Reilingen. Der Jahreswechsel ist nicht nur die Zeit der guten Vorsätze, sondern auch die Zeit des Innehalten, des Rückblicks. Auch das Leben in Gemeinden will bilanziert und mit einer treffenden Überschrift versehen werden. Um es kurz zu machen – es war ein Jahr des Bauens, des Wachstums. Es wurde sowohl in die Höhe, beispielsweise mit dem Anbau an die Schillerschule, als auch in der Fläche gewachsen, erinnert sei nur an die Dauerbaustelle Hockenheimer Straße.
Mit dem Dezember geht nicht nur das Jahr, sondern auch das Jahrzehnt verabschiedet sich. Es bescherte der Gemeinde ein stattliches Wachstum, um über 500 Personen wuchs die Einwohnerzahl, auch bedingt durch das Neubaugebiet „Herten II“, in dem sich langsam die letzten Baulücken schließen. Neue Bauplätze, Raum für Familien – ganz klar, dass damit auch die Zahl der Kinder anstieg. Und kaum waren 2018 die Feierlichkeiten der Eröffnung des „Hauses der kleinen Hasen“ verklungen, da regte sich in der Gemeinde schon neuer Bedarf – eine weitere Kindertagesstätte musste her.
Container als Zwischenlösung
Der Dringlichkeit gehorchend blieb keine Zeit für einen Neubau, der Gemeinderat verständigte sich auf eine Übergangslösung in Modulbauweise. Was sich sicherlich schöner anhört als Container, aber auch der Wahrheit näher kommt – die Module versprühen eine behagliche Atmosphäre, die jeden Gedanken an Container schnell verscheucht. Mit seinen vier Gruppenräumen, Schlaf- und Intensivräumen, den Sanitär- und Personalräumen sowie der Küche bietet das „Haus der kleinen Sterne“ Platz für bis zu 70 Kinder. Die Übergangslösung ist vorerst auf zwei Jahre befristet. Zeit genug für den Rat zu entscheiden, ob das „Haus der kleinen Sterne“ an anderer Stelle in Stein gegossen werden soll.
Diese Maßnahme schlägt mit Kosten von deutlich unter einer halben Million Euro zu Buche. Sie ist jedoch nicht die letzte Investition in den Bereich der Kinderbetreuung – weitere 1,1 Millionen Euro wird der Ausbau des Oberlin-Kindergartens kosten, für den der Rat in diesem Jahr gleichfalls grünes Licht gab.
Nicht nur im Betreuungsbereich, auch auf dem schulischen Sektor geht es rasant voran. Nachdem die Friedrich-von-Schiller-Schule in ihrem zweiten Jahr als Gemeinschaftsschule ist, nimmt auch der Anbau an das Schulgebäude langsam Gestalt an. Im Mai mit dem Spatenstich begonnen, wurde schon Ende November Richtfest gefeiert und der neue Trakt soll zum Schuljahr 2020/21 fertig sein.
Das neue Gebäude schafft nicht nur Raum für den erhöhten Platzbedarf der Gemeinschaftsschule, er dient auch der Mensa mit ihren 150 Sitzplätzen und der vollausgestatteten Küche. Diese ist notwendig, da an der Schule Ganztagsunterricht herrscht und sie ist zugleich ein Aushängeschild der Gemeinde – täglich wird in ihr frisch gekocht. So ist es schon jetzt, wo sie noch in der Mannherz-Halle untergebracht ist und so soll es bleiben, wenn sie ins neue Domizil wechselt. Die bisherige Küche wird übrigens nicht „zurückgebaut“, sie soll den Vereinen bei Veranstaltungen in der Halle dienen.
Pflegeheim wächst empor
Der Anbau an die Schillerschule wird rund fünf Millionen Euro kosten, hinzu kommen weitere 860 000 Euro für Veränderungen im Bestandsgebäude. Zwar darf die Gemeinde mit Zuschüssen rechnen, doch den Löwenanteil der Investition wird sie selbst tragen müssen. Doch dies ist es der Gemeinde wert, geht es doch um den Erhalt des Schulstandorts, der durch die Gemeinschaftsschule gesichert wird. Momentan bis zum Ende des 10. Schuljahres.
Die Daseinsvorsorge betrifft nicht nur den Beginn des Lebens, auch das Alter will bedacht sein und so ist es mit Sicherheit ein Meilenstein in der Geschichte der Gemeinde, das neue Pflegeheim mit seinen 84 Plätzen, dessen Richtfest im April gefeiert wurde. Rund zehn Millionen Euro werden durch einen Bauträger, die Orbau-Firmengruppe, in den Neubau investiert, der später von der Arbeitewohlfahrt Baden betrieben wird. Ende des ersten Halbjahres 2020 soll das Pflegeheim seine Arbeit aufnehmen.
