Tank- und Rastanlage - Besitzer wehren sich gegen geplanten Alternativstandort auf Reilinger Gemarkung / Landwirt Rainer Astor spricht von idealer Lage für Gemüseanbau

Spargelland wird auf keinen Fall verkauft

Von 
Sascha Balduf
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Reilingen/Hockenheim. „Wir verkaufen auf keinen Fall. Wenn, dann läuft es auf eine Enteignung hinaus“ – Landwirt Rainer Astor findet deutliche Worte, wenn es um die mögliche Rastanlage an der A 6 nördlich von Reilingen geht. Nachdem sich im benachbarten Hockenheim schon massive Proteste gegen eine Erweiterung der Autobahnrastanlage „Hockenheim-West“ geregt hatten und eine Bürgerinitiative gegründet wurde, stellte das Regierungspräsidium Karlsruhe bei einer Infoveranstaltung im September eine Alternative vor – ganz in der Nähe seines Hofs.

Statt einen Teil des Stadtwalds in Hockenheim abzuholzen, könne man auch eine gänzlich neue Anlage wenige Kilometer weiter westlich bauen, lautete der Vorschlag der Karlsruher Behörde – für Rainer Astor und seinen Vater Willi war das ein Schock: Die Rastanlage würde nicht nur direkt vor ihrem Hof gebaut, der Bau würde auch 7,5 Hektar Ackerfläche verschlingen, die Vater und Sohn Astor sowie zwei weitere Reilinger Landwirte bestellen.

Insgesamt sind die Grundstücke, die das Projekt beanspruchen würde, auf rund zwei Dutzend Besitzer verteilt. Besonders überrascht hat Rainer Astor, dass im Vorfeld niemand mit ihm oder einem der anderen über die Idee eine Rastanlage auf den Feldern am Sandweg gesprochen hat. Und das hat sich auch bis heute nicht geändert, wie er im Gespräch mit dieser Zeitung erklärt.

In ihrer Not haben sich Astors dennoch bereits an das Regierungspräsidium gewandt und erklärt, dass sie ihr Land keinesfalls für den Bau einer Rastanlage zur Verfügung stellen werden. Fast alle Miteigentümer haben das Dokument ebenfalls unterzeichnet.

Für Astor sprechen gleich mehrere Gründe dagegen, wie er erklärt: „Die Felder sind ideal für den Gemüseanbau, besonders für Spargel. Die Felder werden von drei Seiten von Wald geschützt, von Süden strahlt die Sonne darauf und wärmt die Erde. Etwa zwei bis drei Meter unter dem Sandboden befindet sich eine Lehmschicht, die das Wachstum von Spargel noch weiter fördert.“

Feldverlust bedroht Existenz

Diese Bedingungen seien durchaus selten und nicht mal eben so zu ersetzen. Schon sein Urgroßvater habe dieses Land bestellt. Die Felder am Ortsrand etwa, so erklärt Astor, seien viel schwerer, geeignet für Mais und ähnliches – aber eben nicht für Spargel. Rainer Astor hat im vergangenen Jahr einen Hofladen im Ort eröffnet, um seine Spargel in der Saison verkaufen zu können. Würde die Rastanlage in Reilingen gebaut, würde allein er drei Hektar seiner Gemüsefelder verlieren und damit finanziell in die Bredouille kommen.

Den Stadtwald „C 4“ als besonders schützenswertes ökologisches Idyll zu sehen, fällt ihm schwer – „das ist ja dann doch eher ein Zeltplatz mit kaputten Bäumen drauf“, sagt er. Tatsächlich sind viele der Bäume im Stadtwald beschädigt oder krank, die unteren Schichten sind abgeräumt.

