Im Interview

Plankstadts Bürgermeister Nils Drescher: Mit Zusammenhalt die Krisen bewältigen

Bürgermeister Nils Drescher spricht im Interview über Bauprojekte, die aktuelle Flüchtlingsbewegung, Klimaschutz und die Bürgermeisterwahl 2024.

Von 
Catharina Zelt
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Nils Drescher am 11.11.2022 bei der offiziellen Übergabe des Gewerbegebiets "A!real III" an Gemeinde Plankstadt. © Dorothea Lenhardt

Plankstadt. Ein neues Jahr hat begonnen. Das nehmen wir zum Anlass, um mit Bürgermeister Nils Drescher auf 2022 zurückzublicken und vor allem die kommenden Herausforderungen aufzuzeigen. Im Interview spricht Drescher über verschiedene Bauprojekte, die aktuelle Flüchtlingsbewegung, den Klimaschutz und die Bürgermeisterwahl im kommenden Jahr.

Was war das Highlight im Jahr 2022?

Nils Drescher: Das sind zwei Dinge. Einmal natürlich der Bezug des Rathauses und die 1250-Jahr-Feier. Beides ist aus meiner Sicht gelungen.

Was sind derzeit die größten Herausforderungen?

Drescher: Die größten Herausforderungen sind die sich überlagernden Krisen. Corona ist noch nicht vorbei, dann kommen noch die Energiekrise und die Flüchtlingskrise. Mittlerweile haben wir rund 100 Geflüchtete in Plankstadt untergebracht. Die Krisen spielen sich in den Kommunen ab. Der Bund muss da versuchen, die Weichen zu stellen, und ich glaube, da ist auch viel Gutes gelungen, aber die Herausforderungen treten natürlich vor allem vor Ort im direkten Kontakt mit den Menschen auf. Zum Beispiel bei Corona: Führt man Veranstaltungen durch, sagt man sie ab? Oder: Wie viel Weihnachtsbeleuchtung hängt man und wohin? Das sind alles Entscheidungen, die vor Ort getroffen werden müssen und die man so noch nie treffen musste.

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Wie ist der aktuelle Stand bei den Geflüchteten aus der Ukraine?

Drescher: Wir sind in der glücklichen Situation, dass durch das Antoniusquartier 42 Wohnungen frei werden. Und wir haben auch Wohnraum in unseren vorhandenen Objekten frei bekommen. Der erste Schritt war, Objekte anzumieten. In letzter Zeit haben wir aber auch einige Objekte gekauft. Rund 3 Millionen Euro haben wir für Immobilien ausgegeben, die wir für Geflüchtete nutzen. Das ist ein guter Weg, denn bauen dauert zu lang und Containeranlagen sind nichts Nachhaltiges. So haben wir zum Beispiel in der Humboldtstraße ein Dreifamilienhaus ersteigert, das wir vorher schon zur Flüchtlingsunterbringung angemietet hatten. Dort wohnen jetzt fast 20 Menschen. Ich denke, das ist für die Gemeinde unterm Strich die wirtschaftlichste Lösung und auch für die Menschen am besten. Ich bin den Ehrenamtlichen auch unglaublich dankbar. Wir haben sie bei der 1250-Jahr-Feier ausgezeichnet, das haben sie mehr als verdient. Hauptamtlich könnten wir die Menge an Arbeit nicht auffangen. Es sind nach wie vor rund 200 Flüchtlinge da, die zwischen 2015 und 2016 gekommen sind, und dazu kommen jetzt rund 100 Ukrainer. Alle zu betreuen ist sehr zeitintensiv. Es müssen Anträge gestellt werden, die Kinder müssen in die Schule oder den Kindergarten. Das ist viel Arbeit. Im Rathaus haben wir über Förderprogramme eine Integrationsmanagerin und eine Integrationsbeauftragte dazubekommen. Beide sind gut ausgelastet und würden das ohne die vielen engagierten Ehrenamtlichen nicht stemmen können. Sie haben auch an Weihnachten einen Ausflug in einen Indoorspielplatz organisiert. Ein ganzer Bus voll Kinder und Eltern ist mitgekommen. Daran sieht man auch, wie viele Kinder mitgekommen sind.

Wie ist der aktuelle Stand beim Glasfaserausbau?

