Einzelhandel

Abschied: Diese Geschäfte in Schwetzingen schließen

Mit „Foto Gerkewitz“ und „Schneider Confiserie" schließen zwei Institutionen in Schwetzingen, die 59 Jahre beziehungsweise 32 Jahre vor Ort waren. Und das sind nicht die einzigen Veränderungen in der Innenstadt.

Von 
Katja Bauroth
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Am Donnerstag wird ein Teil der Einrichtung von Confiserie Schneider in einem Kleintransporter weggefahren. © Katja Bauroth

Schwetzingen. Die bedrückende Gefühlslage ist bei Jörg Gerkewitz von „Foto Gerkewitz“ genauso spür- und sichtbar wie bei Monika Schneider von „Schneider Confiserie“. Beide sind langjährige und beliebte Geschäftsleute, geradezu Einzelhandelsinstitutionen in Schwetzingen, dazu in bester Lage: nämlich in der Mannheimer Straße beziehungsweise Dreikönigstraße. Mit dem zu Ende gehenden Jahr bricht für beide ein neues Zeitalter an - notgedrungen.

Bei Monika Schneider reißen Männer am Donnerstagvormittag Teile der Inneneinrichtung heraus, die Chefin selbst schreibt am Tresen Listen. Zwischendrin kommt ein Kunde, um den Lottoschein auf einen Gewinn prüfen zu lassen. „Wir hatten schon einige, die sich über einen ,Zentralgewinn‘ freuen durften“, erzählt sie von der entsprechenden Anzeige auf dem Lottokassensystem-Display. Wer weiß, wie vielen Millionären sie in ihrem Laden schon begegnet ist - immerhin führte ihn ihre Familie 32 Jahre lang. Mama Inge Clark - heute 91 Jahre alt - stand bis vor knapp zehn Jahren noch an der Kasse. Ihr fällt der Abschied genauso schwer wie Tochter Monika. „Gestern war sie noch einmal hier“, sagt diese.

Monika Schneider (geborene Clark) und ihr Lebenspartner Herbert Kaufmann stehen im Laden in der Mannheimer Straße. 32 Jahre war hier die Confiserie Clark, dann Confiserie Schneider - das Geschäft für Genießer - nun ist Schluss. © Katja Bauroth

Etliche Stammkunden haben sich mit lieben Worten und Geschenken verabschiedet. „Ein Mann kam mit seinem Kind auf dem Arm und hat dem Kleinen erzählt, dass er als Bub hier immer Gummitiere bekommen hat“, berichtet Monika Schneider. Überhaupt: Die feinen Pralinen und Geschenkartikel haben so manches Herz erfreut. Und in die leckeren Schaumküsse investierten viele Kinder ihr Taschengeld.

Eigentlich hatte Monika Schneider vor, den Shop an eine Interessentin zu übergeben, die diesen auf bewährte Art weiterführen wollte. Doch dann kam zur großen Überraschung der 71-Jährigen alles anders: Der Vermieter machte den Plänen einen Strich durch die Rechnung. „Leider“, bedauert die Schwetzingerin schweren Herzens.

Es kursiert das Gerücht, dass die Filiale von „Ernstings Family“, derzeit Mannheimer Straße 7, dort einziehen soll - mit einem Durchbruch in den Laden von „Foto Gerkewitz“, um eine größere Fläche zu haben. „Aktuell ist kein Umzug für unsere Filiale in Schwetzingen geplant“, ließ jedoch eine Sprecherin von „Ernstings Family“ auf Anfrage dieser Zeitung am Donnerstag wissen.

Schließungen in Schwetzinger Innenstadt: Was ist mit Ohls Männermoden?

Weiß Jörg Gerkewitz mehr? Der Oftersheimer selbst ist auch nur Mieter des Ladens und sein Vermieter wiederum bat ihn um Diskretion.