Trotzdem will der Reilinger Landwirt sich nicht gegen seine Nachbarn in Hockenheim stellen und die Erweiterung der bestehenden Rastanlage fordern. Er gibt sogar zu bedenken, dass auch ein Neubau auf seinen Feldern dem Stadtwald schaden könnte. „Hier sind überhaupt keine Leitungen verlegt“, erklärt er, „Strom, Gas, Wasser, Abwasser: Das alles müsste erst einmal bereitgestellt werden. Und die einfachste Möglichkeit wäre es wohl, die Leitungen von der bestehende Anlage an der Autobahn entlang zu legen –durch den Wald.“

Hin- und Herschieben bringt nichts

Mit seinem Standpunkt ist Rainer Astor der protestierenden Bürgerinitiative in Hockenheim nicht unähnlich – auch wenn es in der Nachbargemeinde weniger um wirtschaftliche Interessen als um ein Naherholungsgebiet geht. „Ich kann auch sehr gut nachvollziehen, dass niemand so eine Rastanlage mehr oder weniger direkt an seinem Wohnhaus haben will“, sagt er, „aber ein Hin- und Herschieben nach dem Sankt-Florians-Prinzip bringt uns nicht weiter.“

Wenn es nach Astor ginge, würden alle an einem Strang ziehen: für den Erhalt sowohl von Wald als auch Ackerfläche – denn das Problem ist seiner Meinung nach ein ganz anderes. „Gerade in Zeiten des Klimawandels macht es doch keinen Sinn, weiter teuer die Lkw-Infrastruktur zu fördern, statt den Güterverkehr auf die Schiene zu bringen“, sagt er. Wald abzuholzen und in der einen oder anderen Form Flächen zu versiegeln, um noch mehr CO2-Ausstoß zu ermöglichen, hat für ihn absolut keinen Sinn.

Der Vorsitzende des Reilinger Bauernverbands, Peter Schell, kennt die Position von Vater und Sohn Astor und hat auch von der Unterschriftenaktion gehört – wenn auch der Bauernverband nicht daran beteiligt ist, wie er erklärt. Für Schell stellt sich die Lage weniger bedrohlich dar. Obwohl ein Neubau der Rastanlage auf Reilinger Gemarkung vom RP als Alternative vorgestellt wurde, hält er die Realisierung der Pläne für nicht wahrscheinlich.

Grundsätzlich sei der Reilinger Bauernverband dagegen, statt eines ehemaligen Campingplatzes wertvolles Ackerland zu überbauen. „Als Landwirt ist man davon natürlich erstmal betroffen. Ob ich selbst oder ein Kollege Gelände verliert, spielt dabei keine Rolle. Es geht vor allem darum, dass gutes Spargelgelände für immer verloren geht“, sagt er.

In Hockenheim seien die Gegebenheiten für das Regierungspräsidium grundlegend besser: 90 Prozent der 4,6 Hektar Fläche, die dort für eine Erweiterung der Rastanlage benötigt werden, gehörten bereits dem Bund. Der, beziehungsweise das Verkehrsministerium, ist es auch, der den Ausbau vorantreibt – das Regierungspräsidium ist eigentlich nur ausführendes Organ vor Ort.

„Das Ganze in Reilingen neu zu bauen, kostet dagegen ja einen Haufen Geld“, sagt Schell, Grundstücke und neue Zufahrten kämen zum ohnehin kostenintensiven Bau der Anlage hinzu. Auch glaubt Schell, viele Hockenheimer sehen gar nicht, wie sie von der neuen Schallschutzanlage, die in den Planungen auch vorgesehen ist, profitieren würden. Sollte der Bund zu härteren Mitteln wie einer Enteignung greifen, wäre für ihn Hockenheim weiter die einfachere Lösung.

Lage gemeinsam besprechen

Nicht nur die Bürger der beiden Gemeinden, auch Gemeinderat und Verwaltung von Hockenheim und Reilingen haben sich gegen eine Raststättenerweiterung auf ihrer Gemarkung ausgesprochen. Nur geht es in Hockenheim um einen halben Hektar mit einem einzigen Besitzer, der Stadt, und in Reilingen um 7,5 Hektar mit zwei Dutzend Parteien.

Schell ist der Meinung, die Horan-Gemeinden sollten sich zusammensetzen und gemeinsam die Lage besprechen. Auch für den Vorsitzenden des Bauernverbandes liegt der Schlüssel zur Lösung in der Zusammenarbeit.

Vonseiten des Regierungspräsidiums steht nun erst einmal eine Umweltverträglichkeitsprüfung der beiden Standorte an. Was dann passiert, und ob das RP den Alternativstandort Reilingen überhaupt weiterverfolgen wird, lässt sich nicht sagen. Für Rainer und Willi Astor ist jedoch klar: nicht mit ihnen.

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