Kampf gegen die Bahntrasse R6

Bürgerinitiative Plankstadt lässt vergangenes Jahr Revue passieren

Die „Bürgerinitiative Plankstadt und Bündnis ‚Pro Querspange‘“ (BiP) spricht über das vergangene Jahr im Kampf gegen die Bahntrasse R6, die aktuelle Situation und über „verheerende Folgen für über ein Jahrhundert“.

Von 
Marco Montalbano
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Plankstadt. Fast drei Jahren gibt es die „Bürgerinitiative Plankstadt und Bündnis ‚Pro Querspange‘“ (BiP) nun schon. Ins Leben gerufen vom Duo Alexandra Ulrich (kleines Bild rechts) und Caren Thönnessen-Knoglinger (unten), kämpft sie gegen die Bahntrassenvariante R6, die viele negative Auswirkungen mit sich bringen dürfte und befürwortet stattdessen die Umsetzung der „Querspangen“-Lösung, die Tunnelbau und teilweise Nutzung von Bestandsstrecken vorsieht. Die BiP setzt sich für die Bürger in Plankstadt, Eppelheim, Oftersheim und Heidelberg ein (wir berichteten mehrfach). Mit weiteren Gemeinden sei man im Gespräch, so die Initiatorinnen, die gemeinsam mit BiP-Mitglied Marcus Rist von dieser Zeitung interviewt wurden.

Welche BiP-Aktionen fanden Sie im vergangenen Jahr besonders gelungen, welche Aktionen weniger? Und hätte es mehr Beteiligung geben können? Wie war das Feedback bis jetzt und welches gab es auf menschlicher und politischer Ebene?

BiP: Mit der Gründung der Bürgerinitiative „Keine Bahntrasse R6“ können wir auf einige Erfolge zurückblicken – beispielsweise haben wir über 1300 Bürger mobilisiert, um eine Menschenkette gegen die Bahntrasse zu bilden. Diese war eine der größten Kundgebungen der Region und demonstrierte einmal mehr die große Bereitschaft der Bevölkerung, sich zu engagieren. Die Nutzung von sozialen Medien wie Instagram und Facebook haben sich als effektives Mittel erwiesen, um unsere Botschaft über alle Generationen hinweg weiterzugeben und das öffentliche Interesse zu fördern. Die Initiative begrüßt jede Form der Beteiligung, da mehr Unterstützer zusätzlichen Schwung bringen und den Widerstand gegen das Vorhaben der Deutschen Bahn stärken können. Der Austausch mit lokalen politischen Entscheidungsträgern verlief positiv und das Feedback aus der Bevölkerung war durchweg ermutigend. Viele Bürger äußern ihre Besorgnis über die geplante Bahntrasse. Das Thema bewegt die Menschen und sollte deshalb ernst genommen werden.

Ist bekannt, wann genau sich die Bahn für eine der Varianten entscheiden dürfte? Was ist geplant, sollte beispielsweise die Trassenvariante R6 angekündigt werden? Welche Möglichkeiten der Verhinderung gibt es vonseiten der Bürger und der Politik? Wird schon genug getan, oder könnte noch mehr passieren?

BiP: Die bevorstehende Entscheidung über die Antragsvariante für das Bahnprojekt Mannheim-Karlsruhe hängt maßgeblich von der geplanten Zugzahlenprognose für 2040 ab, die im Kontext des Deutschlandtakts von Gutachterbüros des Bundes erarbeitet werden. Diese Prognose wurde in den im Oktober vorgestellten Ergebnissen noch nicht berücksichtigt und wird derzeit weiterbearbeitet. Eine Vorstellung der Antragsvariante wird voraussichtlich erst nach Berücksichtigung dieser Prognose möglich sein. Wir gehen davon aus, dass die Antragsvariante Ende des vierten Quartals 2025 oder Anfang des ersten Quartals 2026 vorgestellt wird. Bezüglich der geplanten Maßnahmen sollte die Bürgerinitiative darauf vorbereitet sein, umgehend zu reagieren, falls die Trassenvariante R6 angekündigt wird. Die Hebel, diese Trasse zu verhindern, liegen sowohl im rechtlichen als auch im politischen Bereich. Es bedarf weiterhin energischer Protestaktionen und öffentlicher Mobilisierungen seitens der Bürger. Auf politischer Ebene müssen wir die Entscheidungsträger weiterhin für die Interessen unserer Region sensibilisieren und eng mit diesen zusammenarbeiten, um unsere Anliegen effektiv zu vertreten. Es ist wichtig, dass wir aktiv bleiben und gegebenenfalls zusätzliche Maßnahmen ergreifen, um unsere Ziele zu erreichen.

