Speyer. Eine besondere Überraschung haben die Kirrweiler bei der diesjährigen Weinzehnt-Übergabe geboten: Kaum war das Gefolge aus der Südpfalz mit Kutsche und Blaskapelle am Dom eingetroffen, tönte es laut aus dem Domnapf: "Herbei ihr Leut'! Kommt herbei!"
Der Kirrweiler Georg Weis war in die Rolle des Verwalters des göttlichen Weinkellers geschlüpft und hatte unter anderem gute Ratschläge für Bischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann und Weihbischof Otto Georgens parat. Sie sollten im kommenden Jahr für gutes Wetter sorgen, denn sonst bliebe ihr Weinkeller leer, mahnte der "Verwalter". Trotz eines schwierigen Weinjahrs 2016 konnten sich Wiesemann und Georgens über jeweils 136 Flaschen freuen - wie immer Grauburgunder.
Die Kirrweiler waren mit einem großen Gefolge nach Speyer gezogen. Nicht nur Mitglieder des Gemeinderates, der Vereine und Weinbrüder begleiteten Bürgermeister Rolf Metzger, sondern auch Weinprinzessin Janine I..
Auf die Historie Kirrweilers ging Bürgermeister Metzger in seiner Ansprache ein. Dazu gehöre auch der Weihnzehnt, den die Kirrweiler vom Mittelalter bis 1793 dem Bischof von Speyer ablieferten. Denn der südpfälzische Ort war bis dahin Sommerresidenz der Fürstbischöfe und noch immer besteht hier ein bischöflicher Weinberg. Nachdem das Bistum Speyer 1817 neu begründet wurde, gab es zunächst keine Weinzehnt-Abgabe, bei der dem bischöflichen Landesherrn ein Zehntel des Weinertrages abgeliefert werden musste. Erst vor sieben Jahren belebten die Kirrweiler die Tradition anlässlich des 950. Domweihe-Jubiläums neu. Von da an handele es sich um eine freiwillige Abgabe, betonte Metzger.
Auftritt als spontane Idee
Die Kirrweiler Ortsgeschichte ist auch Inhalt eines Theaterspaziergangs, der seit letztem Jahr und noch bis zum September durch und um den Weinort führt. Die Szene, die Georg Weis darbot, stammt aus diesem Stück, wobei er die Rolle für die Weinzehnt-Übergabe ein wenig abgeändert hatte. "Der Auftritt war eine sehr spontane Idee", verriet er.
Bischof Wiesemann bedankte sich herzlich für den Tropfen und versicherte: "Wir nehmen den Wein nicht für uns persönlich, sondern er wird bei besonderen Anlässen ausgeschenkt." Dadurch werde der Weinzehnt vielen Menschen Freude bereiten.
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