Ein Schild weist hin: "Foto Gerkewitz" schließt mit 30. Dezember 2023 - nach 59 Jahren am Standort. © Katja Bauroth

Dem Buschfunk zufolge sei zumindest ausgeschlossen, dass ein Bäcker, Metzger, Nagelstudio oder Frisör an diesen Standort zieht. Die Rede ist von „einem langjährigen Schwetzinger Unternehmen“, welches die Räumlichkeiten künftig mieten möchte. Robert Ohls mit seinen Männermoden ist es übrigens nicht, jedoch wäre er es gern gewesen. „Ich hatte schon die mündliche Zusage und am letzten Tag sagt der Vermieter telefonisch ab“, erzählt Ohls von dem unglücklichen und für ihn auch unerklärlichen Verlauf. Seit 18 Jahren zieht der Bensheimer seine Stammkunden aus der gesamten Region in die Dreikönigstraße nach Schwetzingen. Nachdem sein Vertrag in der dortigen Hausnummer 7 nicht verlängert worden war, streute er nach eigenen Aussagen sein Interesse für eine andere Lage vor Ort - die „Haupteinkaufsmeile“ Mannheimer Straße hätte ihm gut gefallen.

Wie es jetzt weitergeht, lässt er offen. Auch, ob es in Schwetzingen weitergeht („Umliegende Gemeinden würden sich freuen, wenn ich dort mein Geschäft eröffne.“). De facto endet sein Mietvertrag Ende Februar 2024. Er wurde nicht mehr verlängert.

In der Schwetzinger Innenstadt schließen viele Geschäfte: „lyksjö“ ist bereits zu

Das habe nichts mit Robert Ohls oder seinem Geschäft zu tun, betont Daniel Kolb auf Anfrage dieser Redaktion. Er ist Vorstandsvorsitzender der Sambet Stiftung, die sich der Förderung von Kunst und Kultur in den Bereichen der bildenden Künste, Literatur und klassischen Musik, insbesondere hier der Förderung von Jugendlichen und Erwachsenen verschrieben hat. Die Stiftungsadresse ist die Dreikönigstraße 7 - er vertritt die Stiftungsgründerin und eben Vermieterin des Hauses, in dem Robert Ohls erfolgreich sein Männermodengeschäft führt. Ein neuer Mieter werde wieder gesucht, so Daniel Kolb, der damit zumindest eine Weichenstellung für die Zukunft andeutet, jedoch keine konkrete Richtung vorgibt.

Jörg Gerkewitz mit Tochter Jana. Die Schülerin hilft dem Papa in den finalen Tagen des Familiengeschäfts "Foto Gerkewitz". Am Samstag wird der seit 59 Jahren inhabergeführte Laden schließen. © Katja Bauroth

Mit dem skandinavischen Concept Store „lyksjö“ in der Mannheimer Straße hat übrigens seit 23. Dezember ein weiteres Geschäft geschlossen: Inhaberin Sabrina Kube kehrt nach etwas mehr als fünf Jahren Schwetzingen den Rücken, möchte die Hintergründe jedoch nicht in der Zeitung lesen. Ob der Laden eine Option für Robert Ohls Männermoden sein könnte, bleibt abzuwarten, denn die Enttäuschung über den Umgang mit langjährigen Einzelhändlern in Schwetzingen ist ihm im Gespräch anzumerken.

„Foto Gerkewitz“ – Erinnerung an früher: Die Mama (93) faltete noch Karten

Zurück zu „Foto Gerkewitz“. Gerade verkauft Jörg Gerkewitz zwei Landschaftsölgemälde in tollen Rahmen - 70 Prozent hat er diese reduziert, wie alles in seinem Geschäft. Tochter Jana (17) hilft, wie auch zuletzt oft nach der Schule. Sie berät einem Kunden bei der Auswahl schöner Fotokarten für „Grüße zum Jahreswechsel“. Die Kartenmotive aus Schwetzingen hat Fotografiemeister Jörg Gerkewitz selbst aufgenommen. „Meine Mutter hat die Karten gefaltet und eingetütet“, macht er die Handarbeit und Liebe zum Detail deutlich, mit der seine Familie die Kunden 59 Jahre lang begeisterte.

