Plankstadt. Kantersieg, erdrutschartiges Ergebnis oder Überraschung - es waren fast immer dieselben Worte, mit denen die Besucher im katholischen Pfarrheim am gestrigen Abend auf den Wahlausgang reagierten: Dass Nils Drescher die Wahl gewinnen könne, davon waren schon im Vorfeld der gestrigen Bürgermeisterwahl viele Plankstädter überzeugt, dass er sie gleich im ersten Wahlgang gewinnen würde und noch dazu so deutlich - mit 62 zu 32 Prozent - damit hatte wohl niemand gerechnet.
Kurz nach 18 Uhr war kaum ein Durchkommen mehr hinein ins Pfarrheim, dich an dicht saßen oder standen die Menschen und verfolgten atemlos die Präsentation des Wahlergebnisses. Und immer wieder brandete tosender Beifall auf. Es war stets das gleiche Bild: Wurde ein Wahlbezirk aufgerufen, schnellte der Balken von Drescher über die 60 Prozent-Marke, der von Schmitt pendelte um die 30 Prozent. Nur in drei Wahlbezirken lag Drescher unter 60 Prozent, aber mit über 50 Prozent noch immer deutlich vorne. Mit anderen Worten, quer durch die Gemeinde war der Wechsel gewollt worden und wurde er mit aller Deutlichkeit vollzogen.
Geringe Wahlbeteiligung als Grund
Bürgermeister Jürgen Schmitt, sichtlich geschockt von dem Ergebnis, konnte es kaum glauben. Es spiegle in keiner Weise die Erfahrungen wider, die er bei seinen Hausbesuchen gemacht habe. 70 bis 75 Prozent Zufriedenheit mit ihm und seinen Positionen habe er dabei erfahren, betonte er im Gespräch mit unserer Zeitung. "Doch die Leute müssen auch wählen gehen", führte er den Grund an, der ihn seiner Meinung nach das Amt gekostet habe.
Die Wahlbeteiligung lag mit 57 Prozent durchaus niedrig, bedenkt man, dass fünf Kandidaten antraten, davon zwei sehr aussichtsreiche, nämlich Drescher und Schmitt. Daraus zog Schmitt dann den Schluss, dass seine Befürworter nicht alle zur Wahl gegangen seien.
Dennoch, Schmitt zeigte sich als fairer Verlierer: "Die Wahl ist eindeutig, Gratulation an Nils Drescher. Anscheinend wollen die Bürger jemanden aus Plankstadt und einen Neuanfang. Wer sich in einer Demokratie zur Wahl stellt, muss die Wahl auch akzeptieren."
Schmitt betonte dann nochmals, er habe in den vergangenen acht Jahren einen guten Job gemacht, die Verwaltung sei gut aufgestellt, die Finanzen geordnet. "Es gibt ein gutes Fundament, auf dem man aufbauen kann." Er selbst freue sich nun, "der jüngste Pensionär und Altbürgermeister von Plankstadt zu sein".
Ein Opfer der Dissonanzen im Rat?
Der scheidende Amtsinhaber ging sogar noch weiter: Das Ergebnis sei keine Aussage über das, was er die vergangenen Jahre geleistet habe: "Es ist eher Ausdruck der Dissonanzen im Gemeinderat, die man mir angelastet hat. Obwohl es bei den Vorgängern genauso war, eher noch schlimmer. Das ist draußen bei den Bürgern angekommen, vermute ich. Ich bin mit mir im Reinen, ich habe eine gute Arbeit gemacht. Ich hinterlasse ein sehr gut bestelltes Haus."
"Bin unglaublich stolz"
Nicht minder überrascht von dem Ergebnis zeigte sich Wahlsieger Nils Drescher. "Natürlich", so bekannte er, "das Ergebnis macht mich sehr glücklich". Glücklich in erster Linie über das Vertrauen, dass ihm die Wähler ausgesprochen haben. "Auf diesem Vertrauen will ich aufbauen, mein Programm umsetzen. Und ich strebe in allen Themen eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Gemeinderat an."
