Reilingen. Darf es etwas mehr sein? Wenn ja, war man am Samstag auf dem Straßenfest gerade richtig. Ganz Reilingen war „mitfeiernder Gastgeber“, und für viele Kurpfälzer ist es eine Selbstverständlichkeit, beim Straßenfest dabei zu sein. „Wir sind stolz über so viele Vereinsaktivitäten“ betonte Sabine Petzold, die Vorsitzende der Kultur- und Sportgemeinschaft, schon bei ihrer Begrüßung – schließlich waren am Samstag wieder über 30 Vereine auf verschiedene Art und Weise aktiv: künstlerisch oder kulinarisch, mitunter auch beides. „Dabei sein ist alles“, dieser Spruch trifft seit Jahrzehnten auf das Straßenfest zu, das wieder wettergöttlichen Segen hatte.
Straßenfest in Reilingen, das ist ein großes Fest, das nichts von seiner Individualität verloren hat. Wenn Sabine Petzold die illustre Gästeschar offiziell begrüßt, so klingt das weniger nach „klassischer“ Festeröffnung, eher nach einer gemütlichen Begrüßung am Gartenzaun plus kleinem legeren Plausch. Niemand wird vergessen, viel Beifall gibt es für die Reilinger Ehrenringträger, Siegfried Heim, einer der Väter des Straßenfests, sowie für die Musikikone Willy Ehringer, der knapp 92-jährig beim Musikverein „Harmonie“ auf seiner Trompete mitspielt. Nicht vergessen werden bei der Begrüßung die verständnisvollen Anwohner des Festgeländes: „Wir sagen Ihnen vielen Dank und wünschen Ihnen für heute viel Nervenstärke“, meinte Sabine Petzold augenzwinkernd.
Weisbrod in schicker Uniform
Spannende Frage beim Straßenfest seit drei Jahren: Als was wird er kommen? Bürgermeister Stefan Weisbrod ist einfallsreich. Vor zwei Jahren stand er im lebensgroßen Hasenkostüm auf der Bühne, im vergangenen Jahr kurfürstlich gewandet. Diesmal trug Weisbrod eine, nennen wir es einmal, „marschallisierte Fantasieuniform“, so etwa dürfte ein Hauptmann als Staatsdiener im 17. Jahrhundert gewandet gewesen sein, dazu einen Dreispitzhut, der seine beste Zeit hinter sich hatte.
Ergänzend zu seiner Kleidung trug der Rathauschef eine Schärpe in den Landesfarben Italiens, als äußeres Willkommenszeichen für Massimiliano Rivabeni, den neugewählten Bürgermeister der Partnergemeinde Mezzago. Dessen Amtsvorgänger Giorgio Monti war ebenso zu Gast wie eine kleine Delegation aus Italien, ebenso herzlich wurden die Gäste und der Freundeskreis Jargeau willkommen geheißen. „Ein rundum internationales Fest also“, fasste Stefan Weisbrod zusammen. Seine Gedanken zum Fest und zum Feiern gab das Ortsoberhaupt dann in Gedichtform bekannt, wobei er die „Geduld eines Reimes“ immer wieder auf die Probe zu stellen versteht.
Der traditionelle Böllerschuss des Schützenvereins machte deutlich, dass die Festivität nicht zu überhören ist und Welde-Juniorchef Max Spielmann überwachte den Fassbier-Anstich durch Massimiliano Rivabeni – das Bier konnte fließen.
Wie sehr das Reilinger Straßenfest generationenübergreifend ist, machte der Auftritt der Mädchen und Jungen vom „Haus der kleinen Hasen“ und dem „Haus der kleinen Sterne“ deutlich. Viel Aufmerksamkeit und Beifall gab es für sie und ihre fröhlichen lautmalerischen Lieder aus der Tierwelt, ebenso wie man die Prinzessin der „Käskuche“, Sabine I. und die Altlußheimer Luxina Lucia I. willkommen geheißen hatte.
Der Musikverein Harmonie unter der Leitung von Peter Ehringer hatte die Eröffnung schwungvoll begleitet, und schon zu diesem Zeitpunkt herrschte reges Leben auf den Reilinger Feststraßen. Gäste kamen und gingen, vor allem blieben sie aber, manche lang, manche noch länger, jedenfalls war es schon spät und „sehr dunkel“, als die Reihen sich lichteten.
Viel gab es zu sehen, noch mehr zu hören und natürlich unendlich viel zu erzählen, denn das Fest im Herzen der Gemeinde ist ein regionaler Treffpunkt, getreu dem alten Reilinger Spruch: „Berg unn Tal kumme net zamme, awwer die Leit . . .“ Auch im Zeitalter von Whatsapp und ähnlichen Kontaktmöglichkeiten freut man sich auf eine persönliche Begegnung, eine Umarmung, ein Schulterklopfen, einen Händedruck und ein herzliches Lachen.
Cambeis-Moderation verleiht Pfiff
Das Festprogramm war ebenso sorgsam wie raffiniert zusammengestellt. Livedarbietungen und Musik sind stets ein Schlüssel für den Erfolg eines solch großen Festes. Der bunte Programmmix auf der Bühne am Franz-Riegler-Haus kam bestens an und es zeigte sich, dass ein exzellenter Moderator wie Christian Cambeis dem Bühnengeschehen viel zusätzlichen Charme und Pfiff geben kann.
Der Auftritt des legendären Olli Roth markierte das kongeniale Finale auf der Riegler-Haus-Bühne, „Super Flotsam Overdrive“ und „Jaycee“ sorgten für weitere Livemusik in der Graf-Zeppelin-Straße und „K’lydoscope“ bei der Feuerwehr. Natürlich kam auch kulinarisch niemand zu kurz, es war eher die Qual der Wahl aufgrund der großen Auswahl.
Ein Fest für alle Sinne machte der Reilinger Gastfreundschaft alle Ehre, auch die Historie kam nicht zu kurz und manche konnten sich lange nicht von den alten Bildern trennen, die Philipp Bickle wieder zusammengestellt hatte. Wer war es denn nun wirklich auf dem alten Bild?
Die Organisatoren waren am späten Samstagabend müde, aber auch sehr zufrieden mit dem Fest und Sabine Petzold stimmte Bürgermeister Stefan Weisbrod zu, als dieser zufrieden auf den Tag zurückblickend feststellte: „So läuft halt der Hase . . .“
Info: Mehr Bilder vom Straßenfest: www.schwetzinger-zeitung.de
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