Das Concept-Store "lyksjö" in der Mannheimer Straße in Schwetzingen ist seit dem 23. Dezember 2023 geschlossen. © Katja Bauroth

Seine Eltern Dieter und Christine übernahmen den Laden 1964 und machten ihn zur bewährten Adresse für Fotografie und Fotobedarf sowie Bilder, Rahmen, Geschenkideen und Wohnaccessoires. Ein Konzept, dass Sohn Jörg übernahm und viele Jahre gemeinsam mit Mutter Christine fortführte, bis es die heute 93-Jährige gesundheitlich nicht mehr konnte. Seitdem war der Handwerksmeister in Fotografie ein Einzelkämpfer („Angestellte konnte ich mir nicht leisten.“). Irgendwann verließ ihn die Kraft. Der Wandel der Zeit, hin zur digitalen Fotografie, zu Möglichkeiten, die der Einzelne in Sachen Bilder mittlerweile hat, dazu der Onlinehandel kosteten Kunden. „Ich bin 58 Jahre alt, das Geschäft gibt es seit 59 Jahren - ich bin hier groß geworden“, macht er deutlich, wie schwer ihm die Schließung fällt: „Es ist mein Leben.“ Weil er so lange vor Ort ist, sagt er offen, was auch andere Händler und Einheimische schon in Gesprächen mit der Zeitung geäußert haben: Schwetzingen habe an Attraktivität für Einkaufsvergnügen verloren.

Der Verlust inhabergeführter Geschäfte sei das eine, Handelsketten, die sich breit machten, das andere (Apropos: Hugendubel bleibt vorerst in Schwetzingen). Hinzu käme die unausgewogene Mischung der Angebote vor Ort und die Gestaltung der Innenstadt: Gerade die Mannheimer Straße und der Schlossplatz wirkten kühl und steril, weniger gemütlich und einladend, so Meinungen. Es fehle zum Beispiel an Blumenschmuck und - was gerade zur Weihnachtszeit deutlich wurde - an gescheiter Beleuchtung.

Düstere Einkaufsstraße in Schwetzingen: Stadtmarketing will gegensteuern

Kritikpunkte, die Stadtmarketing-Geschäftsführer Oliver Engert schon begegnet sind. In Sachen Beleuchtung ist er zum Beispiel im Austausch mit der Stadt, etwa, um indirekte Strahler in der Mannheimer Straße anzubringen, die dann - wie bei der Volkshochschule - anlassbezogene Motivbestrahlung ermöglichen. Auch die Weihnachtsbeleuchtung soll nächstes Jahr in der Fußgängerzone „wieder hochgefahren werden“, damit es dort nicht so düster ist. Oliver Engert schaut selbst über den Tellerrand, holt sich Inspirationen aus anderen Kommunen, etwa im französischen Colmar, wo wir ihn in seinem Urlaub am Donnerstag telefonisch erreichen. Dort gibt der Ort gerade zum Jahreswechsel ein einheitlich-einladendes Bild zum Bummeln ab, erzählt er. Ihm ist bewusst, dass in Zeiten knapper Geldbeutel bei den Menschen und Fachkräftemangel die Händler vor Herausforderungen stehen: „Umso wichtiger ist es, als Gemeinschaft aufzutreten“, bekräftigt Engert.

Das alles werden Monika Schneider und Jörg Gerkewitz dann nicht mehr als Geschäftsleute vor Ort erleben. Wie es bei den beiden weitergeht, konnten beziehungsweise wollten sie der Zeitung nicht sagen. Doch sicher ist: Es geht weiter. Irgendwie.

Autor Katja Bauroth liebt Begegnungen und Storys - im Lokalen und auf Reisen.

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