Mit dem Ergebnis hätten ihm die Wähler gezeigt, dass sie ähnlich denken wie er, betonte Drescher, der sich übermäßig freut, nun Bürgermeister seiner Heimatgemeinde zu sein. "Schon als Kind war es mein Ziel, hier Bürgermeister zu werden und es nun zu sein, macht mich unglaublich stolz, noch dazu in einer wundervollen Gemeinde wie Plankstadt."
Natürlich gab es von allen Seiten Glückwünsche für den neuen Bürgermeister, aber auch Worte des Mitfühlens für den unterlegenen Amtsinhaber. Klaus Bosike und Frank Krieger, die beiden anderen Kandidaten, sprachen übereinstimmend von einem fairen Wahlkampf, wie ihn auch Drescher empfunden hat. Der fünfte im Bunde, Michael König von den Nein-Sagern, der auf 0,4 Prozent der Stimmen kam, war erst gar nicht angereist, er wäre nur im Falle eines Sieges gekommen und dann auch nur, um die Wahl abzulehnen, wie von ihm zu hören war.
Klaus Bosike, 3,9 Prozent, und Frank Krieger, 1,7 Prozent, hatten mit dem Ausgang der Wahl nichts zu tun. Bosike sprach von einer "lustigen Geschichte", womit er wohl das Gesamtergebnis meinte, und eilte davon, um dem Wahlsieger zu gratulieren: "Er ist genau der Richtige für das Amt, das passt - und ein guter Mensch ist er obendrein."
"Man wird demütig"
Das Empfinden der zahlreichen Bürgermeister und Oberbürgermeister aus der Region, die nach Plankstadt gekommen waren, brachte Brühls Oberhaupt, Dr. Ralf Göck, am besten auf den Punkt: "Man wird demütig", stellte er fest und bezeichnete es als nicht selbstverständlich, auch wieder gewählt zu werden. Er selbst, der mit dem Thema Geothermie einen großen Brocken vor sich hatte, übt sich angesichts seiner Wiederwahl von vor zwei Jahren in Demut.
Auch Schwetzingens Oberbürgermeister Dr. René Pöltl empfand mit seinem unterlegenen Kollegen und gratulierte Nils Drescher zum Wahlsieg. Und noch während Pöltl im Gespräch mit unserer Zeitung ist, klingelt sein Handy. Kurze Entschuldigung, und schon hat der OB das Gerät am Ohr, ruft nach Nils Drescher und reichte es ihm weiter: Sein Chef sei dran, wolle wissen, ob schon ein Ergebnis bekannt sei. Und, hält Pöltl fest, Landrat Stefan Dallinger - er ist noch Chef von Kreisverwaltungsdirektor Nils Drescher - sei über den Ausgang der Bürgermeisterwahl gleichermaßen überrascht gewesen.
Stimmen zur Wahl
Gemeinderat Prof. Dr. Dr. Ulrich Mende (SPD-Fraktionssprecher): Ich bin sehr froh. Die Plankstadter Bürger haben entschieden und auf das Ergebnis bin ich stolz. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit dem neuen Bürgermeister. Ich habe eigentlich mit einem zweiten Wahlgang gerechnet. Aber die Aussagen sind eindeutig. Ich denke, das ist die beste Lösung für Plankstadt.
Gemeinderätin Jutta Schuster (CDU-Fraktionssprecherin): Über das klare Ergebnis bin ich überrascht. Plankstadt hatte eine reelle Wahl. Die Bürger haben sich für einen exzellenten Fachmann entschieden, der in Plankstadt wohnt, der die Plankstadter von Jugend auf kennt. Wir freuen uns über diesen Neuanfang für die Gemeinde.
