Premiere - Ensemble des Theater am Puls überzeugte bei der Aufführung des mit Spannung erwarteten Stücks "Pünktchen und Anton" in allen Bereichen

Aus dem Buch auf die Bühne gesprungen

Von 
Maria Herlo
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Die beiden Hauptdarsteller von Pünktchen und Anton, Lena Franz und Christoph Birkel, sind eine absolute Idealbesetzung. Die beiden Kinder meisterten mit Bravour die Gratwanderung zwischen Rührung und Komik.

© Lenhardt

Wer kennt sie nicht, Erich Kästners wunderbare Bücher, die Kindern Geschichten von einer besseren Welt erzählen? Die kleinen Protagonisten mit Namen wie Emil, Anton oder Pünktchen sind die literarischen Helden der Kindheit und finden auch heute noch Einzug in Bücherregale, Film oder Theater. So wurde auch sein Buch "Pünktchen und Anton" (1931) von Inken Böhack, Dagmar Leding und Götz Loepelmann für die Bühne bearbeitet.

Es ist die Geschichte zweier Kinder, die aus unterschiedlichen sozialen Schichten stammen. Luise "Pünktchen" Pogge kommt aus einer reichen Fabrikantenfamilie, der es an nichts mangelt, außer der Aufmerksamkeit seitens der Eltern, so dass die Angestellten zu wichtigen Bezugspersonen werden.

Anton Gast hingegen lebt in ärmlichen Verhältnissen, die durch die Krankheit der Mutter erschwert werden. Um den Lebensunterhalt zu sichern, übernimmt er die Aufgabe des Geldverdienens, was zu Nachlässigkeiten seiner schulischen Leistungen führt. Die Freundschaft von Pünktchen und Anton besteht jedoch über diese Schranken hinweg, und als Anton einen Einbruch in der Villa Pogge vereitelt, steht dem glücklichen Ende der Geschichte nichts mehr im Wege.

Die Premiere des Stücks am Freitagabend wurde beim Theater am Puls mit großer Spannung erwartet. Aufgeregt harrte nicht nur das Publikum auf den Beginn der ausverkauften Vorstellung, sondern auch das Schauspielerteam.

Entsprechen die Kinder in den Hauptrollen den Erwartungen? Schon nach der ersten Szene war klar: Mit der neunjährigen Lena Franz und dem zwölfjährigen Christoph Birkel fand Joerg Steve Mohr die absolute Idealbesetzung. Die beiden Kinder meisterten mit Bravour die Gratwanderung zwischen Rührung und Komik und das offensichtlich dank intensiver sechswöchiger Vorbereitung.

Faszinierende Besetzung

Von ihnen ging eine bewundernswerte Faszination aus, so als wären sie eben dem Buch Erich Kästners, kongenial von Walter Trier illustriert, entstiegen. Lena Franz spielte das kleine Pünktchen mehr als hinreißend.

Wie sie den verlogenen Erwachsenen furchtlos und lebensklug Paroli bot, war einfach herrlich. Sie scheute nicht davor zurück, alles zu hinterfragen, was ihr die "Großen" vorsetzten.

Unbekümmert plauderte sie drauflos, lachte und sprang so leichtfüßig herum, als wäre sie nicht auf der Bühne, sondern zu Hause oder auf dem Schulhof.

Christoph Birkel verkörperte in idealer Weise Anton mit seiner Herzlichkeit und seinem naiven, unerschütterlichen Glauben an das Gute im Menschen. In Plunderhosen und Schirmmütze setzt er sich für Werte wie Freundschaft und Gerechtigkeit ein. Mutig nimmt er den Kampf mit seinem Widersacher, überzeugend von Steffen Recks gespielt, auf.

Mit federleichter Poesie, zauberhaft heiter, hat Joerg Steve Mohr und Sebastian Helfrich "Pünktchen und Anton", inszeniert. Sie lassen das Berlin der 30er Jahre aufleben, aktuelle Bezüge sind jedoch unverkennbar. Es geht ihnen um die Frage der Gerechtigkeit aus der Sicht von Kindern, in einer Welt, in der die Schere zwischen Arm und Reich immer mehr auseinandergeht.

Jede Schauspielfigur passt ausgesprochen zu der ihr zugedachten Rolle: Da ist das Kindermädchen, Fräulein Andacht, von Melanie Wittke herrlich naiv, altjüngferlich zickig gespielt, das in den Ganoven "Robert der Teufel" (herrlich grauslich und schmierig Klaus Herdel) verliebt ist. Als übereifriger Beamter, der auch in der Pause für Ordnung sorgte, konnte Sebastian Helfrich in der Rolle des Polizisten die Sympathie des Publikums gewinnen.

Meisterliche Umsetzung

Angela Hepp spielt berührend Antons kranke Mutter. Als Frau Pogge sieht Susan Horn wie einem Modekatalog der 30er Jahre entsprungen aus, witzig überspitzt gestaltet sie die Rolle der verwöhnten feinen Dame, die für alles, nur für ihre Tochter keine Zeit hat. Leiff Schmidt spielt den von Terminen getriebenen Direktor Pogge mit subtilem Witz und Ironie. Christoph Kaiser ist die Rolle des pedantischen, aber gerechten Lehrers wie auf den Leib geschnitten. Wunderbar komisch auch Ewa Niren als resolute Berta. Ausgestattet mit Humor und gesundem Menschenverstand tanzt sie Tango und verhilft mittels einer Bratpfanne der Gerechtigkeit zum Sieg.

Gelungen auch das Bühnenbild: Während es zur Weidendammerbrücke oder zum spelunkenartigen Café umgebaut wird, singen und tanzen die Schauspieler, begleitet am Klavier, hinreißend temperamentvoll und gleichzeitig skurrile körperliche Kontraste setzend. Die atmosphärisch fantasievoll inszenierte Aufführung und ebenso wunderbar interpretierte Musik rundeten einen großartigen Theaterabend ab, der mit viel Applaus belohnt wurde.

Freie Autorin

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