Die BiP hat am 13. Dialogforum Mitte September teilgenommen, das als Exkursion zu den Schallschutzwänden und der Tunnelbaustelle Rastatt stattfand. Was konnten Sie mit zurück nach Plankstadt nehmen?

BiP: Das 13. Dialogforum fand als Teil einer Exkursion zu der Tunnelbaustelle in Rastatt statt. Außerdem wurden die Schallschutzwände in Rastatt-Niederbühl begutachtet. Auch die Bürgerinitiative war vor Ort. Schwerpunkt der Exkursion war die Inspizierung des Tunnels. Darüber hinaus wurden Möglichkeiten des Lärmschutzes geprüft. Das gezeigte Lärmschutzportfolio der DB, wie der aktive (bahnseitige) Schallschutz mit bis zu 6,5 Metern (ab Schienenoberkante) aus unterschiedlichen Materialien wie zum Beispiel Aluminium oder Beton, war aus unserer Sicht besorgniserregend. Die physische Zerschneidung und Einkesselung zwischen Plankstadt und Eppelheim würde durchsolche 6,5 Meter hohe Schallschutzwände (falls erforderlich) ab Oberkante angrenzendes Gelände sogar bis zu acht Meter über dem Grund reichen und eine optische Zerschneidung und Einkesselung mit sich bringen. An dieser Stelle sei erwähnt, dass die maximale Höhe der Berliner Mauer 4,25 Meter betrug. Darüber würde die geplante Brücke über die Bundesstraße B 535 mit einer Rampe bis ungefähr einem Kilometer Länge und bei Bedarf mit zusätzlichem Schallschutz zu einem Monsterbauwerk der Zerschneidung und Einkesselung der Gemeinden werden. Die geplante Trasse wird dadurch entsprechend über ein Jahrhundert lang absolut verheerende Folgen für unsere Region haben.

Welches Fazit ziehen Sie zum mittlerweile 14. Dialogforum, das Mitte November stattfand?

