusammenhang mit mobiler Jugendarbeit. In vielen Gemeinden und Städten bestehe die Problematik, dass den Jugendlichen oder jungen Erwachsenen Rückzugsräume fehlen, wo sie sich aufhalten können und unter sich sind.

Jugendliche treffen sich im Gemeindepark gerne auch nachts – und hinterlassen anschließend sehr viel Müll. Das ärgert unseren Leser Martin Jost. © Jost

„Jugendhäuser sind dazu nur bedingt geeignet, da dort oftmals klare Regeln bestehen oder diese zu den Zeitpunkten des Zusammentreffens bereits geschlossen sind. Auch Oftersheim hat diese Problematik – oftmals kommen Jugendliche im Bereich der Grundschule, den Sitzbänken angrenzend an den Park oder eben im Park selbst zusammen – zumeist in der Nachtzeit. Dort wird dann meist lautstark Alkohol konsumiert, gegrölt, gestritten, oftmals auch randaliert. Es kommt neben Verschmutzungen durch ,Wildpinkeln‘ und dem Hinterlassen sämtlichen Mülls auch immer wieder zu Sachbeschädigungen“, listet Jost die verschiedenen Probleme auf.

Ein Konzept durch die Gemeinde sei nicht zu erkennen – oft wird hier auf die Polizei verwiesen. Diese habe jedoch im Bereich des Polizeireviers Schwetzingen in jeder zugehörigen Gemeinde solche „Brennpunkte“, die bedient werden müssen. Er fragt die Bürgermeisterkandidaten: „Wie stehen Sie zu mobiler Jugendarbeit? Gibt es von Ihrer Seite aus einen Lösungsansatz? Was unternimmt die Gemeinde, um solchen Ordnungsstörungen zukünftig zu begegnen?“ Pascal Seidel verweist darauf, dass „wir nicht vergessen dürfen, dass wir im Fall von wirklich sinnlosem Vandalismus und Verunreinigungen insgesamt – wie so oft – von einem kleinen Teil sprechen, die aber in der öffentlichen Wahrnehmung ein großes Echo nach sich ziehen.“

Erstkontakt vor Ort suchen

Seidel habe zu dieser Thematik eine ganz klare Haltung: „Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene dürfen, sollen – ja – müssen sich im öffentlichen Raum aufhalten. Aber: Die jungen Menschen müssen auch darauf hingewiesen werden (dürfen), dass die eigene Freiheit dort endet, wo andere Menschen über das zumutbare Maß negativ beeinträchtigt werden. Dies ist bei Vandalismus, Schmierereien und auch unzumutbarem Lärm der Fall. Hier kann die mobile Jugendarbeit ansetzen, wie sie beispielsweise schon in Schwetzingen praktiziert wird. Hier treten die Mitarbeitenden der mobilen Jugendarbeit aktiv und präventiv mit den jungen Menschen vor Ort niederschwellig in Kontakt.“

Dieser Erstkontakt führe dazu, dass es eine Kommunikation „auf Augenhöhe“ gibt und die jungen Menschen auch in aller Regel einsichtig sind. In den Fällen, in denen es nicht klappt, kann und muss es dann aber auch gewährleistet sein, dass die Gemeinde die selbst auferlegten Regelungen auch durchsetzt. Dies könne gegebenenfalls durch eine Ausweitung der Einsatzzeiten des Gemeindevollzugsdienstes und verstärkte Kontrollen in den Abend- und Nachtstunden durch die Polizei erfolgen, wohlwissend, dass das zuständige Revier in Schwetzingen für insgesamt vier Kommunen zuständig ist.

Wichtig seien ihm drei Punkte: „Mit den jungen Menschen ins Gespräch kommen – Mangelt es an Treffpunkten? Wenn ja, wo wäre ein geeigneter Platz? Hinweis auf die Wirkung auf die Umgebung durch Einzelne. Einrichtung einer mobilen Jugendarbeit, gegebenenfalls interkommunal (wie es schon durch die mobile Jugendarbeit der Stadt Schwetzingen angeregt, aber nicht weiterverfolgt wurde), da die betroffenen jungen Menschen sich erfahrungsgemäß in den jeweiligen Nachbarkommunen aufhalten. Regelmäßiger Austausch mit dem für Oftersheim zuständigen Polizeirevier, um gemeinsam frühzeitig aufkommende Probleme anzugehen.

Bürgermeister Jens Geiß ist der Meinung: Mobile Jugendarbeit ist ein zeitgemäßes Mittel, um Jugendlichen am Ort des Geschehens zu begegnen. „Ich begrüße dies ausdrücklich, da sich in der Vergangenheit gezeigt hat, dass Jugendliche sich nicht immer auf den gleichen Plätzen aufhalten. Die Gemeinde hat im vergangenen Jahr mit eigenem sozialpädagogisch gebildetem Personal einen Testlauf mobiler Jugendarbeit unternommen. Dieser war erfolgreich und wird auch in diesem Jahr fortgesetzt. Allerdings gilt auch festzuhalten, dass mobile Jugendarbeit nicht alle Probleme löst. Mobile Jugendarbeit beruht immer auf dem Ansatz der Freiwilligkeit. Ordnungsmaßnahmen können immer nur durch Ordnungskräfte erfolgen“, schreibt er.

Die Beibehaltung und im Bedarfsfall auch Ausweitung der mobilen Jugendarbeit nach der erfolgreichen Testphase halte er für einen geeigneten Baustein im Gesamtgefüge der Angebote an die Jugendlichen. „Aber auch hier müssen wir uns der Realität stellen, dass es immer wieder Zeiten geben wird, an denen die Teams der mobilen Jugendarbeit nicht da sind und im Falle eines Falles die Ordnungskräfte zum Einsatz kommen müssen“, sagt Bürgermeister Geiß klar.

Ordnungsamt wird verstärkt

Das Team des Gemeindevollzugsdienstes wird ab Freitag, 1. April, durch eine weitere Kraft verstärkt. „Somit ergeben sich auch wieder mehr Möglichkeiten, in den Abendstunden, in denen aus Sicherheitsgründen zwingend zwei Personen zusammen unterwegs sein müssen, zu patrouillieren.

Außerdem steht unser Ordnungsamt im regelmäßigen Austausch mit dem Polizeirevier Schwetzingen, das im Rahmen der Streifen auch immer mit uns abgestimmte Punkte auf unserem Gemeindegebiet bestreift. Vom Revier Schwetzingen haben wir zudem die Zusage, dass die Streifen auch zu anderen Zeiten bei Verfügbarkeit zur Stelle sind, wenn sie benachrichtigt werden. Folge können entsprechende Platzverweise sein, im Wiederholungsfall wurden im vergangenen Jahr auch bereits Verwarnungsgelder verhängt.“

Zusammenfassend sagt Bürgermeister Geiß, er wolle nicht die „Law-and-Order“-Schiene fahren, sondern ist der Meinung, dass die Jugendlichen gerade in den vergangenen beiden Jahren erheblicher Teile ihrer Jugendzeit beraubt wurden und daher auch jung sein dürfen müssen. „Damit meine ich nicht, dass ich das Zurücklassen von Müll oder Beschädigungen sowie das wilde Urinieren goutiere“, sagt er abschließend.

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