Reilingen. Drei Monate hatte Ingo Pelz seit seinem Dienstantritt am 1. November Zeit, sich im Rathaus umzuschauen, eine erste Bilanz für sich zu ziehen. Und die fällt positiv aus, wie der Hauptamtsleiter im Gespräch mit unserer Zeitung betont: „Die Verwaltung funktioniert“, stellte er fest und hebt die hohe Motivation der einzelnen Mitarbeiter hervor. Für ihn keine Überraschung – eine schlanke Verwaltung wie in Reilingen könne nur funktionieren, wenn alle mitziehen.
Nach exakt 100 Tagen im Amt ist der Begriff „neuer“ Hauptamtsleiter schon nicht mehr geläufig, weiterhin schwingt bei ihm die immer in die zukunftweisende Deutung mit. Und die Zukunft hat Pelz fest im Griff, wird es eine seiner Hauptaufgaben doch sein, die Verwaltung fit zu machen für die vor ihr liegende Zeit der Digitalisierung, die einen tiefen Einschnitt in die bisher gewohnten Arbeitsabläufe mit sich bringen dürfte. Weshalb es dem Hauptamtsleiter wichtig ist, die Vergangenheit nicht aus dem Blick zu verlieren. Ein Anker hierbei ist das Gemeindearchiv, für das er zuständig ist, das er bewahren soll.
Reilingens Hauptamtsleiter Ingo Pelz: Gegenwart und Zukunft
Die Frage, ob das Archiv noch Sinn macht, stellt sich dabei für Pelz nicht. Klar, niemand interessiert sich heute mehr für Kassenvorgänge von vor über 100 Jahren, aber wenn es beispielsweise ums alte Schlossmühlenareal geht, da schwingt schon Heimatgeschichte mit durch. Doch wie gesagt, die Frage stellt sich nicht, als Hauptamtsleiter ist er per Vorschrift für ein funktionierendes Archiv zuständig. Dessen ungeachtet stellt er sich der Frage, wie das aktuelle Geschehen für die Nachwelt archiviert werden kann – Stichwort Digitalisierung.
Archiv und Digitalisierung, Vergangenheit und Zukunft beschreiben exakt den Spagat, den zu bewältigen sich Pelz anschickt. Die Gegenwart zu deuten und die richtigen Lehren aus ihr für die Zukunft zu ziehen, so lässt sich beschreiben, wie der neue Hauptamtsleiter seine Aufgabe im Rathaus sieht. Was auf den ersten Blick etwas abgehoben wirkt, offenbart sich auf den zweiten als dringliche Notwendigkeit, Stichwort Fachkräftemangel und Transformation der Verwaltung hin zu einem digitalen Dienstleister.
Doch ein Generationswechsel zeichnet sich ab und damit werde die Notwendigkeit, neue Mitarbeiter fürs Rathaus zu gewinnen, immer dringlicher. Im Konkurrenzkampf mit anderen Kommunen und der freien Wirtschaft keine leichte Aufgabe. Das weiß auch Pelz. Vergleicht er seine Tätigkeit als Personalmanager mit einer ähnlichen Tätigkeit in der freien Wirtschaft, dann steht ein Ergebnis schnell fest: Dort könnte er einiges mehr verdienen. Weshalb als zusätzliche Motivation für ihn der Spaß am Tun kommt, die Freude am Gestalten.
Reilingens Hauptamtsleiter Ingo Pelz: Diskussion über ChatGPT
Beim Stichwort Personalgewinnung führt in seinen Augen kein Weg mehr an der Digitalisierung vorbei. Dank künstlicher Intelligenz – aktuell wird über den Textroboter ChatGPT diskutiert, der verblüffend authentische Schreiben formuliert – könnten viele einfache Arbeiten entfallen, ließen sich Schreiben mit wenigen Stichworten erstellen oder viele Behördengänge online erledigen. Wer ein Gewerbe anmelden wolle, führt Pelz als Beispiel an, dem ist es am Ende, wenn er die Aufgabe erledigt hat, egal, ob ihn ein Mensch oder eine KI durchs Formulardickicht geführt hat.
