Historisches vom Grenzhof (1) - Der Verein „Doomols un’ jezzard“ rollt die Geschichte des Ortes auf / Schon 771 wurde er erstmals im Kodex des Klosters Lorsch erwähnt

Laienbrüder bewirtschafteten einst „Grenesheim“

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sr
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So zeigt sich der Grenzhof, im Vordergrund zu sehen, aus der Luft. Im Hintergrund ist Heidelberg zu erkennen. Außerdem erhebt sich dort der hügelige Odenwald. © Wörn

Plankstadt. Der Grenzhof gehört seit 1935 endgültig zu Heidelberg, liegt aber in gewisser Weise im Niemandsland. Von allen Nachbarorten ist Plankstadt mit einer Entfernung von 2,9 Kilometer am nächsten, geringfügig weiter liegen Edingen und Friedrichsfeld. Der Verein „Doomols un’ jezzard“ hat sich in einer kleinen Artikelserie mit der Geschichte dieses Ortes beschäftigt.

Der Grenzhof zählt zum Heidelberger Stadtteil Wieblingen, das 5,6 Kilometer vom Grenzhof entfernt ist. Der Plankstadter Aussiedlerhof Kleinfeld befindet sich an der Gemarkungsgrenze. Von da ist es bis zum Grenzhöfer Ortsmittelpunkt weniger als ein Kilometer. Die Telefonvorwahl ist mit 06202 dieselbe wie für Schwetzingen oder Plankstadt.

Der Namen Grenzhof darf nicht davon abgeleitet werden, dass sich der Weiler etwa an einer Grenze befindet, schreibt der Verein. Die Grenze zwischen dem ehemaligen Landkreis Mannheim und dem Stadtkreis Heidelberg kann da gewiss nicht angeführt werden. Der Ortsname wechselte häufig, ebenso seine Schreibweise, in Gerinsheim, Granisheim, Gernesheim, Grensheim, Gränßheim, Grensen der Hof (um 1700) oder Grünshof (im Jahr 1773).

Die Geschichte des Grenzhofs, seines langen Kampfs um den Erhalt seiner Selbstständigkeit und auch das Beziehungsgeflecht mit seiner Nachbargemeinde Plankstadt sind bereits in einem Pressebericht der Schwetzinger Zeitung vom 7. März 1931 aufgezeichnet.

Wohlhabende Sippen

„Doomols un’ jezzard“ wirft zunächst einen Blick in die frühe Geschichte des Grenzhofs. Erstmals wurde der Ort im Kodex des Klosters Lorsch – wie Plankstadt auch – im Jahr 771 unter dem Namen Grenesheim erwähnt. Im 8. Jahrhundert gab es auf dem Grenzhof bereits wohlhabende Sippen, die die Güter in der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts dem Kloster Lorsch schenkten und sich dafür den Schutz durch das Kloster einhandelten. Die bisherigen Eigentümer bewirtschafteten die Güter dann als Lehen, quasi in Erbpacht. Die Eigentümer dieser Güter wechselten recht oft. So sind Konrad von Hohinhart, Blicker von Steinach, Bischof Günther von Speyer und dann das Kloster Schönau genannt.

In der offiziellen Beschreibung des Grenzhofs im Internet ist zu lesen, dass der Ort zwischen 1153 und 1184 an das Kloster Schönau gelangte, das ihn in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts in eine Grangie umwandelte. „Bis heute hat sich ein mittelalterlicher Charme erhalten“, heißt es hierzu.

Doch was bedeutet eigentlich der Begriff „Grangie“? Es handelte sich um die vorherrschende Gutsform des Zisterzienser-Ordens. Laienbrüder bewirtschafteten große Landwirtschaftsgüter in einem Umfang von 50 bis 400 Hektar in eigener Arbeit, aber auch durch den Einsatz von Lohnarbeitern. Die Grangien galten seinerzeit als durchweg modern. Sie produzierten ihre Erzeugnisse für den lokalen Markt der näheren Städte und setzten sie über die Stadthöfe der Klöster ab. Die mehr und mehr zersplitterte traditionelle Grundherrschaft wurde zusehends unrentabel.

