Forst

Im Reilinger Wald ernten Harvester-Maschinen aktuell Holz

Holzvollernter, sogenannte Harvester, sind derzeit bei Reilingen im Waldstück an der Autobahn A6 im Einsatz. Sie stellen ein unverzichtbares Arbeitsgerät bei der Holzernte dar, erklärt Revierförster Gunter Glasbrenner.

Von 
Andreas Wühler
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Bürgermeister Stefan Weisbrod (v. l.), Revierförster Gunter Glasbrenner und Forst-bezirksleiter Philipp Schweigler an einer der Fundstellen von Weißmoos. Die Stellen sind markiert, damit die Holzerntemaschine den Bereich meidet, die Pflanze schont. © Dorothea Lenhardt

Reilingen. Wer dem Waldweg bei der Bürgerbegegnungsstätte über die Autobahnbrücke folgt und sich nach rechts in das Waldstück parallel zur A 6 begibt, der wird ihn schon von weitem hören, den Holzvollernter oder Harvester, wie er auch genannt wird, der derzeit damit beschäftigt ist, Bäume zu schlagen. Insbesondere wenn so eine Maschine in der Dämmerung sämtliche Scheinwerfer anschaltet, beschleicht manchen Menschen ein mulmiges Gefühl ob des großen Ungetüms, weiß Forstbezirksleiter Philipp Schweigler aus eigener Anschauung. Doch es handelt sich nicht um ein Monstrum, sondern um ein unverzichtbares Arbeitsgerät im Wald, so der Fachmann.

Revierförster Gunter Glasbrenner, der sich gemeinsam mit Schweigler, Bürgermeister Stefan Weisbrod und Ortsbaumeisterin Ramona Drexler in dem Waldstück getroffen hat, wirbt um Verständnis für den Einsatz des Harvesters.

Bürgermeister Stefan Weisbrod (v. l.), Forstbezirksleiter Philipp Schweigler, Förster Gunter Glasbrenner und Ortsbaumeisterin Ramona Drexler mit dem Einschlagplan vor einem Stapel kranker Kiefern, die als Industrieholz Verwendung finden. © Dorothea Lenhardt

„Die armen Regenwürmer“, bekomme er oft zu hören, wenn Spaziergänger die Maschine bei der Arbeit sehen. Um die müsse man sich keine Sorgen machen, stellt der Förster fest und verweist auf die Niederdruckreifen, auf denen sich der Harvester fortbewegt. Durch diese komme kaum Druck auf den Boden, selbst den Fuß könne man sich schmerzlos überfahren lassen.

Reilinger Wald: Rückegassen bleiben dauerhaft

Obendrein fahre das Gerät nur in den sogenannten Rückegassen, die sich im Abstand von zwölf Metern durch jeden Waldabschnitt ziehen. Auf diesen dringt er in den Wald ein und kann rechts und links der Gasse die Bäume entfernen. Für Glasbrenner ist kein bodenschonenderes Verfahren vorstellbar. Zumal die Gassen bleiben, immer wieder aufs Neue genutzt werden. Früher mit dem Lineal in Karten eingezeichnet, dienen heute GPS-Instrumente als Millimeter genaue Richtschnur. Und wo sich in diesem System der Rückegassen schützenswerte Stellen befinden, sind sie markiert: auf den entsprechenden Karten, digital im Navi und vor Ort mittels Absperrbändern sichtbar gemacht.

Und natürlich sprechen die Zahlen für den Harvester. 20 bis 25 Festmeter Holz holt er pro Stunde aus dem Wald, ein Forstarbeiter bringt es gerade mal auf ein Zehntel der Menge. Ein wichtiges Zahlenverhältnis, merken die beiden Forstleute an und verweisen auf den maroden Zustand des Waldes: Die Zahl der Bäume, die aus dem Forst geholt werden müssen, ist ohne den Harvester nicht zu leisten. Und, fügt Glasbrenner ein weiteres Argument hinzu, in kaum einem Waldabschnitt wo nicht dürre Äste in den Kronen hängen, die herabstürzen können. Schon sei es zu einigen schweren Unfällen gekommen, weshalb man eigentlich keine Forstarbeiter mehr in den Wald schicken dürfe.

