Plankstadt. „20 Jahre Lokale Agenda Plankstadt (1999-2019) – global denken – lokal handeln“: So steht es auf der Tafel vor der Linde, die aus Anlass dieses Jubiläums gepflanzt wurde und vor der Bürgermeister Nils Drescher und Agenda-Sprecher Winfried Wolf in einer Feierstunde ihre Gedanken zu diesem ursprünglichen Leitmotiv des internationalen Aktionsprogramms und seiner lokalen Umsetzung formulierten.
Nils Drescher begrüßte die zahlreichen Interessierten, Weggefährten und Gründungsmitglieder mit einem Zitat von Dostojewski, das den Vorbildcharakter der Lokalen Agenda treffend beschrieb: „Bevor ihr den Menschen predigt, wie sie sein sollen, zeigt es ihnen an euch selbst.“ Diese Vorbildrolle habe die Agenda in der Zeit ihres Bestehens zu den Themen Umwelt- und Naturschutz stets ausgefüllt.
Hinzu kommt, dass sie bereits vor 20 Jahren genau das tat, was auch heute noch in aller Munde sei, nämlich die Menschen an ihren Aktionen zu beteiligen und miteinzubeziehen. Als Bürgermeister sei Drescher nun seit drei Jahren etwa durch Radtouren durch die Gemarkung mit beteiligt und betonte die stets konstruktiven Gespräche, die es auch bei spannungsgeladenen Themen gegeben habe.
Einen neuen Schub für die Themen Umwelt und Klima habe es nun durch Aktivisten wie Greta Thunberg gegeben. „20 Jahre Erfolgsgeschichte – die möchte ich gerne mit Ihnen weiterschreiben“, fiel sein Fazit dann auch positiv und in die Zukunft gerichtet aus. Die gepflanzte Linde, die in ausgewachsenem Zustand zweieinhalb Tonnen Kohlenstoff im Jahr binden könne, war hierfür ein gelungenes Sinnbild der anstehenden Themen.
Kein klassisches Jubiläum
Winfried Wolf als Sprecher der Lokalen Agenda wies darauf hin, dass die Gruppe selbst nicht nur von solch optimistischen Antrieben leben könne, sondern auch auf einige nicht erfüllte Ansprüche zurückblicken müsse. Zwanzig Jahre seien kein klassisches Jubiläum. Warum man dennoch heute hier stehe, habe zwei Gründe: Zum einen seien die Mitglieder, die seit dieser Zeit dabei sind, nun mal auch zwanzig Jahre älter geworden und man wisse nicht, wer in fünf Jahren zum Vierteljahrhundert noch aktiv sein könne. Zum anderen sei man durch Bürgermeister Drescher zum Jubiläum ermuntert worden, der auch die Idee zu der Baumpflanzung gehabt habe. Neben Hockenheim, Ketsch und Brühl sei man außerdem eine der letzten vier Lokalen Agenden in der Region – darauf könne man auch stolz sein.
Das große Thema der Anfangszeit sei die Nachhaltigkeit gewesen und noch nicht so sehr der Klimawandel, wie dies heute der Fall sei. Der Anspruch, den Ökosystemen nicht mehr zu entnehmen als nachwächst, war damals die große Problematik und bis heute habe sich daran noch nicht viel verbessert. Als erstes von der Gemeinde unterstütztes Kooperationsprojekt gab es auch stets Skepsis, der man jedoch heute guten Gewissens entgegensetzen kann: „Wir haben das Gemeindeleben wahrnehmbar mitgestaltet.“
Und so könne man auf zahlreiche erfolgreiche Projekte mit Kooperationspartnern zurückblicken, die von der Gruppe angestoßen wurden und bis heute geblieben sind. Hierzu zählen das Kulturforum mit den Kunstausstellungen im Wasserturm, der öffentliche Bücherschrank, die Alles-Retter im Kiosk, der jährliche „Kruuschd- und Krempelmarkt“, das Radwegekonzept, der Dreck-Weg-Tag und das große Heimatbuch, augenzwinkernd die „Bibel für alle Neu-Plänkschter“ genannt. „Wir haben uns aber auch an exotische Themen gemacht“, betont Wolf mit Blick auf die Diskussionsrunden mit dem Emir der muslimischen Ahmadiyya-Gemeinde Köln und dem Hochschulrabbiner Shaul Friberg.
„Wer sind wir heute?“, diese Frage stellte Wolf zum Schluss und beantwortete sie damit, dass die Gruppe heute andere Schwerpunkte setze als noch in der Anfangszeit. „Wir haben den Agendaprozess umgekehrt, statt Ideen von oben nach unten verbreiten zu wollen, setzen wir heute bei den Interessen der Bürger an.“ Beispiele dafür seien der Bienentag, der auf dem Hobby des Agenda-Mitglieds Ulrich Finkenzeller aufbaute. Weiter geht es in diese Richtung mit zwei Vorträgen zu den Themen Klima am 24. September und Elektromobilität am 15. Oktober.
Gemischte Bilanz
Wolfs Resümee fiel schlussendlich nicht so positiv aus wie das seines Vorredners: „Aus heutiger Sicht hat die Lokale Agenda ihre Ziele nicht erreicht, denn wir leben nicht aus dem Ertrag der Ökosysteme, sondern aus ihrer Substanz.“ Vor allem global und mit Blick etwa auf die USA, China und Brasilien sehe die Bilanz schlecht aus. Regional habe man mit Themen wie dem Blockheizkraftwerk und der ÖPNV-Anbindung zwei Projekte nicht umsetzen können. Mit Blick auf die anwesenden und teilweise neuen Mitglieder im Gemeinderat, Kerstin Engelhardt, Isabel Heider und Dr. Felix Geisler, brachte Wolf seine Hoffnung auf zukunftsweisende Projekte und neue umweltpolitische Anstöße in dem Gremium zum Ausdruck.
Abschließend durften Danksagungen, besonders an die aktuellen Mitglieder nicht fehlen, von denen einige berufs- oder krankheitsbedingt verhindert waren. Zu den sieben ständigen Aktivisten zählen momentan Winfried und Rita Wolf, Uta Erichsen, Walter Etzler, Christoph Rübling, Ulrich Finkenzeller, Wolfgang Wenk und Maria Milwa. Dank richtete Wolf außerdem an die Gemeindeverwaltung und speziell an den Umweltbeauftragten Bernhard Müller, Claudia Verclas von der Bücherei und Bürgermeister Nils Drescher sowie die wechselnden Projektpartner. Im Anschluss an diesen offiziellen Teil des Jubiläums zog die Gesellschaft weiter zur Grillhütte, wo für das leibliche Wohl schon vorgesorgt worden war und man den Abend gemeinsam ausklingen ließ.
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