Asyl gesucht - Die Familie Mekonen-Habte hat ein Zuhause in Plankstadt gefunden / Wohnraum für Asylbewerber wird händeringend gesucht

Ein Meilenstein für das neue Leben

Von 
Carina Troll
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Letay und Kuflon Mekonen-Habte mit Tochter Feben hatten großes Glück: Die Eritreer durften aus einer Gemeinschaftsunterkunft ausziehen und kamen in einer gemeinde-eigenen Wohnung in Plankstadt unter. Hagos, Michael, Sedig und Solomon (v. l.), ebenfalls aus Eritrea, sind derzeit auf Wohnungssuche.

© Troll/Privat

Plankstadt/Schwetzingen. Kuflon Mekonen-Habte (25) und seine Frau Letay (24) hatten großes Glück. Schon allein deshalb, weil sie den fünftägigen Fußmarsch von Eritrea durch die Sahara und die Bootsfahrt über das Mittelmeer überstanden hatten. "Die Menschen da, die sind tot", zeigt Kuflon ein Bild auf seinem Handy - von Leichen, die im Meer treiben. Eine Erinnerung, die sich nicht so einfach löschen lässt wie eben jene Bilddatei auf dem Handy.

Die beiden kamen vor dem großen Flüchtlingsstrom und zogen im Frühjahr 2014 in die Containersiedlung auf dem Parkplatz der Kilbourne-Kaserne. Voll gestopft zeigte sich ihr Raum, aber stets ordentlich, das Bett, immer sorgfältig gemacht, das Sofa, zumeist mit Freunden - darunter Flüchtlinge und Ehrenamtliche - besetzt, Schränke, ein Tisch. "Willst du Kaffee trinken? Hast du Hunger?" lauten die ersten Fragen der beiden an ihre Besucher. Die Flucht haben sie beide auf getrennten Wegen gemeistert. Erst in der Schwetzinger Unterkunft lernten sie sich kennen und lieben.

Im September kam Tochter Feben zur Welt. Und fast zeitgleich erhielt die Familie einen Brief von der Kreisverwaltung: Die Familie darf die Containersiedlung verlassen und in eine eigene Wohnung ziehen, dem Baby wegen. Für das neue Zuhause gibt es genaue Vorgaben für Quadratmeteranzahl und Mietpreis.

Ehrenamtliche im Einsatz

Ehrenamtliche des Arbeitskreises Asyl machen sich auf die Suche im privaten Wohnungsmarkt, fragen Bekannte, durchforsten das Internet. 450 Euro Kaltmiete, dafür gibt es zumeist eine Ein-Zimmer-, manchmal auch eine Zwei-Zimmer-Wohnung. Doch die Suche gestaltet sich schwierig. Unsere Zeitung schaltet sich ein und hilft mit. "Wir haben schlechte Erfahrungen mit Ausländern gemacht", berichtet eine Vermieterin. Eine andere schiebt das Baby als einen Hinderungsgrund vor: "Die Wohnung ist zu eng."

"Klein - egal, wir wollen weg aus dem Camp", erklärte Kuflon, der mit seiner Familie nach knapp zwei Jahren in Deutschland endlich ein eigenes Leben beginnen will. Doch der private Wohnungsmarkt ist hart umkämpft. Ohne Hilfe von Ehrenamtlichen ist es für die Flüchtlinge so gut wie unmöglich, ein Zuhause zu finden.

Umso wichtiger ist der Wohnraum, die sogenannte Anschlussunterbringung, die Städte und Gemeinden zur Verfügung stellen. So wies das Ordnungsamt des Rhein-Neckar-Kreises den 54 Städten und Gemeinden im vergangenen Jahr rund 670 Asylbewerber zu, denen eine Anschlussunterbringung gestellt werden muss.

Vermieter ist die Gemeinde

Auf Nachfrage unserer Zeitung beim Ordnungsamt der Stadt Schwetzingen setzen sich die Mitarbeiter für die Familie Mekonen-Habte ein. In einer der 320 städtischen Mietwohnungen der Spargelstadt in der Scheffelstraße scheint eine Unterkunft gefunden - doch dann wird eine deutsche Großfamilie obdachlos, die Vorrang erhält. Nicht aufgrund der Nationalität, sondern wegen ihrer zahlreichen Kinder. Die Suche geht weiter.

Anfang November erhalten Kuflon und Letay Post. Sie dürfen in eine gemeindeeigene Wohnung ziehen, der Kreis hat sie Plankstadt zugewiesen, deren Mitarbeiter den Umzug sofort in die Wege leiten. Die Freude ist riesengroß. Beim Umzug packen alle mit an. Möbel und Bettwäsche aus dem Container dürfen sie mitnehmen, mit Möbelspenden und dem, was die Gemeindeverwaltung großzügig bereitstellt, füllen sie die leeren Räume auf. Nun, zur kalten Jahreszeit hin, freuen sie sich vor allem auf das Bad. In den Containern gibt es keinen Wasseranschluss, keine Kochmöglichkeit im Zimmer. Alle Wege führen über den Hof der ehemaligen Kilbourne-Kaserne.

