Reilingen. In unserer Reihe „Neu im Gemeinderat“ stellen wir Menschen vor, die bereit sind, die nächsten fünf Jahre ehrenamtlich an der Weiterentwicklung ihrer Gemeinde mitzuwirken. Gerne bitten wir die Novizen, sich an ihrem Lieblingsplatz in der Gemeinde ablichten zu lassen. Peter Künzler, der für die Freien Wähler in den Rat einzieht, musste auf diese Frage nicht lange überlegen, führt uns tief in seinen Garten, in seine „Herrenecke“ unterm Nussbaum. Hier sitzt der Bäckermeister gerne bei einer Tasse Kaffee und liest die Zeitung.
Anhand des Lieblingsplatzes von Künzler lässt sich die ganze Breite seines politischen Handelns und noch viel mehr ablesen. Ganz offensichtlich – sein Garten ist groß, naturnah und idyllisch und allein schon deshalb aller Ehren wert, zum Lieblingsplatz ernannt zu werden. Er zieht sich von der Hauptstraße tief in Richtung Fröschau, auf seiner westlichen Seite flankiert von einem mittlerweile brach liegenden Grundstück. Dort war eine massive Bebauung geplant, die Künzler so nicht hinnehmen wollte, weshalb er öfter als betroffener Nachbar im Rat das Wort ergriff – letztlich mit Erfolg, die Bebauung wurde in reduzierter Weise genehmigt.
Der Familienrat hat entschieden
Ihn hat sein eloquentes Auftreten im Rat bei den Fraktionen bekannt gemacht, gleich mehrere wollten ihn bei der Kommunwahl auf ihrer Liste sehen, doch für Künzler war klar, die Farben einer Partei wolle er nicht vertreten, er wolle sich für seine Gemeinde einsetzen und dabei blieben für ihn die Freien Wähler als einzige Möglichkeit über. Doch das letzte Wort in dieser Frage hatte seine Familie, denn für den verheirateten Vater zweier Söhne war von vornherein klar – „ohne das Ja, die Zustimmung meiner Familie, ist das Projekt beendet“. Immerhin, der Zeitaufwand für die Arbeit als Rat ist nicht gering, will wohlüberlegt gemanagt sein.
Zumal für einen Bäckermeister, der zwischen Mitternacht und 1 Uhr mit seiner Arbeit beginnt, hat das Zeitmanagement eine noch größere Bedeutung als für einen Menschen mit Nine-to-five-Job. Beruflich arbeitet der Bäckermeister als Backstubenleiter einer Bio-Vollkornbäckerei in Feudenheim, einer Bäckerei, in der noch richtig gebacken wird, wie er nicht ohne Stolz anmerkt. Eben noch richtiges Handwerk – da weiß man, warum man den Beruf erlernt habe, Meister geworden sei. Beispielsweise bekommt die Bäckerei kein Mehl angeliefert, sie mahlt ihr Korn in einer großen Holzmühle selbst – „800 Kilogramm täglich“, merkt Künzler an, der die Früchte seiner Arbeit mit den Händen greifen kann.
Womit man wieder bei seiner „Herrenecke“ wäre, die er selbst gebaut hat. Mit altem Holz, gewachsenen Materialien, die dem Ganzen ein besonderes Flair verleihen. Überhaupt, im Freien sein, mit den Händen arbeiten, etwas aufzubauen, das ist sein Ding. Und auf seinem Grundstück in der Hauptstraße kann er sich so richtig ausleben. Eigentlich, schmunzelt er, habe er nie einen Altbau gewollt, doch als er sich mit seiner Frau vor gut einem Jahrzehnt in der Gemeinde umgeschaut habe, hätten sie sich sofort „in die Hütte“ verliebt. Weshalb er nun jede Menge Gelegenheit hat, seine handwerklichen Fähigkeiten auszuleben, denn in einem Altbau gibt es immer was zu tun.
Dabei war es ihm mit Sicherheit nicht vorbestimmt, in Reilingen sesshaft zu werden. In Ilvesheim groß geworden, dort ging er seinem Sport, dem Handball nach, machte er seine Ausbildung zum Bäcker, der sich nach der Bundeswehrzeit, die er als Sanitäter bei der Marine verbrachte, die Meisterschule anschloss. Und dann zog es ihn in die Welt hinaus, in Spanien, Griechenland, Österreich und Ägypten war er in Ferienanlagen tätig, nicht nur als Bäckereileiter, sondern auch als Barchef, Koch oder Animateur. In Ägypten lernte er seine Frau kennen, die bei einer Kinderanimation arbeitete, und mit der es ihn wieder in die Heimat zog. Er arbeitet seitdem bei der Vollkornbäckerei in Feudenheim, seine Frau als Lehrerin an einer Walldorfschule in Karlsruhe.
Gesunde Lebensmittel aus natürlichen Rohstoffen, dies ist nicht nur sein berufliches Credo, dies ist auch ein Ansatz, den er bei seiner Arbeit im Gemeinderat umsetzen will. Denn ohne die Landwirtschaft, ohne die Wirtschaft und den Handel vor Ort sei dies nicht zu bewerkstelligen, ist er überzeugt.
Verfechter des Handwerks
Hochwertige Produkte aus der Region vor Ort erwerben, nur so könne die Zukunft gelingen. Der Einzelhandel müsse im Ort bleiben, müsse für Händler und Kunden attraktiv sein. Und es müsse auch Menschen geben, ist er überzeugt, die vor Ort im Gewerbe arbeiten wollen, sei es als Metzger oder Bäcker, um nur zwei Berufe zu nennen, die unter Nachwuchsmangel leiden.
Dem Handwerk den Nachwuchs zu sichern, ist ihm ein großes Anliegen. Künzler engagiert sich als Vorsitzender des Gesellenprüfungsausschusses der Innung in Mannheim, ist Mitglied der Meisterprüfungskommission der „Akademie des deutschen Bäckerhandwerks“ in Weinheim, setzt sich für die Tradition seines Berufs ein und dafür, dass es wieder mehr Lehrlinge im Handwerk gibt. Kurzum, das Handwerk vor Ort und der Ort sollen attraktiv bleiben, dafür will er sich einsetzen. Mit ganzer Kraft. Denn, so seine Überzeugung, wenn Ziele konkret verfolgt werden, kann man einiges bewerkstelligen. Den Ort mit neuen Geschäften beleben, da will er mit dabei sein, in seiner Fraktion, aber auch zusammen mit dem Rat, denn alle Mitglieder hätten das Wohl der Gemeinde im Sinn.
Zur Person
Peter Künzler ist 51 Jahre alt und wuchs in Ilvesheim auf. Nach seiner Lehre als Bäcker und seiner Bundeswehrzeit ging er auf die Meisterschule, die er erfolgreich abschloss.
Anschließend zog es ihn in die Welt hinaus, arbeitete er in verschiedenen Ferienclubs, sei es als Bäckereileiter oder Barkeeper.
Zurück in Deutschland ging es für ihn beruflich nach Feudenheim, wo er seitdem als Backstubenleiter einer Vollkornbäckerei tätig ist.
Künzler engagiert sich als Vorsitzender des Gesellenprüfungsausschusses der Innung in Mannheim und ist Mitglied der Meisterprüfungskommission der „Akademie des deutschen Bäckerhandwerks“ in Weinheim.
Privat wohnt er seit einem Jahrzehnt mit seiner Frau und seinen beiden Söhnen in Reilingen, wo er in zahlreichen Vereinen, so bei den Amici Reilingen-Mezzago, engagiert ist. aw
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