Plankstadt. Ingrid Noll – eine Bestsellerautorin zum Anfassen. Und ohne Allüren. Locker sitzt sie vor dem Publikum im Ratssaal, liest Passagen aus dem neuen Roman und plaudert aus ihrem Leben. Detailliert und spannend antwortet sie auf Fragen der Zuhörer, die von ihr wissen wollten, wann sie zu schreiben begonnen habe, ob sie am Computer schreibe oder wie es kam, dass sie in Shanghai geboren wurde.
„Zum Schreiben kam ich erst Mitte fünfzig, als die Kinder aus dem Haus waren und ich ein eigenes Zimmer hatte“, erzählt sie. Seither hecke sie eine Mordgeschichte nach der anderen aus, mit Erfolg. Oft werde sie auch von Journalisten gefragt, zu welcher Tageszeit sie schreibe und wie. „In Anbetracht meines Alters erwarten sie, dass ich mit Federkiel auf Pergament schreibe“, lacht Noll, „aber nein, dank meiner Kinder schreibe ich am PC und das ist ein Segen, denn es erleichtert ungemein die Arbeit, man kann ändern, ergänzen, im Internet recherchieren. Eigentlich ginge es auch gar nicht anders, denn heute würde kein Verlag mehr ein handgeschriebenes Manuskript annehmen.“
Die meisten erwarten zudem von ihr, dass sie nachts schreibe, bei Vollmond und Wolfsgeheul, „doch läuft das bei mir ziemlich spießig ab. Morgens, wenn ich ausgeruht bin, die Zeitung gelesen und Kaffee getrunken habe, setze ich mich an den Computer. Aber ich bin pragmatisch, schreibe nicht unbedingt jeden Tag, oft sind andere Pflichten wichtiger“.
Bevor die erfolgreichste Krimiautorin Deutschlands und vierfache Großmutter aus dem 15. Krimi, den sie bisher veröffentlicht hat, vorlas, hieß sie Büchereileiterin Claudia Verclas willkommen. „Es ist bereits zur Tradition geworden, dass jedes Mal, wenn Ingrid Noll einen neuen Roman veröffentlicht, sie nach Plankstadt kommt und ihn den zahlreichen Fans hier vorstellt“, sagte sie.
Kein bisschen müde
„Goldschatz“ heißt der kürzlich erschienene Krimi und er spielt wieder in der Region. Doch wie üblich bei Noll, geht es nicht nur um Mord und Totschlag, sondern vor allem um Zwischenmenschliches, wie Verclas betonte. „Bei Frauen ab vierzig fragt man nicht nach dem Alter“, so die Büchereileiterin, „bei Ingrid Noll erst recht nicht, denn eines kann ich Ihnen versichern: Sie ist kein bisschen müde.“ Das konnten diejenigen bereits feststellen, die vor der Lesung beim Büchertisch der Buchhandlung Kieser ein Buch von ihr haben signieren lassen, aufgeschlossen und herzlich hat sie dies gerne auch nach der Lesung getan.
„Da schon über mein Alter spekuliert wurde“, meinte Noll, „sage ich Ihnen, damit Sie nicht so viel rechnen müssen, dass ich demnächst 84 werde.“ Nach dem begeisterten Applaus, ergänzte sie verschmitzt: „Grund zum Jubeln ist das nicht, dafür verrate ich Ihnen, dass schon ein neuer Roman in den Startlöchern steht, der eine 30-jährige Frau in den Mittelpunkt rückt.“
In „Goldschatz“ ist die Ich-Erzählerin, die Heidelberg Studentin Trixi, Anfang zwanzig, „daran merken Sie, dass nicht ich diese sein kann“. Und dafür, dass die Lesung am Donnerstagabend spannend wurde, sorgte eine ausgeklügelte Textauswahl, die nichts verriet, aber die Zuhörer bis zuletzt bei Laune hielt. „Ich bin sehr gerne hierher gekommen“, gestand Noll dem begeisterten Publikum, „gehört doch Plankstadt zu meinem Jagdrevier.“ Das Buch „Goldschatz“ jedoch spiele nicht direkt hier, aber in der Nähe, in Weinheim, „da, wo ich selbst wohne“. In kurzen knappen Sätzen schilderte sie, worum es geht.
Trixi gründet Wohngemeinschaft
Trixis Eltern haben ein ziemlich heruntergekommenes Bauernhaus geerbt, das sie abreißen wollen, Trixi aber will das Haus vor dem Abriss retten. Sie bekommt die Erlaubnis, es zu entrümpeln und den alten Kram auf dem Flohmarkt zu verkaufen. Gemeinsam mit ihrem Freund Henry, ein halber Schotte, und drei anderen Studenten gründet sie eine Wohngemeinschaft.
Alle sind sie umweltbewusst und planen als Alternative zur Konsumgesellschaft eine ökologisch korrekte Lebensweise. „Doch lässt sich Theorie und Praxis nicht immer gut zu vereinbaren“, bemerkte Noll subtil-ironisch. Beim Entrümpeln finden sie einen „Goldschatz“, der am Ende das friedliche Zusammenleben zerplatzen lässt. Menschliche Schwächen wie Neid, Intrigen und Eifersucht gewinnen allmählich die Oberhand. Natürlich geht es auch hier um Mord, vorrangig jedoch um Gesellschaftskritik, um die Psychologie, die dahinter steckt, um Schuld, die die jungen Leute auf sich laden.
URL dieses Artikels:
https://www.schwetzinger-zeitung.de/orte/plankstadt_artikel,-plankstadt-plankstadt-gehoert-zu-meinem-jagdrevier-_arid,1466650.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.schwetzinger-zeitung.de/orte/plankstadt.html