Schwetzingen. Aus rückwärtiger Hauptschiffsicht am rechten Sitzrand auf einer mittleren Sitzbank der katholischen Kirche Pankratius in Schwetzingen hat er sich schon früh hingesetzt. Sein Körper bibbert. Ein älterer, einfach gekleideter, rundlicher Mann, sicherlich in den 70ern. Seine beiden Arme schlingen sich um den eigenen Oberkörper, drücken die nicht zu dicke Daunenjacke an der gegenüberliegenden Schulter fest dran. Er würde jetzt sicherlich gerne einen heißen Tee in der Hand halten und langsam schlürfen. Die Kirche St. Pankratius wirkt wie ein Iglu an diesem Abend. Nur bis acht Grad könne das Sitzareal des Kirchenhauptschiffes temperiert werden, wurden die Besucher vorab informiert. Man möge sich bei Bedarf einen Pullover mehr überziehen oder eine Decke mitnehmen, so hieß es wohl.
Der aus 17 Sängern bestehende Kammerchor betrat die Bühne von beiden Seiten, reihte sich auf und begann mit der Gesangsdarbietung von neun zeitgenössischen Kompositionen sowie vier Weihnachtsliedern. Eine eindrücklich-romantische, emotional hochspannende Liederkette gestaltete die klangliche Akustik der Andacht. Alexander Gütinger dirigiert den Chor mit weinrotverziertem Schal auf schwarzer Herren-Chorgarnitur.
Das Programm beginnt mit „Little Drop of Heaven“ des zeitgenössischen Humoristen und Konzertkünstlers Pepper Choplin. Ihm folgt der ebenfalls zeitgenössische Producer Mark Sirett (geb. 1952) mit „Anonymous“ und „Thou Shalt Know Him When He Comes“. Nach einer Lesung aus Jesus 40, 3-6 hört das tapfere Kirchenpublikum dieser Andacht eine von Dirigent Alexander Gütinger (46) ausgedachte Komposition. Auf „Adoración al nino Jesús“ folgte „Wir warten auf das Licht“ von Soeren Birch. Dem wunderbar vorgetragenen „Alma Redemtoris Mater“ vom italienisch-zeitgenössischen Komponisten Mariano Garau (geboren 1952) schlossen sich schließlich das Schlussgebet und der Segen an.
Kammerchor Quatro Forte in St. Pankratius: Weihnachtliches im Repertoire
Zum Abschluss zelebrierte der hervorragende Kammerchor Quatro Forte vier Weihnachtslieder. Einmal „Ding Dong“ von Merrily on high aus dem 16. Jahrhundert, dann „Zu Bethlehem geboren“ aus Köln vor 1638 komponiert, „Jul-Jul“ von Edvard Evers (1853-1919) und „Es wird schon glei dumpa“ nach einem Tiroler Krippenlied in einem Satz von Friedemann Winklhofer (geboren 1951).
Herausragend einstudiert, erprobt und dargeboten wurden die Liedwerke aus der Romantik. Emotional stark tangierte Gesangswerke wurden aus eben diesem Blickwinkel in der Pankratius-Kirche sehr konzentriert bei sauberen Stimmen intoniert, ohne je einen Sprung, Abbruch oder eine unreine Stimmbandlage zuzulassen. Wirklich eindrücklich und souverän dargeboten vom Kammerchor.
Kräftige, aber entspannte Stimmen in allen Lagen ohne künstlerische oder stimmtechnische Auffälligkeiten zeichnen den Kammerchor Quatro Forte eben genauso aus wie seine über die Stadt Schwetzingen hinaus reichende Bekanntheit. All das vermittelte für Momente ein gelungenes Ruhegefühl wie es heute kaum noch möglich zu sein scheint. In diesen Augenblicken könnte es gelungen sein, die Kälte aus dem Körper zu vertreiben.
Kammerchor Quatro Forte in St. Pankratius: Zuschauer sind begeistert
Hildegard Klaus aus Plankstadt meinte nach Ende des Konzertes, dass sowohl das Musikalische wie auch die Adventsandacht sehr gelungen waren. Man komme weg von der Adventshektik und hin zum Eigentlichen. Heidi Günter lobte die „ganz tolle Führung durch Dirigent und Chor“. „Man habe immer sehr gut folgen können“, meinte von der Interpretenseite Sebastian Stemmler als Mitglied des Kammerchores. „Oh Tannenbaum“ war rhythmisch eine Herausforderung. Belinda Barth als Sängerin hob das Stück „Jul-Jul“ aus den vier Weihnachtsliedern von Gustav Nordqzist hervor, das sie besonders berührt habe. Dirigent Michael Gütinger sagte, dass es „wunderschön“ sei, nach den letzten drei Pandemiejahren, in denen man immer auf einen solchen vorweihnachtlichen Adventabend hingearbeitet habe, nun endlich wieder singen und konzertieren zu können.
Gütinger erzählte lachend von den vorangegangenen Proben im Palais Hirsch, wo neugierige Gäste wie kunsthungrige Bienen selbst ihren zerschnittenen weil einstudierten Gesangstakten nachflogen. Das dortige Obergeschoss sei auch angenehm wohltemperiert gewesen.
URL dieses Artikels:
https://www.schwetzinger-zeitung.de/orte/schwetzingen_artikel,-schwetzingen-adventsandacht-mit-kammerchor-quatro-forte-in-schwetzinger-kirche-_arid,2026520.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.schwetzinger-zeitung.de/orte/schwetzingen.html