Leserzuschrift

Chaos um die Grundsteuererklärung - ein Mann aus Schwetzingen berichtet

Ein Bürger ärgert sich über das örtliche Finanzamt. Er bekam eine Fehlermeldung vom Portal Elster – und hoffte auf Hilfe über das elektronische Kontaktformular des Finanzamtes Schwetzingen.

Von 
Lukas Heylmann
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Elster, das Portal der deutschen Steuerverwaltungen zur Abwicklung der Steuererklärungen und Steueranmeldungen über das Internet. © DPA

Schwetzingen. Ein Witz über den Stand der Digitalisierung in Deutschland könnte durchaus eine ähnliche Prämisse haben, wie das, was einem Leser dieser Zeitung passiert ist. Der Mann, der namentlich nicht in diesem Artikel erscheinen möchte, muss – wie etwa 36 Millionen Menschen in Deutschland zurzeit – bis Ende Oktober seine Grundsteuererklärung nach den neuen Vorgaben einreichen. Das funktioniert in aller Regel nur digital über das Portal Elster.

Dabei hatte der Mann aus Schwetzingen schließlich das Problem einer Fehlermeldung, was vielen Grundstückseigentümern widerfahren ist. „Nachdem ich stundenlang über der neuen Grundsteuer gebrütet hatte, stellte ich am 8. August über das elektronische Kontaktformular des Finanzamtes Schwetzingen eine konkrete Frage zu einer Fehlermeldung im Elster-Formular“, schildert uns der Mann. Die Fehlermeldung hatte er kopiert und mit an das Finanzamt geschickt.

Frage wird nicht beantwortet

Und hier kommt der Clou: Eine Antwort erhält er erst zehn Tage später – per Post. Entsprechend fällt auch die Reaktion des Mannes aus: „Warum haben die das Kontaktformular eigentlich?“

In dem Brief, der den Leser am 18. August erreicht hat und der der Redaktion vorliegt, bedankt sich das örtliche Finanzamt für die Nachricht über das Kontaktformular, beantwortet allerdings nicht die Frage, die er ursprünglich gestellt hat, sondern verweist stattdessen auf die hauseigene Hilfshotline sowie auf eine Telefonnummer, die bei Fragen zu Elster weiterhelfen solle.

Gesetzlich geregelt

Auf eine Anfrage dieser Redaktion, wieso auf eine elektronische Kontaktaufnahme ein Brief folgt, beantwortet Dr. Franziska Kruse vom Finanzamt folgendermaßen: „Dem Finanzamt ist der unverschlüsselte E-Mail-Versand nur in den Fällen erlaubt, in denen vorab eine separate schriftliche Einwilligungserklärung vorliegt. Dies ist gesetzlich in der Abgabenordnung geregelt. Liegt eine solche Einwilligungserklärung nicht vor, beantwortet das Finanzamt Anfragen, die über das Kontaktformular gestellt werden, per Brief oder nimmt telefonisch Kontakt zur anfragenden Person auf.“

Die zehntägige Wartezeit bis die Antwort unseren Leser erreichte, rechtfertigt Kruse nachvollziehbar: „Aufgrund der momentan massiv gestiegenen Anzahl an verschiedensten Fragen rund um das Thema Grundsteuerreform kann eine schriftliche Rückantwort in Einzelfällen teilweise etwas länger dauern.“

Allerdings hatte der Leser seine Anfrage nicht nur ans Schwetzinger Finanzamt gesendet, sondern am selben Tag auch elektronisch an ein anderes (welches das war, ist der Redaktion bekannt). „Siehe da, dessen Antwort kam am gleichen Tag per E-Mail. Es geht also auch Steuerzahler-freundlich“, kommentiert er den Vorfall in einer E-Mail an die Redaktion.

Laut Dr. Franziska Kruse sei es allerdings kein Schwetzingen-spezifisches Phänomen, dass das örtliche Finanzamt nicht jede Frage zu Elster beantworten könne: „Fragen von Anwendern zum Programm Elster reichen erfahrungsgemäß von der Registrierung, der Verwaltung und Erneuerung des Zertifikats bis hin zu einzelnen fachlichen Eingabefragen. Soweit fachliche Fragen zur Erklärung des Grundsteuerwerts gestellt werden, gibt das mit der Grundsteuer befasste Arbeitsgebiet telefonisch oder schriftlich Hilfestellung. Soweit die Fragen zu Elster schwerpunktmäßig EDV-spezifischer Art sind, hilft unserer örtlicher Elster-Ansprechpartner weiter“, erklärt sie.

Allerdings betont sie auch, dass grundsätzliche Fragen zu den Funktionalitäten von Elster vom Finanzamt nicht beantwortet werden können, da das Programm in Bayern laufe und entwickelt worden sei.“

Sabine Karch-Brandel, Vizepräsidentin der Steuerberaterkammer Nordbaden, sind Probleme mit der Grundsteuererklärung zurzeit ausreichend bekannt – besonders wegen der erwünschten digitalen Einreichung. „Das ist sehr schwierig für ältere Steuerpflichtige, die nicht durch einen Berater vertreten sind“, berichtet sie im Gespräch mit dieser Zeitung.

Das bestätigt auch Matthias Bauer vom Fachbereich Bauen Wohnen Energie der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. „Wir wissen aus unserer Beratung, dass viele, vor allem ältere Verbraucher, große Probleme haben, Angaben zu ihren Grundstücken zu machen, da die Erklärungen ausschließlich online abgegeben werden sollen. Vielfach ist nicht bekannt, dass mit einem Härtefall in Ausnahmefällen auch Erklärungen auf Papier möglich sind“, teilt er mit. „Verbraucher sind überfordert. Im Grunde könnte das Finanzamt die meisten Daten selbstständig ermitteln“, findet er.

Zeitraum viel zu kurz

Karch-Brandel sieht das ähnlich. „Das Grundbuchamt und das Finanzamt hätten zusammen alle notwendigen Daten. Stattdessen wird das auf Steuerpflichtige und Steuerberater abgewälzt.“ Für den Arbeitsaufwand der Finanzämter hat sie allerdings Verständnis. „Das ist definitiv schwierig, so viele Erklärungen in dem Zeitraum zu lösen“, stellt sie fest. Denn laut der Steuerberaterin sei auch der Abgabezeitraum zwischen Juli und Oktober deutlich zu kurz.

Der Leser dieser Zeitung immerhin scheint Glück gehabt zu haben. Denn seine Frage wurde ja letztlich noch beantwortet. Bleibt zu hoffen, dass es die einzige schwerwiegende war.

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