Reilingen. Die Freude hat für manche Fahrradfahrer in der Region nur kurz gewährt: Nach jahrelangen Diskussionen hat Forst BW den Waldweg zwischen der Gemeinde Reilingen und dem Waghäuseler Stadtteil Kirrlach – Holzbrückerallee genannt – sanieren lassen.
Dieser war auf dem 2,8 Kilometer langen Abschnitt zwischen dem Forlenhof bei Waghäusel und der Steinernen Brücke voller Schlaglöcher, Absenkungen und Setzrisse, welche die Fahrt beschwerlich und mitunter gefährlich machten. Bei den Bauarbeiten, die ungefähr drei Wochen dauerten, ersetzte die beauftragte Firma die teils vorhandene Schwarzdecke durch einen Sand-Wasser-gebundenen Belag. In das Projekt investierte Forst BW als Eigentümer des Wegs rund 62.000 Euro.
Die Route ist nicht zuletzt deshalb beliebt, da es an der Landesstraße 556 (Steinallee) keinen Radweg gibt und viele Fahrradfreunde den parallel durch den Wald verlaufenden Wirtschaftsweg als sichere Alternative vorziehen. Als dieser vor Kurzem wieder für den Verkehr freigeben worden ist, hat die Nachricht daher zahlreiche Radler zu einer Tour ermuntert – von der etliche jedoch ernüchtert zurückgekehrt sind. Der Zustand sei jetzt schlimmer als vorher, bemängeln die einen.
Die Lage habe sich allenfalls verschlimmbessert, finden andere. „Die Fahrbahn ist in der Mitte stark gewölbt und zu den Rändern hin sehr abschüssig. Wenn man da nicht aufpasst, landet man ruckzuck im Waldbereich“, schildert ein Leser seine Eindrücke. Durch den losen Schotter steige die Sturzgefahr zusätzlich. „Solange sich daran nichts ändert, ist die Strecke für meine Frau und mich leider tabu“, ergänzt er.
Beschwerden über Wölbung und Schotter häufen sich in Reilingen und Waghäusel
Mit seiner Kritik ist der Mann nicht allein. „Unsere Bürger haben uns über die starke Wölbung informiert und uns ihren Unmut darüber mitgeteilt“, erklärt der Waghäuseler Bürgermeister Andreas Emmerich. Forst BW, in dessen Zuständigkeit der Weg falle, seien die Beschwerden ebenfalls bekannt. Für Sand-Wasser-gebundene Beläge sei es zwar normal, dass sie sich wölben, nicht aber derart extrem. Das habe vor allem zwei Ursachen. „Was dem Weg momentan fehlt, ist Regen. Durch das Wasser verkleben die enthaltenen Mineralien mit dem Sand. So festigt sich das Ganze und senkt sich noch ab“, beschreibt er den ersten Grund. Die Nutzung durch Forstfahrzeuge und Radler werde diesen Effekt verstärken. Daher wolle Forst BW nach seinem Kenntnisstand zunächst abwarten, um die Entwicklung zu beobachten und gegebenenfalls nachzubessern.
Dennoch sei der Weg „nicht so gut“ gebaut. Das liege nicht zuletzt daran, dass die ausführende Firma zu viel Material verbaut habe. Forst BW sei damit auch nicht glücklich, berichtet Emmerich. Grundsätzlich seien Sand-Wasser-gebundene Deckschichten aber eine gute Lösung. Sobald der Belag genug Niederschlag abbekommen habe, werde er ziemlich hart und das ganze Jahr über nutzbar, ähnlich wie die Wege im Luisenpark in Mannheim. Zugleich sei diese Technik weniger anfällig gegenüber sich ausdehnenden Baumwurzeln, die etwa die alte Schwarzdecke beschädigt hätten. „Ich bin den Weg selbst schon gefahren und empfinde ihn jetzt ebenfalls stellenweise schlechter als vorher“, pflichtet er den Kritikern bei.
