Plankstadt/castelnau. Es war ein bewegender Moment, der den Besuch der Plankstadter in ihrer französischen Partnerstadt Castelnau-le-Lez einläutete: Nachdem die Offiziellen zum Feiertag Allerheiligen einen Kranz am Denkmal für die im Ersten Weltkrieg gefallenen Soldaten auf dem Friedhof abgelegt hatten, spielten Albert Stieger, Melanie Bummel und Matthias Wehner vom Musikverein Plankstadt die Europahymne auf ihren Trompeten. So war die Verbundenheit zwischen Deutschen und Franzosen direkt hörbar.
Vertreter von Gemeinderat, Musikverein und Partnerschaftsverein Plankstadt hatten sich auf den Weg in die Stadt in der Nähe von Montpellier gemacht, um sie kennenzulernen und an der Partnerschaft zu arbeiten. „Wir wollten gerade auch den neuen Gemeinderäten die Gelegenheit dazu geben“, erklärt Bürgermeister Nils Drescher. Immerhin feiert die Partnerschaft 2021 ihr 40-jähriges Bestehen – parallel zur 1250-Jahr-Feier Plankstadts.
„Unsere Ehe ist schon alt“, meinte denn auch Castelnaus Bürgermeister Frédéric Lafforgue bei seiner Begrüßung ein wenig scherzhaft. Er freute sich über das Zeichen, das der Besuch für Europa setzt. „Der Brexit stellt uns alle vor Probleme“, machte er deutlich und appellierte: „Die Kraft, die von Deutschland und Frankreich gemeinsam ausgeht, ist deshalb besonders wichtig.“ Plankstadt und Castelnau-le-Lez sollten mit ihrer Partnerschaft als Beispiel dienen.
Beispielhaft könnte aber auch Castelnau-le-Lez selbst für Plankstadt sein. Das zeigte sich bei einer Besichtigung des ökologischen Viertels, das für die Gemeinderäte ebenfalls auf dem Programm stand. „Caylus“ ist der Name der Siedlung, auf der sich vorher ein Weingut befand. Jetzt finden sich dort 630 Wohneinheiten, die auch für Senioren Platz finden sowie unter dem Gesichtspunkt des sozialen Wohnungsbaus errichtet worden sind. Auch eine Kita und eine „école maternelle“, eine Art Vorschule, sind dort zu finden. Der soziale Wohnungsbau ähnelt dabei den Kriterien, wie sie in Plankstadt beim Antoniusquartier angelegt worden sind. Die Käufer verpflichten sich für neun Jahre, das Haus nicht weiterzuverkaufen, sondern selbst darin zu wohnen.
Ähnliche Projekte
Was „Caylus“ hat und Planktadt nicht, ist eine Straßenbahnanbindung. Außerdem gibt es im Viertel kleine Geschäfte. Geplant ist ein Nahwärmenetz, das die Gebäude unter nachhaltigen Aspekten mit Wärme versorgt. Für den sozialen Aspekt sind noch Gemeinschaftsgärten – „Urban Gardening“ – geplant. Worin sich Castelnau und Plankstadt ähneln, ist auch die Erweiterung der Sporthalle, die in Castelnau jedoch schon weiter vorangeschritten ist als in Plankstadt, wo gerade erst im Gemeinderat eine Machbarkeitsstudie zur Mehrzweckhalle vorgestellt worden ist (wir berichteten). Gleichwohl ist der Investitionshaushalt in Castelnau doppelt so groß wie in Plankstadt, der Verwaltungshaushalt bewegt sich aber in beiden Gemeinden in einer Höhe von 30 Millionen.
Frédéric Lafforgue, der seit zwei Jahren Bürgermeister von Castelnau-le-Lez ist, preschte bei dem Austausch über die Partnerschaft ordentlich voran: Seine Vision sei eine Partnerschaft mit vier Beteiligten – Castelnau, Plankstadt, Argenta und zusätzlich noch die spanische Stadt Llíria in der Nähe von Valencia. Nils Drescher sieht das ein wenig kritischer: „Llíria ist einfach sehr weit weg.“ Zumal Plankstadt dafür zunächst auch mit Argenta eine offizielle Partnerschaft eingehen müsste – was aber 2021 kommen könnte. Nächstes Jahr werden die Gemeinderäte Argentas außerdem nach Plankstadt zu Besuch kommen.