Drescher: Wir sind in Plankstadt mit dem kommunalen Ausbau relativ weit und haben jetzt mehrere Anfragen für einen flächendeckenden Ausbau. Vier Vorgespräche haben wir geführt. Wir wollen den Ausbau möglichst interkommunal machen und sind mit Schwetzingen und Oftersheim in Kontakt, weil sie dasselbe Ziel haben. Im ersten Quartal wollen wir ein Interessenbekundungsverfahren aufstellen und darüber dann den optimalen Partner für den Glasfaserausbau gewinnen. Das Ziel ist also ein flächendeckender Ausbau – wie in allen Kommunen. Und leider auch mit allen Problemen, die das mit sich bringt. Die Bauarbeiten bisher sind dort, wo wir bei privaten Schnellausbauverfahren hingeschaut haben, nicht gut gelaufen. Teilweise sind die Gehwege kaputt und Sicherheitsvorschriften werden missachtet. Das sind nicht die Arbeitskolonnen, die man sich im Straßenbau wünscht. Deshalb möchten wir den Ausbau bündeln, steuern und uns den Partner gut aussuchen.

Preissteigerungen, Fachkräftemangel, Materialknappheit – wie sehr ist die Kommune betroffen?

Drescher: Weil wir viel bauen und das auch müssen, sind wir natürlich sehr betroffen. Zum Beispiel wenn bei Straßenbaumaßnahmen die Teile nicht beikommen. Gerade erst im ersten Abschnitt bei der Ortsmitte-sanierung hat das Anschlussstück gefehlt und wenn so etwas passiert, verzögert sich alles. Uns sind da leider die Hände gebunden und wir wollen natürlich trotzdem so schnell wie möglich weitermachen. Im Schwimmbad war kürzlich der Motor einer Lüftungspumpe kaputt. Andreas Ernst hat dann sehr viele Firmen angeschrieben und angerufen, weil es im Schwimmbad zu feucht wurde und schnell Ersatz hermusste. Zum Glück hat er dann eine Firma gefunden, die den Motor auf Lager hatte. Das hat geklappt, war aber mit einem sehr hohen Zeitaufwand verbunden.

Muss man aktuell also von vornerein mit Verzögerung planen?

Drescher: Ich denke schon, ja. Auch beim Rathaus haben wir schon auf Teile gewartet und mussten teilweise alternative Produkte verwenden. Man muss eben das nehmen, was auf dem Markt verfügbar ist. Und es braucht einfach mehr Zeit. Wir sind auch im Brühler Weg nicht so weit gekommen, wie wir gedacht hatten. Der Untergrund, der eingebaut worden ist, war zu fein und das Wasser ist nicht versickert. Er musste also noch einmal ausgetauscht werden. Zum Glück haben wir es rechtzeitig gemerkt. Aber da war gerade das Schreiben an die Anwohner verteilt und dann ist schon wieder alles anders. Gerade im Bestand passiert immer wieder Unvorhergesehenes. Die Straße wurde so tief schon lange nicht mehr aufgerissen und wenn man an so alte Wasser- oder Gasleitungen drangeht, dann sind manchmal Leitungen da, wo man keine erwartet. Da muss man sehr vorsichtig sein.

Wie sind die Rückmeldungen der Bürger, was die Ortsmittesanierung angeht?

Drescher: Die Bürger haben viel Verständnis. Dort, wo wir beispielsweise mit Ausweichparkplätzen oder Schildern helfen können, tun wir das. Wir stehen ständig in Kontakt mit den Menschen. Aber natürlich ist es nicht angenehm, wenn plötzlich ein Bus alle zwanzig Minuten vor der Haustür fährt. Wir sanieren nicht, um jemanden zu ärgern, sondern weil es gemacht werden muss. Die Trinkwasserleitungen sind über 100 Jahre alt. Wir in Plankstadt wissen, wie wichtig es ist, dass das Trinkwasser eine gute Qualität hat. Die Anwohner bekommen in der Ortsmitte außerdem eine Tempo-20-Zone, was mehr Lebensqualität bedeutet. Und es wird durch das Pflaster deutlicher, dass es die Ortsmitte ist. Die Bauphase wird sich also sicherlich lohnen – nicht nur optisch, sondern auch in den Funktionalitäten. Damit schaffen wir außerdem ein Stück mehr Barrierefreiheit. Wir bauen alle Haltestellen barrierefrei um. Und die Ortsmitte an sich wird für blinde Menschen leichter zugänglich und mithilfe von Leitstreifen beispielsweise die Eingänge zum Rathaus leichter zu finden sein.

Das neue „Kultur- und Sportquartier Westend“ mit den Ersatzbauten für die Mehrzweckhalle wird 2023 ein prägendes Projekt. Das Quartier ist in der Mitte rechts oben vom Decathlon (große Halle links) zu sehen. © Schöffler

Es stehen viele große Investitionen an. Wie wollen Sie sicherstellen, dass die Kommune weiterhin auf sicheren Beinen steht?