Der Scharhof bei Sandhofen war der größte von etwa einem Dutzend dem Kloster Schönau unterstellten Höfe. Hinzu kamen unter anderem der Pleikartsförster Hof, der Bruchhäuser Hof und dann auch der Grenzhof. Auch Plankstadt sollte in eine Grangie umgewandelt werden. Dies scheiterte jedoch im Jahr 1293, zum einen, weil sich die Plankstadter Bauern erbittert zur Wehr setzten, zum anderen, weil die Kraft des Klosters Schönau bereits im Erlahmen war und sich gegen die weltlichen Obrigkeiten nicht mehr durchsetzen konnte.

Im 30-jährigen Krieg wurde die ganze Region verwüstet, also auch „Gränßheim“. 1683 standen nur noch zwei Häuser und zwei Scheunen. 1740 gab es wieder vier Bauern-, vier Taglöhner-, zwei Hirtenhäuser, ein Schäferhaus und sechs Scheunen.

Im Jahr 1786 verkaufte eine Hauptmannswitwe namens Kirchhofer ihr Gut auf dem Grenzhof an den reformierten Lehrer Philipp Lüll in Kirchheim zum Preis von 29 000 Gulden. Damit wurde eine wohlhabende Bauerndynastie, überspitzt als Landadel ausgedrückt, gegründet. Zu jener Zeit gab es 15 Familien in elf Hof- und Hirtenhäusern und Wirtschaftsgebäuden.

Das Landesamt für Denkmalpflege beschreibt den Grenzhof wie folgt: „Der Weiler Grenzhof hat verschiedene Charakteristika der Grangie bewahrt: Die Anordnung der landwirtschaftlichen Gehöfte um einen langgezogenen Anger mit Wasserpumpe, durch Mauern aus rotem Bruchstein nach außen sowie zum zentralen Platz hin abgegrenzt, als reine Domäne ohne Kirche, jedoch mit vor dem Weiler gelegenen Friedhof. Die heute überlieferten Gebäude stammen großteils aus der Mitte des 19. Jahrhunderts und zeigen eine einheitliche klassische Gestaltung.“

Wieblingen war zuständig

Politisch zählte der Grenzhof ursprünglich zu Wieblingen, das heißt, für standes- und grundbuchamtliche Eintragungen sowie für Reichstags- und Landtagswahlen war Wieblingen zuständig. In frühester urkundlich erfasster Zeit war der Grenzhof praktisch ein Filialdorf von Wieblingen. Im Jahr 1834 beantragten die Grenzhöfer bei der badischen Staatsbehörde die politische Unabhängigkeit, da es ihnen bei den Wieblingern nie behagt hatte.

1821 legte man einen eigenen kleinen Friedhof an. Bis dahin mussten die Reformierten in Wieblingen und die Lutherischen in Edingen begraben werden. Schlimm war es, wenn ein Katholik starb. Dann waren umständliche Verhandlungen mit den Nachbargemeinden notwendig, da ein Recht auf Bestattung Auswärtiger nicht bestand.

Wirtschaftlich blieb der Grenzhof mit eigener Gemeindeverwaltung und mit eigener Steuer- und Umlagehoheit selbstständig.

Die Gemarkungsfläche betrug zwischen 1200 und 1300 Morgen, wovon 740 Morgen auf die Ackerfläche und 310 Morgen auf Wald entfielen. Ein Morgen hatte eine Fläche von 20 bis 50 Ar, je nach Region, in Plankstadt waren und sind es bis heute 36 Ar. Rechnet man die Angaben aus jener Zeit um, kommt man auf eine Gemarkungsfläche von rund 450 Hektar, nach offiziellen Angaben sind es 445 Hektar. Plankstadt hat eine Gemarkungsfläche von 839 Hektar. Kein Wunder also, dass die „Plänkschter“ scharf auf den Grenzhöfer Grund und Boden waren, eine im Verhältnis zur Einwohnerzahl von rund 100 Personen enorme Fläche. Aber auch Heidelberg zeigte heftiges Begehren daran. Wie diese Rivalität weiterging, zeigt sich im nächsten Teil der Serie. sr

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