Plankstadt. Gerade hat Diringer & Scheidel die Teilbaugenehmigung für den ersten Abschnitt des Geschosswohnungsbaus erhalten (wir berichteten), da ging es in der letzten Gemeinderatssitzung des Jahres noch einmal um das Antoniusquartier. Eigentlich ist das Wohnbauunternehmen notariell dazu verpflichtet, eine Nahwärmeversorgung aufzubauen.
Doch Diringer & Scheidel ist auf der Suche nach einem Dienstleister auch auf die Stadtwerke Schwetzingen zugegangen und diese haben eine Fernwärmeversorgung der Geschossbauten im Antoniusquartier angeboten. Der Übergabepunkt könnte beim Unternehmen Decathlon in der Nachbarschaft erfolgen. Der Verlauf der geplanten Trasse ist so festgelegt, dass er den Planbereich des Sport- und Kulturquartiers, das durch den Neubau der Mehrzweckhalle entsteht, nicht berührt.
Aus Sicht der Gemeinde hat der Fernwärmeanschluss einige Vorteile. Dazu gehört, dass die Leistung der Anbindung ausreichend ist, um noch mehr Gebäude anzuschließen. Das würde nämlich auch für die Humboldtschule gelten, bei der der Gemeinderat bereits eine neue Heizung beschlossen hatte. Dort sollte eigentlich mit Holzpellets Wärme erzeugt werden. „Pelletanlagen sind allerdings arbeitsintensiv, sie müssen nachgefüllt werden, brauchen viel Platz und verursachen Staub“, wie Bürgermeister Nils Drescher in der Sitzung darlegte.
Bisherige Gasheizung ersetzen
Außerdem könnten mehrere gemeindeeigene Häuser in der Straße Am Ungertsgarten an die Fernwärmeleitung angeschlossen werden. Damit würde dort die bisherige Gasheizung ersetzt werden, die sowieso in absehbarer Zeit erneuert werden müsste. Die Verwaltung favorisiert die Lösung mit der Fernwärme ganz klar, wie Drescher deutlich machte. Das zuerst geplante Heizkraftwerk mit Nahwärmenetz würde Emissionen verursachen, die so vermieden werden könnten. Die Fernwärme soll vom Großkraftwerk Mannheim bezogen werden. Die Wärme käme nicht mehr nur aus der Kohle, sondern zu 25 Prozent auch aus der Müllverbrennungsanlage auf der Friesenheimer Insel, erklärte der Bürgermeister. Bis 2035 solle außerdem die Fernwärme schrittweise nur noch aus erneuerbaren Energien erzeugt werden. Mit der Fernwärme habe man keine Wartungskosten und eine hohe Versorgungssicherheit, so Drescher.
Der Vertrag, der mit den Stadtwerken geschlossen werden soll, sieht vor, dass den Stadtwerken ein Wegerecht und Mitnutzungsrecht an gemeindeeigenen Grundstücken eingeräumt wird, da ja die Leitungen auch verlegt werden müssen. Die Anlagen sollen den Stadtwerken gehören und in deren Besitz bleiben. Bei Störungen und anderen Problemen müsste die Gemeinde nicht haften. Der Vertrag sieht keine Monopolstellung vor, somit könnten auch anderen Unternehmen Fernwärme liefern. „Aber es ist unser Wunsch, mit den Stadtwerken Schwetzingen zusammenzuarbeiten“, betonte Drescher.
Die Anbindung des Antoniusquartiers über den Leitungsstrang bei Decathlon ist nach Auskunft der Stadtwerke zeitnah realisierbar. Die Wärmeversorgung für Diringer & Scheidel muss im Herbst nächsten Jahres bestehen, das verlangt der Zeitplan für den Baufortschritt, heißt es in der Vorlage zum Tagesordnungspunkt.
Zumindest drei der vier Fraktionen im Gemeinderat waren sich einig, dass die Fernwärme die richtige Lösung ist. „Es ist ein eleganter Weg, um die Auflagen in den gemeindeeigenen Gebäuden für eine EEG-konforme Wärmeversorgung zu erfüllen. Die Kehrseite ist, dass wir zumindest bis 2030 mit Kohle aus China heizen. Es gibt zwar Licht am Horizont durch die Bürgerinitiative ,Mannheim kohlefrei’, aber wie die Versorgung nur aus erneuerbaren Energiequellen erreicht werden soll, ist noch offen. So ist zum Beispiel vorgesehen, dass ein Drittel davon aus Geothermie stammen soll. Doch die haben wir in der letzten Ausschusssitzung abgelehnt. Nach Abwägung von Für und Wider sind wir zu der Entscheidung gekommen, dem Beschlussvorschlag der Verwaltung zuzustimmen“, erklärte Dr. Stephan Verclas von der Plankstadter Liste.
Dem schlossen sich auch die CDU in Person von Andreas Berger und die SPD nach kurzer Stellungnahme von Kerstin Engelhardt an, für die beide die positiven Aspekte der Thematik überwiegen.
Gegenwind kam von der Grünen Liste. Kurt Doll zeigte sich enttäuscht von den Stellungnahmen der anderen Fraktionen. „Mit der Fernwärmelösung zieht sich Diringer & Scheidel billigst aus der Verantwortung. Damit ist eine ökologisch sinnvolle und nachhaltige Nahwärmeversorgung langfristig tot. Mit Fernwärme erhalten wir die umweltschädlichste Möglichkeit zu heizen. Ein altes Kraftwerk und der neueste Block 9 liefern diese Energie aus importierter Steinkohle mit dem Mini-Deckmantel grüner Energie aus einer Müllverbrennung. Was an dem Konzept nachhaltig ökologisch und sinnvoll ist, erschließt sich keinem Beteiligten, der sich mit der Materie beschäftigt hat“, betonte Doll. Er fragte sich, ob man eventuell Druck aufbauen wolle, da man vielleicht seitens des Großkraftwerks glaube, mit einem großen Fernwärmenetz die Steinkohlekraftwerke in einigen Jahren nicht abschalten zu müssen und den Kohleausstieg hinauszögern zu können.
Abhängige Abnehmer
Für ihn sei unklar, was nach Ende der Steinkohleverbrennung 2034 mit dem Großkraftwerk Mannheim passiere. „Weiterhin ist zu bedenken, dass das Fernwärmenetz den Stadtwerken Schwetzingen gehören wird, wir abhängige Abnehmer sind und damit die klimaschädlichste Energieerzeugung fördern“, so Doll. Die sinnvollere Lösung sei eine Nahwärmeversorgung. Mann solle den Investor nicht aus seiner vertraglichen Verpflichtung entlassen und die Gemeinde in eine bessere klimaverträgliche Zukunft führen. „Die Abstimmung wird auch sehr entlarvend sein für jene, die gern auf grüne Argumente aufspringen und diese für eigene parteiliche Interessen nutzen“, meinte Doll abschließend.
Bürgermeister Nils Drescher bedankte sich für die „ideologische Stellungnahme“, aber mit der Realität habe das nur wenig zu tun. Die vier Räte der Grünen Liste stimmten gegen das Fernwärmenetz, der Rest des Gemeinderats votierte dafür.
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