Direkt daneben entstehen 16 barrierefreie, betreute Seniorenwohnungen, in die von der Orbau-Firmengruppe weitere 3,5 Millionen Euro investiert werden. Wie beim benachbarten Pflegeheim – die Nachfrage ist groß und zeigt, dass ein wichtiger Baustein der kommunalen Infrastruktur errichtet wird, wie Bürgermeister Weisbrod die Neubauten in Herten II auf den Punkt brachte.
Auch die Gemeinde investiert in den Wohnungsbau. Nach Jahren der Abstinenz reagiert sie damit auf die steigende Nachfrage nach bezahlbarem Wohnungsraum. An der Ecke Wilhelm- und Graf-Zeppelin-Straße entsteht für 1,1 Millionen Euro ein Mehrfamilienhaus, das Raum für acht Familien schafft. Die Graf-Zeppelin-Straße hinunter, in Höhe der Feuerwehr, entsteht schon das nächste Bauprojekt, für das der Rat grünes Licht gab, das gleichfalls bezahlbaren Wohnraum schaffen soll und im Auftrag der Kommunalen Wohnungsbaugesellschaft (KWG) errichtet wird.
Investiert wurde von der Gemeinde obendrein noch in ein neues Trauzimmer, das sich zum Rathausplatz öffnet und zum Heiraten mit anschließendem Sektempfang geradezu einlädt.
Ja, und dann war da noch die Hockenheimer Straße, die das Jahr fast die ganze Zeit als Baustelle begleitete. Eine sehr aufwendige Arbeit, galt es doch die Kanäle und Hausanschlüsse zu erneuern. Eine Neugestaltung der Straße wurde nicht vorgenommen, lediglich die Haltestellen wurden barrierefrei ausgebaut. Was den Nebeneffekt hat, dass der Parkplatz gegenüber dem Rathaus, am Kleinen Hertenweg, demnächst erweitert werden kann. Und auch am anderen Ende der Hockenheimer Straße, bei der Einmündung in die Kreisstraße, gibt es eine positive Veränderung: Endlich gibt es für die Abbieger in Richtung Walldorf eine eigene Spur, was den Verkehr flüssiger gestaltet.
Neu angelegt wurde die Hildastraße und die wohl deutlichste Veränderung erfuhr die Hauptstraße – auf ihr gilt nun durchgehende Tempo 30. Weitere Verbesserungen erhofft sich die Gemeinde vom Lärmaktionsplan, dessen Neuberechnung nun zu ruhigeren Zeiten im Königsberger Ring und der Breslauer Straße führen soll – die Landstraße soll in diesem Bereich mit einem Tempolimit versehen werden.
Doch das Jahr war nicht nur durch eine rege Bautätigkeit geprägt, es gab einige Jubiläen zu feiern und andere wichtige Wegmarken. So wurde das Maifest mit einer neuen Spargel- und Erdbeerprinzessin eingeläutet – Kim I. trat das Amt an.
In Sachen Partnerschaften gab es zwei Jubiläen zu feiern – mit der französischen Gemeinde Jargeau ist die Gemeinde seit 30 Jahren, seit 1989, verbunden, mit dem italienischen Mezzago seit zehn Jahren.
Große Fortschritte macht der Bau des Martin-Luther-Hauses der evangelischen Kirchengemeinde, die im aktuellen Kirchenjahr das 200-jährige Bestehen des Gotteshauses feiert.
Gestaltet nimmt der „Museumspark Wersau“ an. Gemeinde und Universität Heidelberg beschlossen eine Kooperation, mit der die Ausgrabungen für die nächsten Jahre gesichert sind und die zu baulichen Veränderungen auf dem Gelände führen wird.
Nicht vergessen werden darf der Aufstieg der Ringer in die Bundesliga und der Weltmeistertitel, mit dem sich das Hohner-Akkordeon-Orchester seit dem Word-Music-Festival schmücken darf.
Wie gesagt, ein Jahr der Expansion, ohne gravierende Einschnitte. Wie auch die Kommunalwahl im Mai ohne große Einschnitte blieb, die Grünen gewannen einen Sitz, die FW verloren einen, was wohl dem allgemeinen politischen Klima im Land geschuldet ist, jedoch auch für eine gewisse Ruhe in der Gemeinde spricht.
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