Wiesloch. Ein 33-jähriger Insasse des Psychiatrischen Zentrums Nordbaden (PZN) in Wiesloch ist am Freitag aus dem geschlossenen Bereich des Maßregelvollzugs geflohen und hat auf seiner Flucht in einem Geschäft mitten in der Wieslocher Innenstadt eine Frau erstochen.
Jetzt äußern sich die PZN-Verantwortlichen zu dem Vorgang und teilen mit, dass sich der Patient in einem stufenweisen Lockerungskonzept nach Therapiefortschritten befunden hat. Demnach war ihm ein begleiteter Ausgang auf dem PZN-Gelände und in der Stadt Wiesloch erlaubt.
Unterwegs in die Arbeitstherapie
Den Angaben der Klinik zufolge war der 33-Jährige in einer Gruppe von sechs Patienten, begleitet von erfahrenen Pflegefachkräften, unterwegs auf dem Weg in die Arbeitstherapie auf dem Klinik-Gelände. Dabei entfernte er sich spontan und unerlaubt von der Gruppe.
Der Täter floh laut Polizei aus dem PZN in die Innenstadt, stürmte gegen 13 Uhr in ein Bekleidungsgeschäft in der Wieslocher Hauptstraße und griff dort unvermittelt eine 30-jährige Frau an. Der Täter und sein Opfer kannten sich nach ersten Ermittlungen der Polizei nicht. Der genaue Hergang sei Teil der Ermittlungen, sagte Erster Staatsanwalt Jonathan Waldschmidt dieser Redaktion am späten Nachmittag auf Anfrage.
Nach Angaben der Polizei hatten die Pflegekräfte sofort die Polizei alarmiert. Allerdings schaffte der 33-Jährige es dann bis in die Innenstadt, ohne dass ihn jemand gestoppt hätte. Der Tatort liegt Luftlinie gut 1,5 Kilometer entfernt vom PZN Nordbaden entfernt. Auch über die Herkunft und den Wohnort des Opfers sagte die Polizei am Freitag nichts.
Polizei droht Schusswaffengebrauch an
Der 33-Jährige stach mit einem Messer auf die Frau ein. Woher er dieses Messer hatte und um welche Art es sich handelt, wollten Staatsanwaltschaft und Polizei aktuell nicht sagen. Die Frau brach in dem Geschäft zusammen.

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Nach sofortiger Erster Hilfe kam sie ins Krankenhaus, wo sie wenig später an ihren schweren Verletzungen verstarb. Die Polizei nahm den mutmaßlichen Täter sofort unter Androhung des Schusswaffengebrauchs fest, als er nach der Tat das Geschäft verließ.
Viele Fragen zur Flucht aus der Psychiatrie
Nach Angaben der Ermittler ist der mutmaßliche Täter seit dem Jahr 2021 im Bereich des Maßregelvollzugs des PZN untergebracht. Laut PZN wurde der Maßregelvollzug wegen mehrerer Delikte, darunter vorsätzliche Körperverletzung, Nötigung, Beleidigung, angeordnet. Wegen seiner seelischen Störung wurde gerichtlich die Schuldunfähigkeit des Mannes festgestellt.
Im Maßregelvollzug des PZN werden psychisch kranke Straftäter behandelt, die ganz oder teilweise schuldunfähig sind. Christian Oberbauer, Chefarzt der forensischen Psychiatrie, hatte Anfang Juli während einer öffentlichen Veranstaltung Informationen zu den Patienten und deren Unterbringung erläutert.
Einrichtungen im Südwesten überbelegt
Demnach haben die meisten Patienten des Maßregelvollzugs im PZN Körperverletzungsdelikte begangen und leiden unter einer schizophrenen Psychose – sie hören zum Beispiel Stimmen, die ihnen Befehle erteilen. Der Maßregelvollzug in Baden-Württemberg war in den vergangenen Monaten immer wieder Gegenstand öffentlicher und politischer Debatten.
Beklagt wird, dass die Einrichtungen bundesweit zum Teil erheblich überlegt sind. Alleine in Baden-Württemberg mussten in den vergangenen beiden Jahren jeweils 35 Straftäter auf freien Fuß gesetzt werden, weil Therapieplätze fehlten. In diesem Jahr deutet es sich an, dass die Zahl nochmals überschritten werden könnte.
Aktuell wird auch in Wiesloch gebaut, um mehr Platz für die Unterbringung im Maßregelvollzug zu schaffen. Im ersten Quartal 2024 sollen 54 weitere Betten zur Verfügung stehen. In Wiesloch waren Stand Juli 280 Patienten in den für 218 Betten ausgelegten Gebäuden untergebracht.
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