Gemeinderat Thomas Burger (GLP): Ich habe nicht damit gerechnet, dass gleich über 50 Prozent der Stimmen für Nils Drescher kommen. Die Bürger wollten offensichtlich eine Veränderung. Es war vorher in aller Munde, dass sich was verändern soll, auch der Umgang miteinander. Das war, glaube ich, der ausschlaggebende Punkt.
Gemeinderätin Silke Layer (PlaLi): Wir gratulieren Nils Drescher. Wir haben immer gesagt, dass wir den Bürgermeister, wer auch immer gewählt wird, unterstützen werden. Ich bin sehr erstaunt und stelle fest, dass, wie bei der Abstimmung zur Straßenbahn, die Deutlichkeit und eine gewisse Emotionalität wieder im Vordergrund standen. Ich hoffe, dass wir weiterhin sachlich und fair zusammenarbeiten können. Ich hatte allerdings mit einer Stichwahl gerechnet.
Alt-Gemeinderat und CDU-Vorsitzender Dr. Arno Neidig: Ein Erdrutschsieg und in dieser Höhe nicht erwartet. Der Neuanfang in der Gemeinde ist eindeutig gelungen.
Oberbürgermeister Dr. René Pöltl (Schwetzingen): Das ist eine Überraschung. Ich will aber sagen: Klare Entscheidungen sind bessere Entscheidungen. Die Plankstädter haben klar entschieden. Alles sprach eigentlich für einen zweiten Wahlgang. Offensichtlich war die Stimmung aber doch eine andere. Es tut mir leid für den Kollegen Jürgen Schmitt, weil wir gut kooperiert haben. Wir freuen uns aber auch auf den neuen Kollegen, bei uns im Sprengel wird er willkommen sein.
Oberbürgermeister Dirk Elkemann (Wiesloch): Ich bin über das Ergebnis in der Deutlichkeit sehr überrascht. Plankstadt hat sich ganz klar für einen Wechsel entschieden, was in dieser Deutlichkeit nicht zu erwarten war. Für den Kollegen Schmitt tut es mir leid, weil ich gerne mit ihm zusammengearbeitet habe. Nils Drescher kenne ich von seiner Arbeit im Landratsamt, er ist ein guter Mann, insofern drücke ich ihm die Daumen, dass er Plankstadt weiter nach vorne bringt und begonnene Dinge zu einem positiven Ende bringt. Er hat das richtige Händchen dafür.
Bürgermeister Jürgen Kappenstein (Ketsch): Da muss man erst einmal schlucken, bei dem Ergebnis, das für Jürgen Schmitt nicht sehr schön ist. Doch das entscheidende ist, dass die Plankstädter Bevölkerung mit dem Ergebnis zurecht kommt. Nils Drescher wünsche ich alles Gute. vw/aw
Projekt Abwahl glückt
Nils Drescher hat alles, was Plankstadt jetzt braucht. Er ist jung, hat Schwung, weiß, wie eine Verwaltung tickt und er lebt mitten in der Gemeinde. Sein Vorgänger Jürgen Schmitt hat sein Versprechen, hierher zu ziehen, gebrochen und er hat überhaupt erst nach der schiefgelaufenen Straßenbahnabstimmung erkannt, dass er aus seinem Elfenbeinturm Rathaus hinauskommen und sich mit den Menschen beschäftigen sollte.
Zu spät, denn da war der Krug längst zerbrochen, die Fraktionen im Gemeinderat wussten, sie wollten alles, nur kein achtjähriges "weiter so". Deren Projekt Abwahl Schmitt ist gestern geglückt, deutlicher als erwartet. Und es lag wohl auch am Hochmut Schmitts, der seinen Fall beschleunigt hat.
Damit jetzt aber das Projekt Drescher gelingt, muss sich einiges ändern: im Rathaus, im Verhältnis Bürgermeister-Gemeinderat und im Zusammenhalt untereinander. Und alle Beteiligten sollten sich klarmachen, dass dies die vorerst letzte Chance für einen Neubeginn ist.
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