Schwetzingen. Ein seltenes Himmelsschauspiel konnten der Kurfürst Carl Theodor und sein Hofastronom Christian Mayer am 6. Juni 1761, vor inzwischen 262 Jahren, beobachten – den Venustransit. Im Schlossgarten der Sommerresidenz Schwetzingen sahen die beiden, wie ein schwarzer Punkt über die Sonnenscheibe wanderte. Noch im gleichen Jahr begann man mit dem Bau einer Sternwarte auf dem Dach des Schlosses.
Alles war für das große Ereignis sorgfältig vorbereitet worden: Auf dem Vorplatz der Orangerie im Schwetzinger Schlossgarten hatten Handwerker eigens ein rundes Holzhäuschen errichtet. Darin warteten am frühen Morgen des 6. Juni 1761 Kurfürst Carl Theodor von der Pfalz und sein Hofastronom Christian Mayer (1719-1783) gespannt vor dem Canivet-Quadranten.
Da das Wetter „ziemlich neblich“ war, konnten die beiden nur teilweise beobachten, wie sich der Planet Venus langsam als schwarzer Punkt vor die Sonnenscheibe schob. Für den astronomiebegeisterten Kurfürsten war das seltene Himmelsereignis dennoch so faszinierend, dass er sein Schwetzinger Schloss wissenschaftlich aufrüsten ließ.
Alle 122 Jahre befinden sich Sonne, Venus und Erde auf einer Linie, auch Konjunktion genannt. Für den Venus-transit spielen die richtigen Neigungen der Planetenbahnen zueinander eine große Rolle, was das Himmelsereignis recht selten macht. Das Besondere ist, dass Venustransits immer paarweise erfolgen: Acht bis zehn Jahre nach dem ersten Transit ergibt sich eine erneute Chance, das Phänomen zu beobachten.
International beachtetes Ereignis
Bereits der englische Astronom Edmond Halley hatte 1716 dazu aufgerufen, jenen Venustransit zu beobachten, den er für 1761 vorausberechnet hatte und den er selbst nicht mehr erleben durfte. Kurfürst Carl Theodor und sein Hofastronom Christian Mayer waren in bester Gesellschaft, denn an 77 Orten auf der ganzen Welt verfolgten Himmelkundige dieses seltene Ereignis. 1769 reiste Mayer sogar nach St. Petersburg, um den zweiten Venustransit sehen zu können. Dies gelang ihm allerdings wegen schlechten Wetters auch dort nur eingeschränkt. Der Kurfürst wartete in Schwetzingen vergebens darauf, dass der wolkenverhangene Himmel einen Blick auf die Sonne mit der darüberziehenden Venus freigab.
Nachdem Kurfürst Carl Theodor an der Universität Heidelberg einen Lehrstuhl für Experimentalphysik eingerichtet hatte, wurde dieser Ende 1752 mit dem Jesuiten Christian Mayer besetzt. Als Astronom am kurpfälzischen Hof konnte er moderne astronomische Instrumente erwerben.
Der vom Venustransit begeisterte Kurfürst ließ zwischen 1761 und 1764 sogar eine bewegliche Sternwarte auf dem Schlossdach seiner Sommerresidenz Schwetzingen errichten. Unter einer 3,25 Meter weiten Kuppel fanden der Canivet-Quadrant und eine hochgenaue Uhr des französischen Uhrmachers Jean André Lepaute ihren Platz.
1772 beauftragte der Kurfürst die Hofkammer dann auch mit dem Neubau einer Sternwarte in seiner Residenzstadt Mannheim. Noch im selben Jahr wurde der Grundstein des Turmes neben dem Mannheimer Schloss gelegt. 1775 zog Astronom Christian Mayer in den fertiggestellten Sternwartenturm, wo der Forscher dank neuester Technik in den kommenden Jahren über 100 Doppelsterne aufspüren konnte.
Sternenfieber im Südwesten
Im 18. Jahrhundert war die Astronomie eine hoch angesehene Wissenschaft, für die sich auch andere Herrscher im Südwesten Deutschlands begeistern konnten. Ab 1788 ließ beispielsweise der Reichsabt Romuald Weltin im Benediktinerkloster Ochsenhausen eine Sternwarte mit drehbarer Kuppel bauen. Deren Erstellung kostete ein Vermögen und war eine wissenschaftliche Sensation in der Region Oberschwaben. Der damals hochmoderne Azimuthalquadrant zählt mit knapp drei Metern Höhe zu den größten seiner Zeit. Das astronomische Messinstrument diente dazu, die Position von Gestirnen zu bestimmen.
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