Reilingen. Der bekannte Benediktinermönch Anselm Grün ist bereits zum vierten Mal zu Gast in Reilingen. Mit dem Thema „Verstehen statt Verurteilen“ folgte der Pater, Betriebswirt, Führungskräftetrainer, Autor spiritueller Bücher und Referent der Einladung des Katholischen Bildungswerks in die St.-Wendelin-Kirche. Er habe „seine Worte direkt in die Herzen der vielen Besucher“ gesprochen, schreibt das Werk in einer Nachbetrachtung des Referates.
„Liebe Schwestern und Brüdern. Jesus bewertet nicht, sondern er versucht zu verstehen“, begann der Pater seine Ausführungen. Gespickt waren diese durch Worte aus der Bibel, persönlichen Erfahrungen und Gefühle der Zuversicht, dass Jesus die Menschen so annimmt, wie sie sind. Jeder ist gut, wie er ist, niemand muss sich verbiegen oder perfekt sein vor ihm, so Grüns Aussage.
Im Alltag teilen viele Menschen andere jedoch in Schubladen ein und bewerten sie. Oft geschieht dies unbewusst und es ist auch eine Art des Selbstschutzes.
Menschen nicht bewerten, sondern mit ihnen sprechen
Doch würde man die Menschen vielleicht nicht mit anderen Augen sehen, wenn man sie nicht bewertet oder einfach mit ihnen spricht? „Ein ruhiges Gespräch besteht aus Hören“, sagte der Pater und zeigte den Besuchern damit auf, dass dadurch Verständnis erzeugt werden kann. Es sei ein Annehmen ohne zu bewerten.
Dies gelte jedoch nicht nur im Bezug auf andere, sondern auch auf sich selbst. Viele stellten zu große Ansprüche an sich, versuchten perfekt zu sein und immer erfolgreich. „Hinter diesen großen Bildern verdränge ich meine Wirklichkeit. Ich bin blind für meine Schwäche, ich identifiziere mich mit diesen großen Bildern, aber die Seele rebelliert dagegen“, so Grüns Ausführungen. Dieses Rebellieren könne Depressionen hervorrufen und damit ein Hilfeschrei der Seele sein.
„All diese Worte kamen tief aus dem Innersten des Paters. Er sprach fast 90 Minuten und dies ohne Vorlage und schriftliches Konzept. Während er sprach, herrschte in der Kirche eine unglaubliche Ruhe, alle schienen mit Anselm Grün in seine Gedanken eingetaucht zu sein und hingen augenscheinlich an seinen Lippen“, heißt es in der Pressemitteilung des Bildungswerkes dazu.
Sich selbst mit allen Nebeneffekten lieben
Die Botschaft, dass sich die Menschen selbst so annehmen sollten, wie sie sind, und sich selbst und andere nicht bewerten sollten, war in den Worten und Beispielen deutlich zu verstehen. „Alles in mir darf sein. Ich halte es Gott hin, dann strömt Liebe hinein und es wird verwandelt. Leben heißt, sich immer weiter zu wandeln, in der Gestalt, wie Gott uns haben möchte.“ Dabei seien auch Ängste erlaubt, so Grün. „Wir sind nicht verantwortlich für die Gefühle, die wir haben, sondern dafür, wie wir damit umgehen“, ergänzte er.
Weiter sprach der Mönch auch von dem „Nicht-Gesehenwerden“ in der Kindheit und welche Spuren dies im Erwachsenenalter hinterlassen könne. Auch hier heißt es für sich selbst und für andere „verstehen statt verurteilen“.
Zum Abschluss sprach der Pater einen 1600 Jahre alten Abendsegen und bat: „Herr, kehre ein in dieses Haus und lass deine heiligen Engel darin wohnen. Sie mögen uns in Frieden behüten. Und dein heiliger Segen für alle Zeit über uns und um uns und in uns.“ Dazu lud er die Besucher ein, ihre Arme vor der Brust zu kreuzen und sich somit das Gefühl zu geben, dass sie umarmt, geliebt und behütet sind.
Anne Assmann bedankte sich herzlich bei Anselm Grün für seine tiefgründigen Worte und einen schönen Abend. Dazu überreichte Verena Seidelmann ein kleines Präsent und die Menschen in der Kirche bedankten sich ebenfalls mit einem langen Applaus.
Auch Bürgermeister Stefan Weisbrod dankte dem Pater und überreichte ihm einen Korb mit Reilinger Spargel. Danach nutzte er wie viele andere Besucher die Möglichkeit, sich Bücher von Grün signieren zu lassen. Die Vielfalt der bereits erschienenen Exemplare präsentierte die Buchhandlung Gansler mit einer Auswahl am Büchertisch.
„Auch für Gespräche und persönliche Segenssprüche war Anselm Grün bereit und seine Worte wirken bei den Besuchern gewiss noch lange nach“, teilt das Bildungswerk abschließend mit.
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