Blick ins Heimatmuseum - In der Scheune lässt sich eine alte Werkstatt besichtigen / Schuhe wurden manuell gefertigt

Das Handwerk eines Schusters

Von 
Saskia Grössl
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Plankstadt. Das Heimatmuseum, das vom Heimat- und Kulturkreis betrieben wird, ist derzeit in der Winterpause. Doch die vergangene Saison war für die Einrichtung nicht einfach – es konnte nicht richtig geöffnet werden wegen der Pandemie. Daher werfen wir in einer losen Abfolge von Artikeln einen Blick in die Scheune, die eine Reise in die Vergangenheit ermöglicht. Wie es früher in einer Schule aussah, haben wir bereits erkundet.

Doch es lohnt auch ein Blick in die Schusterwerkstatt, die dieses Handwerk mit seinen zahlreichen Werkzeugen zeigt. Dabei wird deutlich, dass Schuhe früher noch eine ganz andere Qualität hatten und der Stellenwert dieses besonderen Kleidungsstückes ein ganz anderer war als heutzutage. „Als Kinder haben wir jeweils zur Kerwe und an Ostern ein Paar Schuhe bekommen“, erinnert sich Heidrun Engelhardt-Geiß, Vorsitzende des Heimat- und Kulturkreises.

In Plankstadt gab es früher drei Schusterwerkstätten, wie sich Engelhardt-Geiß erinnert. Meckler hieß der Inhaber der Werkstatt schräg gegenüber der evangelischen Kirche. Er habe die Werkzeuge für das Heimatmuseum so sortiert, wie er es bei sich gewohnt war, damit die Besucher einen authentischen Eindruck bekommen können.

Es sind viele Werkzeuge und Einzelteile, die in der Scheune aufgereiht sind. Von manchen kann man als Laie die Nutzung gar nicht ableiten. Was aber wohl jeder kennt, sind die Leisten – Formstücke aus Holz, die der Form eines Fußes nachempfunden sind. Damit bekommt der Schuh seine benötigte Passform. In der Werkstatt im Heimatmuseum sind zahlreiche Leisten in einem Regal aufgereiht.

Angepasste Leisten

Heidrun Engelhardt-Geiß holt eine heraus. Sie trägt den Namen Edda – vermutlich die Bezeichnung des Modells. Bei der Maßschuhanfertigung freilich bekommen Kunden ihre individuell angepassten Leisten. Wie gut das Endprodukt verarbeitet war, zeigt ein altes Paar Schuhe, das im Heimatmuseum noch steht. Klar – das Leder könnte man aufpolieren, doch die Sohle sitzt fest und ist unversehrt. Sie ist mit Eisennägeln festgemacht und weist an der Ferse auch ein Eisenstück auf, was eine lange Haltbarkeit gewährleisten sollte.

Die passenden Nägel und Teile liegen griffbereit in einer kleinen drehbaren Schale aus Holz mit verschiedenen Fächern – da musste der Schuster nur noch zugreifen. Pinsel, Scheren, Lochzangen und Ersatzteile finden sich in der Werkstatt außerdem. Ein weiteres Herzstück ist sicherlich die Ledernähmaschine. „Was aus Leder war und eine Reparatur benötigt hat, konnte man zum Schuster bringen“, erklärt Heidrun Engelhardt-Geiß.

Leder war ein wichtiger Rohstoff für den Schuhmacher, der immer vorrätig war. Verschwenderisch wurde damit allerdings auf keinen Fall umgegangen. Reste wurden nicht weggeworfen, sondern umgehend weiterverwendet. „Jeder Zentimeter wurde ausgenutzt“, so Engelhardt-Geiß.

So ein Paar Schuhe war nämlich im Vergleich zu heute weitaus wertvoller und musste lange halten. Dafür musste der Schuh gut gepflegt werden. Reparaturen gehörten dazu. Um diese zu überdecken, gab es Lederfarbe. „Deshalb war der Geruch in so einer Schusterwerkstatt ein ganz eigener nach Leder, Lösungsmittel und Farbe“, erinnert sich Heidrun Engelhardt-Geiß. Wer sich in der Werkstatt umschaut, erkennt, dass der Beruf nicht trivial ist. Auch heute noch gehört dazu eine Lehre, die drei Jahre dauert.

Heute gibt es aber fast nur noch Schuhmacher in den Bereichen der Orthopädie und der Maßherstellung. Schließlich wird der überwiegende Teil der Schuhe industriell in Massen hergestellt. Ein Schuhmachermeister braucht 30 bis 40 Stunden, um einen handgefertigten Schuh zu produzieren – entsprechend teuer sind diese Werke der Handwerkskunst.

Wandel im Material

Während früher hauptsächlich Leder und Gummi verarbeitet wurden, bestehen Schuhe heutzutage auch aus verschiedenen Arten von Kunststoffen.

Die Bezeichnung Schuster (aus mittelhochdeutsch „schuochsuter“) ist übrigens eine Zusammenziehung aus den Worten „Schuh“ und althochdeutsch „sutari“, das wiederum aus dem Lateinischen „sutor“ („Näher“) stammt. Im Mittelalter war für den Schuhmacher auch die sich daraus ableitende Bezeichnung „Sauter“ gebräuchlich – was heute noch als Nachname existiert. Der Schutzheilige der Schuster ist Sankt Crispin.

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