BiP: Das Dialogforum fand diesmal online statt und die BiP hat daran teilgenommen. Die Deutsche Bahn versucht, mit dem Dialogforum Rechtssicherheit zu demonstrieren. Hier müssen wir jedoch energisch widersprechen. Die Antragsvariante wird in einem teilweise nicht transparenten Verfahren gesucht. Da hilft auch die Veröffentlichung eines bunten und freundlichen Erklärfilms „Neubau- und Ausbaustrecke Mannheim Karlsruhe – Unser Weg zur Antragsvariante“ nicht viel. Die BI „Lachwald” machte unter anderem auf das Schutzgebiet Natura 2000 zwischen Bruchsal und Karlsruhe entlang der Autobahn A 5 mit 100 Hektar Wald aufmerksam. Das Schutzgebiet würde der Trasse zum Opfer fallen. An dieser Stelle möchten wir noch auf die Untersuchungen im Raum Mannheim eingehen. Bei der M3 ergibt sich ein Konfliktpunkt mit dem Mannheimer Fahrlachtunnel. Die Deutsche Bahn stellte eine extern in Auftrag gegebene Machbarkeitsstudie zur möglichen Tieferlegung oder Verlagerung des Fahrlachtunnels vor. Eine Lösung wäre ein Bahn-/Straßentunnel mit einem voraussichtlichen zeitlichen Bauaufwand von acht Jahren. Für die Bauzeit mit Ausfall des Fahrlachtunnels wäre aus unserer Sicht mit erheblichen Einschränkungen im Innenstadtbereich, zum Beispiel Verkehrsbeeinträchtigungen, zu rechnen. Eine weitere Option wäre die Verlagerung des Fahrlachtunnels. Die aufgezeigten Optionen wären mit höheren Baukosten und größeren Beeinträchtigungen verbunden. Bei M3 wäre eine Vollanbindung des Rangierbahnhofs möglich. Die Deutsche Bahn wird nun eine genauere Betrachtung der M2-Variante – ohne Vollanbindung des Rangierbahnhofs – vornehmen und die beiden Varianten M2 und M3 werden nun mit gleicher Intensität weiterverfolgt. Wir sehen es nicht als Nachteil, wenn bei der M2 keine volle Anbindung des Mannheimer Rangierbahnhofs erfolgt, da der Transitverkehr auf der Strecke durch Mannheim bis zu 60 Prozent sein wird. Aus unserer Sicht war die Wortmeldung zu unserer Region von Plankstadts Bürgermeister Nils Drescher von Bedeutung: „Zu bedenken bitte ich nachdrücklich, dass Flächen bewusst nicht planerisch in Anspruch genommen wurden, um ein städtebauliches Zusammenwachsen von Mannheim und Heidelberg über die Achse Schwetzingen-Plankstadt-Eppelheim zu verhindern. Es gab, wie Ihnen bekannt ist, bereits konkretere Pläne zur Bebauung, die auf Ebene des Flächennutzungsplans zurückgenommen wurden. Gründe für die Rücknahme sind die Zerschneidung der Landschaft, die Einkesselung von Eppelheim und Plankstadt sowie die Freihaltung des letzten größeren regionalen Landschaftszuges.” Wie kann es nun sein, dass die Bahn jetzt das letzte verbleibende Erholungsgebiet und unsere Landwirtschaft zerstören darf?

Gab es zwischenzeitlich von der Bahn neue Reaktionen auf den Querspangen-Vorschlag und welche Aktionen planen Sie selbst?

BiP: Nein, seitens der Deutschen Bahn gab es keine Reaktionen. Über die anstehenden Aktionen in diesem Jahr werden wir zeitnah berichten.

Welche Vermutungen und Wünsche hat die BiP für 2025 hinsichtlich des Projekts und des Verhaltens der Bahn? Und wie ist die Stimmung in der Bürgerinitiative? Wut? Hoffnung? Resignation? Kampfbereitschaft? Zuversicht?

BiP: Unser Wunsch wäre es, mit Vertretern der Deutschen Bahn auf Augenhöhe sprechen zu können. Bis jetzt war dies nicht der Fall, obwohl wir einen Experten wie Professor Dr. Eberhard Hohnecker zu Terminen bei der Deutschen Bahn dabei hatten. Gefühlt kommt man sich eher wie ein lästiger und nervender Gesprächspartner vor. Wir werden weiterhin für die Interessen der kommenden Generationen kämpfen. Wir müssen jetzt für eine bessere Zukunft handeln.

Welche Punkte wären der BiP noch besonders wichtig, die nicht von den vorherigen Themen abgedeckt werden und was möchte die Initiative der Öffentlichkeit mitteilen?

BiP: Wichtig ist: Wir sind keine Bürgerinitiative, die alles von vornherein ablehnt. Daher haben wir ein externes Expertenteam zusammengestellt, um eine alternative und gerechte Trassenvariante zu finden. Die vorgestellte Trassenvariante wurde unserer Ansicht nach vorab schon von der Deutschen Bahn ablehnt. Die Deutsche Bahn wollte von Anfang an jede Diskussion über alternative Varianten im Keim ersticken. So wurde beispielsweise an der Bundesstraße B 9 ein Natura-2000- Gebiet tangiert. Man hätte die Trasse auch auf die andere Straßenseite legen können. Auch entlang der Autobahn A 5 kommt nun heraus, dass ein Natura-2000-Gebiet zerstört wird. Hier wird von der Deutschen Bahn mit zweierlei Maß gemessen. Wir werden uns auch dieses Jahr weiter für die Interessen der Region einsetzen. Bilder: privat

Freier Autor Freier Journalist. Davor Pressereferent. Studium der Politikwissenschaft.

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