Reilingen. Ein schönes und besonderes Fest durften Marlene und Joachim Scholz im Seniorenzentrum Am Feldrain feiern – ihre Eiserne Hochzeit. Sie zählen zu den ersten Bewohnern der neuen Einrichtung und waren das erste Ehepaar, das sich gemeinsam in Reilingen niederließ. Somit war es für das Jubelpaar, deren Familie und für die Bewohner ein besonderer Tag und alle wollten mit Marlene und Joachim Scholz den 65. Hochzeitstag feiern.
Bürgermeister Stefan Weisbrod gratulierte dem Jubelpaar persönlich und überreichte einen Blumenstrauß und ein paar echte Reilinger Präsente. Er sprach dem Ehepaar seine Hochachtung aus und wünschte weiter alles erdenklich Gute, viel Gesundheit und noch viele schöne Jahre in Reilingen, damit er auch in fünf Jahren zur Gnadenhochzeit wieder seine Glückwünsche überbringen kann. Joachim Scholz freute sich über den hohen Besuch und fühlte sich geehrt, da er und seine Frau ja erst seit wenigen Wochen Reilinger Bürger sind.
Nach mehr als 50 Jahren in ihrem eigenen Haus in Essen zeichnete sich ab, dass der 95-Jährige und seine 91-jährige Frau sich nicht mehr alleine versorgen können. Sie wagten den Umzug nach Reilingen, dem Wohnort ihres zweitältesten Sohnes Christoph. „Eine Entscheidung, die wir bis jetzt noch nicht bereut haben“, sagte der lebenserfahrene Mann, auch im Namen seiner Frau.
Einsatz an der Front
Joachim Scholz wurde am 21. Oktober 1924 in Danzig geboren und musste mit 17 Jahren mit einem Not-abitur die Schule verlassen und an die Front ziehen. Nach Kriegsende befand er sich vier Jahre in sowjetischer Gefangenschaft, die er gesundheitlich sehr angeschlagen überstand. Seine Familie wurde inzwischen in den Westen deportiert, wobei der Vater umkam. In Essen traf er seine Mutter und seine Schwester wieder und begann dort eine kaufmännische Ausbildung. Im Sommer 1953 veränderte sich sein Leben in eine glückliche Richtung, denn er sah bei dem Besuch eines Tennisturniers eine junge Frau. Sie hieß Marlene und es war Liebe auf den ersten Blick.
Genau so erging es auch der zukünftigen Braut, die am 17. März 1929 geboren wurde, mit zwei Schwestern in Essen aufwuchs und deren Jugendjahre vom Krieg überschattet wurden. Als sie in dieser Zeit im Krankenhaus lag, wurde dieses Ziel eines Bombenangriffs und die junge Marlene konnte sich gerade noch rechtzeitig aus dem brennenden Gebäude retten. Kurze Zeit später wurde sie mit ihrer Zwillingsschwester nach Hessen evakuiert. Dort, auf dem Lande, in gebührendem Abstand von Kassel, war die Gefahr geringer. Nach Kriegsende kam sie zurück in ihre Heimatstadt, die zerbombt war. Marlene ging wieder zur Schule, begann anschließend eine Ausbildung zur Schneiderin.
Wenige Wochen nach dem Kennenlernen ihres zukünftigen Mannes erhielt dieser das Angebot, für ein Jahr beruflich ins Ausland zu gehen, was damals eine außergewöhnliche Chance war. Kurz entschlossen verlobten sich die beiden und feierten ihre Hochzeit, wobei Marlene ein Brautkleid trug, das eine Kollegin eigens für sie geschneidert hatte. Das Paar bezog eine winzige Wohnung, in der nur ein Raum mit Kohleofen beheizt werden konnte. Mit Sparsamkeit und nach der Geburt des dritten Kindes, konnten sie den Schritt wagen, um ein eigenes Heim zu bauen. Die Ehe wurde mit fünf Kindern gesegnet, wobei eine Tochter noch als Baby verstarb, eine weitere später mit erst 42 Jahren.
Marlene Scholz widmete sich als Ehefrau der Familie und kümmerte sich, naturverbunden und handwerklich geschickt, um Garten und Haus und Joachim Scholz arbeitete in einem großen Handelsunternehmen für Industriestahl. Nach der Pensionierung folgte er seiner Leidenschaft, dem Verfassen von Zeitzeugenberichten und schrieb zwei Bücher über die Zeit von Nationalsozialismus, Krieg und Gefangenschaft. Als gemeinsame Leidenschaft genossen sie die Bergwanderungen im Allgäu, die sie nach Angaben ihrer Kinder sehr fit hielten.
So feierte das Ehepaar mit drei seiner Kinder und sechs Enkelkindern ihren Jubeltag in der neuen Heimat und wurden auch von ihren Mitbewohnern mit selbst gestalteten Herzen überrascht. Eine Überraschung gab es von Sohn Christoph: Er gab mit seinem E-Piano im Garten des Seniorenzentrums ein Konzert. Mit alten Schlagern und Walzermusik, die den Senioren bestens bekannt waren, erfreute er alle Anwesenden. Es gab kein Lied, das die Zuhörer nicht kannten und so sangen und klatschten sie gut gelaunt mit. Scholz wurde mit Applaus belohnt, denn er bescherte dem gesamten Haus einen wunderbaren Nachmittag.
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