Schwetzingen. „Ein kleiner Schritt für einen Menschen, aber ein gewaltiger Sprung für die Menschheit.“ Dieses Zitat von US-Astronaut Neil Armstrong in dem Moment, als er 1969 als erster Mensch den Mond betrat, ist wohl eines der bekanntesten. Und irgendwie kommt es einem in den Sinn, wenn es um einen gerade vom Landtag Baden-Württemberg gefassten Beschluss geht. Unser Bundesland wurde zum LSBTTIQ-Freiheitsraum erklärt – ein klares Bekenntnis für die Individualität eines jeden Menschen. Der Schwetzinger Landtagsabgeordnete und Vizepräsident im Landtag, Daniel Born, teilte seine Freude über die Entscheidung samt Regenbogenflagge in den sozialen Medien. Der Sozialdemokrat leitete zudem an diesem Tag die Sitzung.
Herr Born, der Stuttgarter Landtag stimmte in der Vorwoche einstimmig dafür, Baden-Württemberg zum LSBTTIQ-Freiheitsraum zu erklären. Was genau bedeutet das?
Daniel Born: Es geht um ein ganz starkes Zeichen und ein unmissverständliches Bekenntnis: Baden-Württemberg ist ein Raum der Freiheit und der Akzeptanz. Diese Freiheit gilt für alle Menschen, also ganz genauso für Lesben, Schwule, bi-, trans- und intersexuelle Menschen. Queere Vielfalt hat in Baden-Württemberg ihren Platz und das ist gut so! Konkret bedeutet der Antrag, dass wir uns als Land zu Maßnahmen verpflichten, um die Rechte von LSBTTIQ-Personen besser zu schützen. Es geht um das Grundrecht, nicht diskriminiert zu werden. Und um die Demokratie in Baden-Württemberg stark zu machen, wollen wir erreichen, dass dieses Grundrecht wirklich uneingeschränkt geachtet wird. In der Praxis unterstützt der Antrag einen Weg, den unser Land seid 2011 erfolgreich geht beispielsweise mit dem Aktionsplan für Akzeptanz und gleiche Rechte. Queerfeindliche Gewalt nimmt aber auch bei uns zu. Darum ist ein starker Aspekt des Beschlusses, dass er auch noch mal ein Augenmerk auf Sicherheit und die Bekämpfung von Hasskriminalität legt.
Dieser Vorstoß kam von der SPD. Warum ist Ihnen und den Sozialdemokraten dieses Thema so wichtig?
Born: Mein Kollege Florian Wahl, der Vorsitzende des Sozialausschusses, hat die Initiative ergriffen und es geschafft ein Bündnis über alle Fraktionsgrenzen zu zimmern. Dass Zeichen wie der LSBTTIQ-Freiheitsraum so wichtig sind, liegt auch daran, dass wir längst noch keine echte Gleichstellung der vielfältigen Lebens- und Liebensformen erreicht haben. In vielen Staaten riskieren Menschen, im Gefängnis zu landen, weil sie lieben, wen sie lieben oder sind, wer sie sind. Benachteiligung und das Gefühl von Ausgrenzung gehört auch bei uns noch zur ganz realen Lebenswelt queerer Menschen. Als Sozialdemokraten sind wir überzeugt: Für eine gute, erfolgreiche und krisenfeste Zukunft Baden-Württembergs brauchen wir Chancengleichheit, gegenseitigen Respekt und die Sicherheit, dass alle Menschen angstfrei bei uns leben und sich entfalten können.
Vor Baden-Württemberg sind Bremen und Berlin dem Vorbild des EU-Parlaments gefolgt. Wie wichtig, glauben Sie, ist es, dass künftig alle Bundesländer diesem Beispiel folgen?
Born: Akzeptanz und gleiche Rechte müssen konkret sein. Und unsere Bundesländer sind die politische Ebene, wo es konkret wird: Polizei, Bildung, Zusammenarbeit mit den Kommunen, soziale Infrastruktur – da sind die Bundesländer gefragt. Darum ist es wichtig, dass sie hier Farbe bekennen. Ich bin mir sicher, dass Baden-Württemberg nur die Nummer eins war und viele weitere Flächenländer folgen werden.
Was können wir – nein: müssen wir – in diesem Land tun, um den LSBTTIQ-Freiheitsraum auch wirklich zu leben?
Born: Wichtig ist klarzumachen: Vielfalt ist keine Ideologie. Sondern Vielfalt ist gesellschaftliche Realität – schon jetzt. Und Vielfalt macht unser Land nicht nur bunter und schöner, sondern auch besser. Deshalb gilt es, aufzustehen gegen Ausgrenzung und Diskriminierung und gegen die Stimmen, die Vielfalt leugnen oder ablehnen. Wir müssen die Vielfalt auch aktiv fördern, indem wir Menschen in all ihrer Verschiedenheit in der Politik, in der Bildung, in Unternehmen und Führungspositionen, in den Verwaltungen und im Ehrenamt, kurz: allen Bereichen unserer Gesellschaft sichtbar machen. Gerade für Baden-Württemberg ist mir wichtig, dass queere Gruppen aber auch Beratungsstellen überall im Land erreichbar sind, also nicht nur in den Großstädten.
Sie haben als Vizepräsident des Landtags die Sitzung geleitet und wirkten bei der Mitteilung über das Abstimmungsergebnis nicht neutral wie sonst, sondern durchaus sehr berührt.
Born: Es war ein starker Moment unserer baden-württembergischen Demokratie. In den nächsten Wochen werden wir viel über Katar reden – ein menschenverachtendes Regime, wo Freiheitsrechte mit Füßen getreten werden. Genau in diesem Monat erklärt sich unser Land zum LSBTTIQ-Freiheitsraum und setzt sich damit an die Spitze einer Menschenrechtsbewegung. Und das einstimmig. Alle Abgeordneten, alle Fraktionen. Wir können alle sehr stolz auf unser Bundesland sein. Und diesen Stolz hat man mir auch angesehen.
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