Orangerie

Beunruhigende Werke von Daniel Sambo-Richter faszinieren Besucher in Schwetzingen

Die fesselnde Ausstellung von Daniel Sambo-Richter in der Schwetzinger Schlossorangerie präsentiert beunruhigende Werke der Schwarzen Romantik. Die Gemälde lösen Nervenkitzel aus und zeigen Landschaften des Verfalls und der Gewalt.

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Maria Herlo
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Kunstwerk: Four No More / Coral Reef, Diptychon 2023, davor Dr. Dietmar Schuth (v. l.), Daniel Sambo-Richter und Erik Schnatterer. © Dorothea Lenhardt

Schwetzingen. Nein, das Gruseln bringen sie dem Betrachter nicht bei, auch suggerieren sie nicht das Irrationale, Albtraumhafte, wie es das Etikett „Schwarze Romantik“ vermuten lassen würde: die Gemälde Daniel Sambo-Richters. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Ausstellung, die der Kunstverein in die Orangerie des Schwetzinger Schlosses geholt hat, langweilig sei. Im Gegenteil: Die Werke des 57-jährigen Berliner Künstlers lösen durch ihre unverhohlen „beunruhigende Botschaft“ allemal einen gewissen Nervenkitzel aus und besitzen zweifellos Schauwert.

An Publikum wird es der Ausstellung mit Sicherheit nicht fehlen, wie schon der Andrang bei der Eröffnung am Freitagabend nahelegte. „Durch die hochkarätigen Exponate verdient die Schau zu Recht eine große Besucherzahl“, sagte in seinem Grußwort Erik Schnatterer, der Vorsitzende des Kunstvereins, im Beisein zahlreicher Kunstinteressierter, darunter Mitglieder des Kunstvereins, Vorstände befreundeter Vereine sowie des Vizepräsidenten des Landtags von Baden-Württemberg, Daniel Born (SPD), und des Künstlers, den er kurz vorstellte. Geboren sei Daniel Sambo-Richter 1966 in Görlitz und lebe zurzeit in Berlin. Er studierte an der Hochschule für bildende Künste in Dresden und erhielt zahlreiche Stipendien und Auszeichnungen. Im Laufe der Jahre wurden seine Werke in Deutschland und in verschiedenen Ländern der Welt ausgestellt, darunter in den USA, Polen und Dänemark.

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Schwarze Romantik: Kunstwerke von Daniel Sambo-Richter in Schwetzingen

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Eingehende Überlegungen zu Sambo-Richters Schaffen legte anschließend der Kurator der Ausstellung, der Kunsthistoriker Dr. Dietmar Schuth, vor. Man kann Sambo-Richters Werk mit dem Begriff der „Schwarzen Romantik“ umschreiben, meinte Schuth, die sich durch Motive wie Leid, Verfall und Tod auszeichnet. Ihr berühmtester Vertreter Caspar David Friedrich (1774 – 1840) zum Beispiel stellt in seinen Gemälden Friedhöfe oder Ruinen dar. Genau wie er male auch Daniel Sambo-Richter „eisige Landschaften als hochdramatische Inszenierungen menschenfeindlicher Naturgewalten“. Blickfang der Ausstellung ist das acht Meter lange Gemälde „Orange over White“, das einen gewaltigen Eisberg wie einen Vorhang ausspannt.

The Fate of the Orchids (Kirsten Heiberg I). © Dorothea Lenhardt

Ein weiteres, bevorzugtes Thema der Romantik ist die verheerende Macht des Feuers, bei Sambo-Richter dargestellt in Bildern mit Titeln wie „Eruption I und II“ oder „Waldbrand I und II“. Obwohl die Vulkanausbrüche, Waldbrände oder das stürmische Meer realistisch nachgebildet sind, „spürt man bei Sambo-Richter eine große Lust an der abstrakten Malerei, die sich in den informellen Naturformationen wie Feuer, Lava und Dampf frei entfalten kann“, so Schuth.

Daniel Sambo-Richter thematisiert in seinen Werken Gewaltbereitschaft

Im Kontrast dazu sind in der Ausstellung auch „Baumbilder“ zu sehen, „die die filigranen Strukturen von winterlichen Bäumen und damit die Zerbrechlichkeit der Natur vor Augen führen“. Neben den Landschaften thematisiert der Künstler auch Menschen und ihre Gewaltbereitschaft: Im Diptychon „Im Inneren der Insel“ stehen sich zwei Samurai im Duell gegenüber, in „Mother“ ein Soldat, der in den Krieg zieht, in „Fore No More/Coral Reef“ eine stürmische See, in der Menschen um ihr Leben kämpfen und dabei allein gelassen sind, und in der Serie „The Fate of the Orchid“ sind es Sängerinnen und Schauspielerinnen der Nazizeit, die mit eiskaltem Blick dreinschauen.

Das geheimnisvollste Bild der Ausstellung, das ihr auch den Namen gab, ist laut Schuth das Diptychon „Bienenkönig“. Es zeigt zwei männliche Akte, zwei Antagonisten, die symbolisch für die elementaren Kräfte in der Bilderwelt des Künstlers stehen.

Tor II, 2020. © Dorothea Lenhardt

Fasziniert standen die Vernissagebesucher vor den wirkungsmächtigen Gemälden, deren Alleinstellungsmerkmal die vielfältigen Nuancen von Grau, Grüngrau und Dunkelblau sind. Warum ausgerechnet diese tristen Farben, wollen wir vom Künstler wissen. „Vor allem die Arbeiten der letzten drei Jahre transportieren eine gewisse Traurigkeit und Melancholie“, sagte Sambo-Richter gegenüber unserer Zeitung und legte auch die Gründe dar: „Es liegt schon an der bedrückten Situation, an den Zustand der Welt im Allgemeinen, aber bei mir geht es insbesondere um das für die Romantik so typische Gefühl der individuellen Entfremdung. Für mich sind die Landschaften eigentlich Seelenbilder.“ Die malerische Darstellung von Feuer und Wasser passt zudem gut zum Themenjahr der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg, wo die „Macht der Elemente – Feuer und Wasser“ im Mittelpunkt stehen. „Das ist natürlich Zufall“, meinte dazu der Künstler, „umso schöner, wenn sich solche Querbezüge zum Umfeld der Ausstellung ergeben“, freute er sich.

Zu sehen ist die Ausstellungbis Sonntag, 2. Juli, mittwochs bis sonntags von 14 bis 18 Uhr. Zur Ausstellung ist ein schön bebilderter Katalog erschienen, der auch eine Einführung von Dr. Dietmar Schuth enthält.

Freie Autorin

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