Für die Partnerschaft mit Castelnau gibt es jedenfalls noch einige Ideen, etwa einen individuellen Austausch derjenigen, die die Seniorenarbeit organisieren. Ein Austausch der Pfadfinder ist fürs nächste Jahr geplant. Lafforgue lud außerdem die Plankstadter ein, am 9. Mai 2020 zum Jubiläum der Schuman-Erklärung nach Castelnau zu kommen. Auch Praktika für die Jugendlichen seien denkbar.
Die Entwicklung der Stadt, die direkt an Montpellier grenzt, dürfte spannend bleiben. Der Boom wird angesichts all der laufenden und abgeschlossenen Bauprojekte deutlich. Zu Beginn der Partnerschaft waren beide Gemeinden annähernd gleich groß, nun hat Castelnau mit rund 20 000 Einwohnern fast doppelt so viele wie Plankstadt.
Welche Entwicklung deutsch-französische Partnerstädten nehmen könnten, das war das Thema eines Austausches aller Interessierten der Plankstadter Delegation mit Nadine Gruner. Sie leitet das Heidelberghaus „Maison de Heidelberg“ in Montpellier, was ja die Partnerstadt Heidelbergs ist. Ihrer Meinung nach geht die Tendenz zu einem Individualaustausch, da auf schulischer Seite häufig die Kapazitäten fehlen würden. Mit der Karl-Friedrich-Schimper-Gemeinschaftsschule in Schwetzingen und Castelnau scheint sich aber ein zartes Pflänzchen zu entwickeln, so Drescher.
Eiskeller und Wehrkiche
Für die Delegation aus Plankstadt gab es übrigens auch eine Führung durch Castelnau-le-Lez mitsamt eines kleinen Vortrages über die Geschichte des Ortes, die bis ins 9. Jahrhundert vor Christus zu den Kelten zurückreicht. Im 11. Jahrhundert nach Christus entschlossen sich die herrschenden Grafen dann, eine Festung an diesem Ort zu errichten. Von diesem „castelum novum“, der neuen Festung, hat die Stadt ihren Namen. Der Eiskeller und die Wehrkirche waren weitere Stationen des kleinen Rundgangs. Mittelalter war auch beim Ausflug ins ummauerte Städtchen Aigues-Mortes angesagt, während das Meer im Badeort La Grande-Motte im Mittelpunkt stand. Im Austernmuseum in Bouzigues erlebte die Reisegruppe die Muschelzucht, bevor sich diese Spezialität auch geschmacklich bei der Einkehr im Restaurant schmecken ließ.
Beim Abschluss der Reise schloss sich der Kreis, denn es war wiederum Musik, die für berührende Momente sorgte. In der Kirche Saint Vincent ließ die Bigband des Musikvereins ein umfangreiches Programm hören. Die akustischen Unzulänglichkeiten des Raumes waren bei Liedern wie „Back to black“, „Summertime“ oder „And the angels sing“ sowie den versierten Solisten vergessen. Die französischen Gastgeber in den gut gefüllten Reihen waren so beeindruckt, dass es stehenden Applaus gab. Für den anschließenden informellen Austausch hatten die deutschen Gäste ein Fass Welde-Bier im Gepäck.
Albert Stieger, Vorsitzender des Musikvereins, bedankte sich am Schluss bei der Gemeinde für die Gelegenheit zu dieser schönen Reise. Auch Bürgermeister Nils Drescher zog eine positive Bilanz: „Es geht nicht um unsere kleinen Gemeinden, sondern es geht um Europa. Wir müssen den Frieden wahren.“ Dem schloss sich auch Frédéric Lafforgue an: „Wir haben zwar 70 Jahre Frieden, aber trotzdem müssen wir achtsam sein.“
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