Hinzu kommt, dass viele Menschen, insbesondere jüngere, keine Termine mehr auf dem Rathaus wollten, sie wollen rund um die Uhr online mit der Verwaltung kommunizieren. „An entsprechenden Plattformen, dies zu ermöglichen, wird gearbeitet“, stellt der Hauptamtsleiter fest. Zwar schwinge bei diesem Bereich noch einiges an Zukunftsmusik mit, doch sei es seine Aufgabe, die Themen zu erkennen, das Rathaus darauf vorzubereiten.
Was ihm in der Gemeinde wohl gelingen wird, in seinen ersten 100 Tagen hat er im Rathaus eine große Bereitschaft für Veränderungen gespürt. Die es zu moderieren gilt. Wie vor einigen Jahrzehnten einen PC ins Büro stellen, verbunden mit der Aufforderung „jetzt mach mal“, gehe heute nicht mehr, die Menschen wollten mitgenommen werden. Was im Umkehrschluss einiges an Besprechungen erfordere, zahlreiche Stellschrauben, die nachjustiert werden müssen.
Sieht man von der Zukunftsaufgabe Digitalisierung ab, so sieht Pelz die Verwaltung nach seinen ersten hundert Tagen in vielen Bereichen gut aufgestellt. Als Beispiele nennt er die im Bauhof geltenden Sicherheitsvorschriften oder die Unfallverhütungsvorschriften im Rathaus, die von der Verwaltung strikt befolgt würden – nicht in jeder Kommune eine Selbstverständlichkeit.
Was dem Hauptamtsleiter gleichfalls positiv aufgefallen ist: Bürgeranfragen werden umgehend bearbeitet, die Verwaltung ist stets ansprechbar und vertritt sich gegenseitig – der direkte Draht ist jederzeit gewährleistet. Natürlich gebe es dennoch Stoßzeiten und Beschwerden, berichtet er aktuell aus dem Bürgerbüro, wo es vorkommt, dass donnerstags um 17 Uhr kein Termin zu bekommen ist. Für Pelz ein typisches Nachfrageproblem – dienstagvormittags würden kaum Termine nachgefragt. Die Verwaltung habe dennoch reagiert, arbeite im Bürgerbüro nun synchron – dennoch, den beliebten Termin am Donnerstagnachmittag könne man nur einmal vergeben. Wobei, mit dem Trend zu Online-Angeboten werden sich auch hier wohl Entspannung einstellen.
Reilingens Hauptamtsleiter Ingo Pelz: Schnell eingewöhnt
Unterm Strich ist Ingo Pelz mit seinem Wechsel ins Reilinger Rathaus sehr zufrieden. Von Waghäusel kommend gab es für ihn keine Anpassungsprobleme, zumal er seinen schwäbischen Migrationshintergrund sprachlich nur leicht andeutet. In Reilingen schätzt er das kollegiale Miteinander und auch wenn er der Chef ist, legt er Wert auf niederschwellige Kontakte –- er ist ansprechbar und hat stets ein Ohr für die Mitarbeiter. Wie es der 37-jährige Diplom-Verwaltungswirt schon an seinen früheren Arbeitsstellen hielt.
Dies auch mit der Devise, dass diese sich an ihrem Arbeitsplatz wohlfühlen sollen – Stichwort Fachkräftemangel. Im Sinn hat er dabei neue Angebote wie einen Yoga-Kurs und Ähnliches. „Die Menschen sollen sich wohlfühlen“, ist seine Überzeugung. Was in der Gemeinde sehr gut klappe, schaue man auf das Engagement der Mitarbeiter fürs Gemeinwohl, beispielsweise beim Nachtumzug. Keine Selbstverständlichkeit, weiß Pelz. Selbstverständlich ist es für ihn hingegen, den Einsatz der Rathausmitarbeiter mit einem Helferessen zu goutieren.
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