Justiz

Abgestelltes Sauerstoffgerät am Mannheimer Theresienkrankenhaus: Gutachten zur Todesursache im März

Eine 72-Jährige soll im November das Sauerstoffgerät ihrer Zimmernachbarin abgestellt haben. Die Frau starb wenige Wochen später. Woran genau - das soll nun mithilfe eines neuropathologischen Gutachtens ermittelt werden

Von 
Agnes Polewka
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Eine 72-Jährige soll im Theresienkrankenhaus das Sauerstoffgerät ihrer Zimmernachbarin abgestellt haben – weil die Geräusche des Apparats sie störten. © C. Blüthner

Mannheim. Ende 2022 hat ein Fall am Mannheimer Theresienkrankenhaus (TKH) deutschlandweit für Aufsehen gesorgt: Eine 72 Jahre alte Patientin soll zwei Mal das Sauerstoffgerät ihrer 79-jährigen Zimmernachbarin abgestellt haben - offenbar, weil sie sich durch die Geräusche des Apparats gestört fühlte. Die 79-Jährige musste wiederbelebt werden. Wenige Wochen später starb sie.

Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft kreisen nun um die schwierige Frage, ob die Seniorin starb, weil zuvor das Gerät abgedreht worden war. Bereits im Dezember wurde eine Obduktion ihres Leichnams in die Wege geleitet. „Der Obduktionsbericht liegt mittlerweile vor“, sagte der Sprecher der Mannheimer Staatsanwaltschaft, Marc Schreiner, auf Anfrage dieser Redaktion. Weitere Details zum Bericht nennt er aktuell nicht. Denn: „Zu der Frage, ob die Abschaltung des Sauerstoffgeräts für den Tod der Geschädigten kausal war, musste noch ein weiteres Gutachten beauftragt werden“, so der Sprecher.

Neuropathologisches Gutachten beauftragt

Deshalb untersuchen aktuell Neuropathologen den Körper der Frau. Das Fachgebiet der Neuropathologie beschäftigt sich etwa mit Gehirn, Rückenmark und Skelettmuskulatur.

Mitte März rechnet die Staatsanwaltschaft frühestens mit einem Ergebnis. Dann soll auch ein Gutachten zur Schuldfähigkeit der 72-Jährigen vorliegen, sagte der Sprecher. Auf der Grundlage dieses Gutachtens entscheidet sich, ob es zu einem Strafverfahren kommt oder zu einem sogenannten Unterbringungsverfahren, dessen Ziel es ist, Betroffene dauerhaft in eine Psychiatrie zu verlegen - zum Schutz der Allgemeinheit.

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Die Verdächtigte befindet sich seit dem Vorfall in Untersuchungshaft - wegen versuchten Totschlags. Sollte es einen Zusammenhang zwischen der Abschaltung des Gerätes und dem Tod ihrer Zimmernachbarin geben, könnte sich der Tatvorwurf auf Totschlag ändern.

Angehörige haben schwere Vorwürfe gegen das Krankenhaus erhoben

Die Tochter der verstorbenen 79-Jährigen hatte unmittelbar nach dem Vorfall Ende November schwere Vorwürfe gegen das Theresienkrankenhaus erhoben. Im Gespräch mit der „Bild“-Zeitung gab sie an, das Klinikpersonal habe ihre Mutter verlegen sollen, nachdem ihre Zimmernachbarin zum ersten Mal das Sauerstoffgerät ihrer Mutter abgestellt habe. Diese fühlte sich laut Polizei offenbar durch die Geräusche des Geräts gestört.

Stattdessen wiesen die Mitarbeiter des Krankenhauses die Frau nach Angaben der Polizei darauf hin, dass die Sauerstoffzufuhr lebensnotwendig sei. Dennoch soll die 72-Jährige das Gerät in der gleichen Nacht nochmals abgedreht haben. Die 79-Jährige musste daraufhin wiederbelebt werden, befand sich zunächst nicht mehr in Lebensgefahr und schien auf dem Weg der Besserung. Rund zwei Wochen später starb die Frau überraschend.

Laut „Bild“-Zeitung war die 79-Jährige ursprünglich wegen Herzflimmerns ins TKH eingeliefert worden, infizierte sich dort mit Corona und musste dann beamtet werden.

„Meine Mandatin möchte im Moment nicht mit den Medien sprechen“, sagte der Ketscher Rechtsanwalt Thomas Franz im Gespräch mit dieser Redaktion. Franz vertritt die Tochter der 79-Jährigen. Laut „Bild“-Zeitung plant die Familie der Frau eine rasche Beisetzung der 79-Jährigen in ihrer türkischen Heimat, sobald der Leichnam von der Justizbehörde freigegeben wird.

Aktuell keine Ermittlungen gegen TKH-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

„Derzeit gibt es kein weiteres Ermittlungsverfahren gegen Mitarbeiter des TKH“, teilte die Staatsanwaltschaft auf Anfrage dieser Redaktion mit. Sollte sich im Rahmen des laufenden Ermittlungsverfahrens ein konkreter Anfangsverdacht gegen eine Mitarbeiterin oder einen Mitarbeiter des Krankenhauses ergeben, würde ein Ermittlungsverfahren von Amts wegen eingeleitet, so der Sprecher weiter.

Und dennoch steht die Frage im Raum, welche Schritte das Theresienkrankenhaus - das sich in Trägerschaft der Barmherzigen Brüder Trier (BBT-Gruppe) befindet - unternimmt, um die Vorgänge intern aufzuarbeiten. Wie kann das Krankenhaus künftig solche oder ähnliche Szenarien verhindern - insbesondere in Zeiten, in denen es überall an Personal fehlt? Diese und weitere Fragen blieben Anfang der Woche unbeantwortet. Eine Sprecherin des Krankenhauses gab an, sich aufgrund der aktuell noch laufenden Ermittlungen im Moment nicht äußern zu wollen. Auch nicht dazu, inwieweit sich der Vorfall auf Image und Patientenaufkommen ausgewirkt habe.

Redaktion

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