Im Reilinger Rathaus seien zahlreiche Beschwerden eingegangen, sagt Bürgermeister Stefan Weisbrod. Natürlich diene die Holzbrückerallee vorrangig der Forstwirtschaft, doch sie stelle zugleich eine wichtige Radwegeverbindung dar – und zwar keineswegs nur für Reilinger, sondern auch für Lußheimer Fahrradfahrer. „Es stößt den Leuten eben bitter auf, dass der Weg nach all den Jahren endlich erneuert wurde, aber nicht besser geworden ist“, fasst er die negativen Rückmeldungen zusammen. Das extreme Dreiecksprofil, das die Fahrbahn jetzt aufweise, sei außergewöhnlich. „Weicht man da zum Beispiel bei Gegenverkehr etwas zur Seite aus, fährt man schnell in den Waldboden“, erläutert er. Ob Regen und Nutzung die Situation entscheidend zum Guten wenden? Das bezweifelt der Verwaltungschef. „Ich hoffe, dass da noch nachgebessert wird und das nicht einschläft“, erklärt Weisbrod.
Forst BW: Zeitpunkt und Ausführung waren nicht optimal
Der Ärger etlicher Radfahrer ist dem zuständigen Forstbezirk Hardtwald nicht entgangen. „Mir ist klar, dass manche Menschen sich auf dem Weg zurzeit nicht wohlfühlen. Ich verstehe auch die Befürchtung etwa von Eltern, dass ihre kleinen Kinder dort stürzen könnten“, erklärt Forstbezirksleiter Bernd Schneble. „Zur Beruhigung kann ich ihnen aber versichern, dass uns keine Stürze bekannt sind“, merkt er an. Zudem habe er die komplette Strecke selbst mehrere Male mit dem Fahrrad zurückgelegt, das gehe problemlos. Die Beschwerden beträfen auch nur einen ungefähr 800 Meter langen Teil des rund 2.800 Meter langen Wegs.
Wie ist die bemängelte Wölbung entstanden? Das hat Schneble zufolge unter anderem mit der vorherigen Schwarzdecke zu tun. Diese sei von dem beauftragten Unternehmen aufgebrochen und – nach der Überprüfung auf eventuell belastetes Material – für den neuen Aufbau wiederverwendet worden. Allerdings sei es nicht gelungen, alle Asphaltplatten so zu verkleinern, wie es sein sollte. „Einige umfassten circa 30 Zentimeter, mehr als zehn sollten es eigentlich nicht sein.“ Die zu großen Stücke hätten sich dann stärker abgesenkt als der Rest. Um diese wellenartigen Höhenunterschiede auszugleichen, habe die Firma mehr Material aufgetragen – insgesamt zu viel. „Unsere Wege sind in der Regel besser“, betont er.
Teils sei die Wölbung aber tatsächlich dem noch zu trockenen Material geschuldet. „Durch den Starkregen vor ein paar Tagen ist es aber schon deutlich besser geworden“, bekräftigt der Forstbezirksleiter. Darüber hinaus werde der betreffende Abschnitt von dem Unternehmen noch mal abgerüttelt und sich der noch lockere Schotter zunehmend festigen. Die Fahrbahnränder wirkten gegenwärtig tiefer als vorher, weil zu Beginn der Bauarbeiten die Bankette abgeschoben wurden. Dieser optische Eindruck werde entschärft, sobald die Ränder erneut bewachsen sind. Vielleicht lasse sich zudem ein Teil des Bankettmaterials zurückschieben.
Ob eine neue Schwarzdecke die bessere Wahl gewesen wäre? Das habe man der Gemeinde Reilingen angeboten, sofern sie sich an den Kosten beteiligt, erinnert Schneble. Der Rat habe dies seinerzeit abgelehnt. Der Forstbezirk wiederum betreue sämtliche Wege im Staatswald zwischen Mannheim und Karlsruhe und verfüge nicht über die finanziellen Mittel, um sie alle zu asphaltieren. „Davon abgesehen möchten wir das auch aus ökologischen Gründen nicht. Denn eine Schwarzdecke ist für kleine und kleinste Lebewesen wie Amphibien eine viel größere Hürde“, nennt er einen weiteren Grund.
Nicht zuletzt hätten sich Sand-Wasser-gebundene Wege im Wald bewährt, da sie robust und zu jeder Jahreszeit befahrbar seien. Er fahre viel mit dem Fahrrad und bevorzuge einen solchen Untergrund auch persönlich, zumal dieser im Herbst, wenn das Laub von den Ästen fällt, nicht so rutschig werde wie eine Schwarzdecke.
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