Reilinger Wald: Entnahme von kranken und abgestorbenen Bäumen

Für Schweigler ist der Harvester ohnehin nur das sichtbare Zeichen eines Spagats, den der Forst schon immer zu stemmen hat - hier der Erholungsraum Wald, dort der Wald als Holzbringer. Eine Situation, die sich durch das Waldsterben verschärft hat. Beispielsweise wurde im vergangenen Jahr im Reilinger Wald über 2500 Festmeter Holz geerntet - alles „zufällige Nutzung“, wie Glasbrenner hinzufügt. Darunter versteht der Forstmann die Entnahme von kranken und abgestorbenen Bäumen. Eine gezielte Entnahme, sprich die Holzernte anhand des Nutzungsplans, findet schon länger nicht mehr statt.

Geschützt ist das Weißmoos, um das der Harvester einen Bogen machen muss. © Dorothea Lenhardt

Forstmenschen sind es gewohnt, in anderen Zeiträumen zu denken. So erstrecken sich die Nutzungspläne meist über eine Dekade. Die in diesem Zehnjahresplan festgelegten Mengen wurden bereits in den ersten vier Jahren des Zeitrahmens erbracht, stellt Schweigler fest. Dabei sei man zunächst entlang der Hauptwege vorgegangen, habe die Arbeiten auf der Autobahn für Sicherungsmaßnahmen genutzt, und gehe erst jetzt in die entlegeneren Bestände.

Reilinger Wald: Längst keine Spardose mehr

Bürgermeister Stefan Weisbrod kann sich noch gut an die Zeit erinnern, als der Wald die Sparkasse der Gemeinde war. In der heutigen Zeit sei es schon schwierig, kostendeckend zu arbeiten, dankt er Glasbrenner für dessen Einsatz und Fähigkeit, Zuschüsse zu generieren.

Beispielsweise Zuschüsse für den Naturschutz. Der auch im hiesigen Forst praktiziert wird, wie Glasbrenner betont. So würden dürre Laubbäume nicht geerntet, sie dienten Pilzen, Moos oder Flechten und bleiben deshalb stehen. Wie überhaupt manche Bereiche des Waldes nicht angetastet werden, sogenannte Waldrefugien - früher als Bannwald bekannt.

Und, fügt Schweigler hin, es gibt die Habitatbäume, die gleichfalls im Wald verbleiben. Für diesen gibt es übrigens einen Pflege- und Erhaltplan, 70 Seiten stark, der penibel abgearbeitet wird. Darin werden pro Hektar Wald fünf Habitatbäume gefordert, macht für den Reilinger Wald mit 140 Hektar Fläche 700 Habitatbäume. Bäume, die Tieren oder Pflanzen dienen, merkt Glasbrenner an. Entweder beherbergen sie Specht oder Fledermaus, bieten sie Platz für Moos oder erfüllen sie einen anderen Zweck.

Im aktuellen Waldabschnitt, der Abteilung elf, sind es neben den Habitatbäumen zwei Stellen, die für den Harvester tabu sind - hier wächst Weißmoos, das unbedingt geschützt werden muss. Das Moos, auch Ordenskissenmoos genannt, kennt man aus Blumengestecken. Da es hierzulande unter Naturschutz steht, wird es hierzu importiert, weshalb es auch als irisches Moos bekannt ist.

Reilinger Wald: Nachwachsender Rohstoff

Für Förster Glasbrenner in der Summe eine überaus schonende Vorgehensweise, wie sie derzeit im Reilinger Wald beobachtet werden kann. Auch wenn der Wald lichter wird, sich sein Aussehen ändert, wird er weiterhin wichtig für den Klimaschutz sein. Zwar nehme seine CO2-Speicherfähigkeit mit seiner Masse ab, dennoch bildet er ein großes Reservoir. Klar, beim Verbrennen wird das CO2 freigesetzt, weshalb der Forstmann eine bauliche Nutzung, beispielsweise zur Dämmung, vorzieht. Und wenn es im weiteren Verlauf seiner Nutzung dennoch verbrannt wird - als nachwachsender Rohstoff ist Holz fossilen Energieträgern allemal vorzuziehen. Und, merkt Schweigler abschließend an, ob als Bau- oder Brennholz verwendet, das hiesige Holz es bleibt ein regionales Produkt.

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