Berufsschule und Sprachkurs

Das Leben geht nun stets voran. Kuflon besucht eine Berufsschule in Mannheim mit dem Ziel, eine Ausbildung zum Bäcker zu finden. Nächste Woche macht er ein Praktikum in einer Plankstadter Backstube. Seine Frau und er besuchen weiter Sprachkurse und nutzen die Kenntnisse etwa für Gespräche mit den Nachbarn. "Die Wohnung ist toll, wir sind sehr dankbar und möchten gern bleiben", sagen sie.

Was die Familie Mekonen-Habte geschafft hat, das peilen andere noch an. Vier davon sind Hagos (26), Michael (28), Sedig (21) und Solomon (21). Das sind vier von neun Flüchtlingen aus Eritrea, die derzeit Wohnungen suchen. Alle gehen zur Schule, besuchen Deutschkurse und wollen eine Ausbildung absolvieren. Zum Teil wollen sie mit ihren Verlobten zusammenziehen, ein Baby ist schon unterwegs. Hauptsächlich werden aber Wohnungen für Alleinstehende gesucht - bis zu 45 Quadratmeter groß dürfen die Räume sein.

Michael etwa weilt seit 16 Monaten in Deutschland und besucht an der Justus-Liebig-Berufsschule in Mannheim den Berufsvorbereitungskurs Ernährung, da er später als Koch arbeiten möchte. Sein Wunsch für die Zukunft? "Noch besser Deutsch lernen, eine Wohnung finden und arbeiten. Ich träume von einem Leben in Frieden und Freiheit", sagt der 28-Jährige stellvertretend auch für seine Freunde.

Anschlussunterbringung für Flüchtlinge

Asylbewerber, die bereits zwei Jahre in einer vorläufigen Unterkunft im Rhein-Neckar-Kreis wohnen beziehungsweise deren Asylverfahren abgeschlossen ist, dürfen die Flüchtlingsunterkünfte verlassen und sind von den Kommunen unterzubringen (kommunale Anschlussunterbringung).

Bis Ende vergangenen Jahres sind die Asylbewerber entsprechend einer Quote auf die Kommunen im Rhein-Neckar-Kreis verteilt worden (Einwohnerschlüssel). Diese Verteilung erfolgte nach dem Verhältnis der Einwohnerzahl zur Gesamtzahl der Einwohner im Rhein-Neckar-Kreis.

Seit Jahresbeginn gibt es eine sogenannte "veredelte" Quote, die berücksichtigt, ob in einzelnen Gemeinden Flüchtlinge vom Kreis in Gemeinschaftsunterkünften, Notunterkünften oder Wohnungen vorläufig untergebracht sind. Die davon betroffenen 26 Kommunen erhalten deshalb etwas weniger Flüchtlinge zur kommunalen Anschlussunterbringung als solche, die noch keine Flüchtlinge vorläufig untergebracht haben (derzeit 30 Kommunen).

Im vergangenen Jahr wurden rund 670 Asylbewerber an die 54 Städte und Gemeinden im Rhein-Neckar-Kreis verteilt. Kommunen sind verpflichtet, freie Kapazitäten dem Ordnungsamt des Kreises zu melden. Anschließend teilt dieses die Flüchtlinge zu.

In diesem Jahr ist davon auszugehen, dass es rund 2000 Menschen sein werden, die die kreisangehörigen Städte und Gemeinden im Zuge der Anschlussunterbringung aufnehmen müssen, teilt der Kreis mit.

In allen Städten und Gemeinden laufen Planungen, wie Flüchtlinge untergebracht werden können. Da städtische und gemeindeeigene Wohnungen zumeist belegt sind, stehen Neubau, Ankauf oder Sanierung von Gebäuden zur Debatte.

In Plankstadt ist ein Neubau für bis zu 56 Menschen auf einem Grundstück im Neurott, angrenzend an die vorhandenen Notunterkünfte und die kommunale Kleingartenanlage, vorgesehen. Die Fertigstellung ist Ende des Jahres geplant. Plankstadt verfügt derzeit über etwa 200 gemeindeeigene Wohnungen.

In diesem Jahr kalkuliert die Gemeindeverwaltung Plankstadt mit 42 Flüchtlingen für die Anschlussunterbringung, 2015 waren es 20 Asylbewerber.

Die Miete für Flüchtlinge in Anschlussunterbringungen zahlt das Landratsamt des Rhein-Neckar-Kreises. Es gibt aber feste Vorgaben für Wohnungen: Eine Person erhält maximal 45 Quadratmeter, gezahlt werden 300 Euro Kaltmiete, entsprechend gilt für 2 Personen 60 Quadratmeter und 390 Euro, für drei Personen 75 Quadratmeter und 450 Euro.

Kontakt: Vermieter melden sich bei Elke Glavan, Ehrenamtliche im Asyl-Arbeitskreis Schwetzingen, Telefon 0172/7 53 36 94 oder E-Mail an etwo@ eglavan.net. cat

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