Flüchtlingspolitik

Caritas kritisiert Mittelkürzungen für Migrationsberatung

Wenn das Geld fehlt, um Menschen, die nach Deutschland kommen, auf das Leben hier vorzubereiten, werden sie langfristig mehr Kosten verursachen

Von 
Marcus Oehler
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Trotz steigender Zuwanderung plant die Bundesregierung die Mittel für die Migrationsberatung im Jahr 2024 drastisch zu kürzen. Der Caritasverband für den Rhein-Neckar-Kreis mit einem Sitz in Schwetzingen kritisiert die geplanten Mittelkürzungen und macht in einer Pressemitteilung auf die Bedeutung der Migrationsberatung aufmerksam.

Seit dem Jahr 2005 ist die Migrationsberatung für erwachsene Zuwanderer ( MBE ) unter anderem mit den Integrationskursen vor Ort Bestandteil des Integrationsangebotes des Bundes. Nach Angaben des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge haben bis Ende Juli allein 175 272 Menschen erstmalig Asyl in Deutschland beantragt – 78,1 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Gleichzeitig soll der Etat für die MBE laut eines Haushaltsentwurfs der Ampelkoalition für 2024 um rund ein Drittel gekürzt werden, von derzeit 81,5 auf 57,5 Millionen Euro. Die MBE ist das zentrale, themenübergreifende und in einigen Bundesländern einzige Beratungsangebot vor Ort für die bedarfsgerechte Unterstützung bei der Integration von neu zugewanderten Menschen und ist eng mit weiteren Beratungs- und Unterstützungsangeboten im Sozialraum vernetzt. So weist die Bundesstatistik zur MBE für das Jahr 2022 315 000 Beratungsfälle aus. Hinzu kommen mehr als 242 000 mitberatene Familienangehörige.

Zugewanderte ohne Anlaufstelle

„Die geplanten Kürzungen hätten fatale Folgen auf den Integrationsprozess von Zugewanderten, weil die Beratung und Unterstützung der Menschen im bisherigen Umfang nicht mehr stattfinden könnte und die Betroffenen mit ihren vielfältigen Problemlagen und Fragen alleingelassen würden“, kritisiert Stefan Dugeorge, Leiter des Referats Soziale Dienste beim Caritasverband für den Rhein-Neckar-Kreis.

Der Caritasverband bietet Migrationsberatung an seinen Standorten in Schwetzingen, Wiesloch, Weinheim und Sinsheim an. Die MBE-Beratenden helfen bei der Erstintegration und bei der Beantragung und Vermittlung von Integrations- und Sprachkursen. Sie geben Tipps zur Existenzsicherung sowie zum Aufenthalt in Deutschland. Ganz allgemein unterstützen sie bei der schulischen, beruflichen und sozialen Integration in Deutschland.

Verena Metzger, Migrationsberaterin der Caritas, weiß, wie wichtig die Beratung für neu Zugewanderte ist: „Wir helfen Menschen, die neu in Deutschland ankommen und unsere Sprache nicht sprechen, sich hier zurechtzufinden und bieten ihnen Orientierung. Wir nehmen uns Zeit und unterstützen sie zum Beispiel dabei, einen Sprachkurs, eine Wohnung und Arbeit zu finden und ihre Zeugnisse und Abschlüsse anerkennen zu lassen“, erklärt Metzger. „Ohne Hilfe ist es für neu Zugewanderte ohne Sprachkenntnisse unendlich schwer sich in unserer Bürokratie zurechtzufinden“, weiß Metzger.

Was die Mittelkürzungen im Bereich der Migrationsberatung auf lange Sicht bedeuten würden, liegt für Stefan Dugeorge auf der Hand: „Wenn Menschen, die in unser Land kommen, unsere Sprache nicht mehr erlernen und ihre Zeugnisse und Qualifikationen nicht anerkannt werden, werden sie hier keiner qualifizierten Arbeit nachgehen können. Das wird uns in der Zukunft auf die Füße fallen und den Sozialstaat langfristig sehr viel mehr kosten als qualifizierte Migrationsberatung“, ist Dugeorge überzeugt. zg

Hintergrund

Der Caritasverband für den Rhein-Neckar-Kreis ist ein Verband der freien Wohlfahrtspflege der katholischen Kirche. Er ist eine Gliederung des Caritasverbands für die Erzdiözese Freiburg und des Deutschen Caritasverbands. Als Träger unterhält er kreisweit – also in Schwetzingen, Sinsheim, Weinheim, Wiesloch sowie in Eberbach mit 300 Mitarbeitenden – ein breites Spektrum an Beratungsstellen und betreibt zwei Tafelläden sowie zwei Altenpflegeheime und eine Werkstatt für psychisch Erkrankte. zg

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