Drescher: Wir stehen mit hohen Rücklagen und kaum Schulden gut da. Nach wie vor ist in der mittelfristigen Finanzplanung keine Verschuldung geplant. Gleichwohl steht natürlich mit den Kultur- und Sporthallen eine riesige Investition vor uns. Und man muss auch die Unterhaltungskosten sehen, gerade durch die Energiekrise. Wir wissen, dass die Dr.-Erwin-Senn-Halle und die Mehrzweckhalle 1,1 Millionen Kilowattstunden an Energie verbrauchen. Die neuen Hallen dagegen brauchen in der Prognose nur 340 000 Kilowattstunden. Auf lange Sicht wird es sich also für die Gemeinde wieder rechnen.

Wie steht es um den Klimaschutz in Plankstadt?

Drescher: Wir müssen die Klimawende schaffen und da kommt auch auf eine Kommune wie Plankstadt eine große Aufgabe zu. Wir haben zwar schon einiges getan, aber wenn man sich die Zahlen anschaut, ist es noch ein weiter Weg bis zur Klimaneutralität. Wichtig ist, dass die Energie vor Ort klimaneutral erzeugt wird und zu vernünftigen Preisen angeboten werden kann. Wir schauen, dass wir Photovoltaik ausbauen und die Chancen nutzen, die da sind. So haben wir zwei große Photovoltaikanlagen, die Umstellung der Straßenbeleuchtung auf LED und des kompletten Fuhrparks komplett geplant. Aber wir müssten 171 000 Megawatt Energie regenerativ erzeugen oder einsparen, um klimaneutral zu sein. Im Moment erzeugen wir mit allen in Plankstadt installierten Photovoltaikanlagen 3000. Da ist also noch viel zu tun und es sind große Schritte erforderlich. Das Ziel ist klar: Plankstadt soll bis 2040 klimaneutral sein.

Ausblick aufs nächste Jahr: Welche großen Projekte stehen an?

Drescher: Das größte Projekt ist das „Kultur- und Sportquartier“ mit seinen Straßen, der Erschließung der Baufelder und dem Neubau der Hallen. Das kostet uns schon sehr viel Zeit in der Planung und wird uns mit dem Bau weiterbeschäftigen. Die Baustelle in der Ortsmitte soll nächstes Jahr auch vorangetrieben werden. Ich hoffe auf ein warmes Frühjahr, sodass wir schnell voranschreiten können. Wir bekommen außerdem ein neues Feuerwehrfahrzeug und – wie gesagt – die barrierefreien Bushaltestellen sowie die neue Straßenbeleuchtung. Und die Schwimmhalle wird saniert. Im Juni ist dafür der Beginn vorgesehen. Für den Zusammenhalt wollen wir gemeinsam mit dem Gemeinderat im ersten Quartal 2023 an der Vereinsförderung arbeiten. Die Vereine haben ebenfalls mit gestiegenen Unterhaltungskosten für ihre Gebäude und Liegenschaften zu kämpfen, da wollen wir sie unterstützen, dass sie handlungsfähig bleiben. Im Juni steht dann das neue Fest, das „Plänkschder Ortsmittefest“, an. Ich hoffe, dass dieses und alle anderen Feste so stattfinden können, wie sie im Veranstaltungskalender geplant sind.

Im Jahr 2024 stehen Bürgermeisterwahlen an. Werden Sie noch einmal kandidieren?

Drescher: Ich möchte noch keinen Wahlkampf starten, aber ja, ich möchte die Hallen einweihen, ich möchte das sanierte Schwimmbad und die Ortsmitte erleben und viele Projekte für Plankstadt vorantreiben. Die sieben Jahre, seit denen ich im Amt bin, sind wahnsinnig schnell vorbeigezogen. Gerne würde ich im Jahr 2024 als Bürgermeister wiedergewählt werden.

Was möchten Sie den Plankstadtern gern noch sagen?

Drescher: Es geht nicht nur ums Bauen und Infrastrukturmaßnahmen. Sie müssen geleistet werden und da sind wir gut am Aufholen. Aber es geht eben nicht nur darum, die Infrastruktur zu sanieren, sondern auch, dass die Menschen die Infrastruktur nutzen wollen. Dass sie zusammenkommen und beispielsweise die neue Halle füllen. Dass sie Traditionen pflegen und sich als Gemeinschaft fühlen. Die kommenden Jahre werden sicher eine Herausforderung. Wir wissen nicht, wie viele Flüchtlinge noch kommen, wie der Krieg und die Zerstörung in der Ukraine weitergehen. Ich wünsche mir, dass wir hier zusammenhalten und die Krisen bewältigen, egal, was noch kommt – ohne die Hoffnung zu verlieren. Ich schaue mit Zuversicht in die Zukunft und hoffe auf Frieden.

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