Plankstadt. Es gibt Jubiläumsfeiern, da geht man hin, feiert, geht nach Hause und nimmt nichts mit. Und es gab die Feier zum 75. Bestehensjahr der Plankstadter Landfrauen, mit einem feinen, abwechslungsreichen Programm, dem die Festlichkeit nicht fehlte, die für Tränen vor Lachen sorgte. Was die rund sechs Stunden aber auch vermittelten, war ein Bild eines Vereins, dessen Vorständinnen und Mitglieder daran gelegen ist, die Gemeinschaft zu fördern, harmonisch diverse Lebensstationen der Frauen, gleich welchen Alters, zu begleiten und mit Aktionen zu feiern.
Dabei wurde das Fest aber auch allen gerecht, die den Verein einst ins Leben holten, ihn führten, ihn stetig an die sich ändernden Zeiten anpassten. Eine der wichtigsten Botschaften nahm wohl jeder für sich mit: Dieser Ortsverein ist Teil der größten Frauenbewegung Deutschlands in der Gemeinschaft Gleichgesinnter und doch individuell.
Das Plankstadter Leitmotto: „Mit uns Landfrauen gemeinsam statt einsam“ spricht für sich. Einst aus viel Leid der Nachkriegszeit entstanden, ist es der Mut der ersten Frauen und aller, die sich bis heute aktiv in den Landfrauenvereinen organisieren, die moderne, vielfältige, auch politische Inhalte, Fortbildungen und einen großen Anteil Gemeinschaft pflegen und stetig weiterentwickeln.
Vorsitzende der Plankstadter Landfrauen blickt auf die Anfänge zurück
Erste zaghafte Frauenorganisationen des 19. Jahrhunderts sprossen, die 1934 durch die NSDAP verboten wurden. Erneut keimte 1947 überaus erfolgreich diese heute sehr betriebsame Bewegung auf, als der Zweite Weltkrieg beendet war und das Land in Trümmern lag. „Wir wollen nicht betreut werden, wir wollen uns selbst etwas schaffen“ – mit diesem Zitat der Gründerin Marie-Luise von Leutrum zu Ertringen entführte die aktuelle Vorsitzende des Plankstadter Jubiläumsvereins Carmen Knauer ein Stück weit in diese längst vergangenen Tage.
Vieles hat sich geändert seither, vieles ist jedoch auch geblieben, wenn auch unter anderem Blick. Feldarbeit, Landbesitz, Haushalt, Kindererziehung, Krieg, Zerstörung, Tod, die Männer in Gefangenschaft – das alles prägte die Frauen, die ihre Höfe alleingelassen weiterführten, dafür sorgten, dass die Familien und der Besitz weiterexistierten. On top nahmen sie sich der Menschen an, die als Flüchtlinge ein noch ärmlicheres Schicksal erduldeten.
Ein Kampf gegen Not und Vereinsamung. Aus dieser Wurzel wuchsen die Landfrauenverbände, Kreisverbände und Ortsvereine, denen bis 1970 tatsächlich nur Bäuerinnen angehören durften. Heute, das unterstrich Carmen Knauer ebenso wie Birgit Rinklef, die Kreisvorsitzende der Landfrauen, sind alle Frauen willkommen, gleich welcher Nationalität, welchen Alters, welcher Religion und welcher Profession.
„Wir sind gemeinsam im Erhalt von Traditionen, Werten, Wissen und im Ziel, etwas bewegen zu wollen und können – für eine solidarische Gesellschaft, für uns als Frauen allgemein und jede einzeln“, resümierten die beiden Landfrauen, dass damit der Fokus zudem auf die Heimat gerichtet wird. Knauer dankte ihrem Vorstandsteam, den Landmännern, die helfend mit anpacken sowie zwei weiteren Frauen, die den Abend unvergesslich gemacht haben.
Die Geschichte der Landfrauen
Landfrauenverbände gab es seit 1947, der Ortsverein Plankstadt gründete sich 1950.
Mitglieder der ersten Stunde 1950 in Plankstadt waren: Berta Baust, Eva Hahn, Anna Helmling, Luise Kolb, Suanne Kolb, Guste Mack, Sannchen Mack, Dora Treiber, Elise Treiber, Guste Treiber, Liesel Treiber, Martha Treiber, Mina Treiber, Rosa Treiber, Liesel Schuhmacher, Lenchen Seßler.
Die erste Vorsitzende von 1947 bis 1970 war Lenchen Seßler, von 1970 bis 2004 Olga Wiegand und seit 2004 Carmen Knauer.
Zum einen Martina Ahnepohl für die musikalische Begleitung, die die Jahrzehnte umspannte, zum Mitsingen animierte, für Lockerheit mit viel Gefühl sorgte. Zum anderen der aus Speyer stammenden Jutta Hinderberger, die als ihr Alter Ego „Kättl Feierdaach“ pfiffig aus dem „Nähkästchen“ plauderte in Sachen Männer im Ruhestand. Wenn die dann daheim „Töne machen“, einfach überall sind, wo Frau sie nun nicht wirklich braucht in ihrem Reich, das sie jahrzehntelang allein managte.
„Kättl Feierdaach“ sorgt für richtig Stimmung bei den Gästen in Plankstadt
Köstliche Realitäten, mundartig und mit Charme verkündete „Feierdaach“, sodass manche Anwesende ihren eigenen Alltag wiedererkannte, gemessen am immensen Lachfaktor, den der Kurzauftritt auslöste – fein und gelungen. Die entspannte Geselligkeit im dezent dekorierten Welde-Eventraum fanden auch Bürgermeister Nils Drescher und Wolfgang Eichhorn als Vertreter der örtlichen Vereine gut, die beide wertschätzende, teils amüsant formulierte Worte für die Frauenpower vor Ort und allgemein fanden.
Während der Bürgermeister das „Feuer“, die Herzlichkeit und das Fördern des Zusammenhalts im Ort durch die Kontinuität der Einsätze der Landfrauen für das Gemeindewohl über Generationen hinweg würdigte, legte der IG-Vereine-Vorsitzende das Gewicht seiner Worte auf die gelebte Solidarität. Den Ort der Gemeinschaft, den die Landfrauen schnörkellos böten, wo sich Generationen von Frauen aufgenommen fühlten, skizzierte er in seinen Worten.
Was beide Redner einte, war der Dank für dieses 75 Jahre andauernde Engagement. Nils Drescher überreichte mit der finanziellen Jubiläumsgabe viele Herzdosen mit süßem Inhalt und einen guten prickelnden Tropfen für die nächste Vorstandssitzung. Präsente von 13 Vereinen hatte Eichhorn dabei, was die agilen Landfrauen sehr freute. Anerkennung für diesen Vereinszusammenhalt gab es von Birgit Rinklef der Kreisvorsitzenden: „Das ist ein tolles Zeichen einer funktionierenden Vereinsfamilie.“
Für Carmen Knauer und Karin Markert als Vorsitzende gab es schöne Dankesworte und Lob für die stete Unterstützung auf Kreisebene. Gespräche und Genuss erhielten Raum zwischen Reden und Darbietungen, machten das Erlebnis des Landfrauen-Jubiläums zu einer runden Sache mit Nachhall. Zweifelsfrei steht fest und ist durch den kurzweiligen Festakt bewiesen: „Ein Leben ohne Landfrauen ist möglich, aber langweilig“. Bleibt die Motivation mitzumachen und dann auch sagen zu können: „Ich bin Landfrau – Du auch?“.
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