90 Jahre Tennisclub Blau-Weiß - Vom elitären weißen Sport zum Tennisboom / Beim Blick in die Geschichte werden Höhen und Tiefen deutlich / Clubhaus und Plätze haben den Verein einiges gekostet

Das neue Zuhause am Odenwaldring bewahren

Von 
Volker Widdrat
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„An alle früheren Mitglieder des ehemaligen Schwetzinger Tennisclubs und an alle noch außenstehenden Interessenten“ richtet sich ein Schreiben des „vorbereitenden Ausschusses“ um Professor Emil Widmer und Wolfgang Bassermann, das für den 23. April 1948 ins Nebenzimmer der „Stadtschänke“ einlädt, um in einer erstmaligen Aussprache über die Wiedergründung des Tennisclubs zu diskutieren. 1944 war der Spielbetrieb eingestellt worden. Nach dem Krieg hatte die Militärregierung dann alle Vereine verboten.

Aber blicken wir noch weiter zurück: Die erste Mitgliederversammlung findet am 21. April 1928 statt. Zum Vorstand wird Unternehmer Dr. Heinrich Bassermann gewählt, sein Stellvertreter wird Hugo Hörner. Fünf Reichsmark beträgt die „Eintrittsgebühr“. Der „jährliche Grundbeitrag“ ist auf 12 Reichsmark festgelegt. Im Sommer 1929 werden die Tennisplätze im Marstallhof fertiggestellt. Zwei Turniere gegen den Akademischen Sportclub Heidelberg und den Tennisclub Sinsheim werden ausgetragen. Während der Wintermonate spielen die Mitglieder Tischtennis im Café Hassler oder im „Weißen Schwan“. Karl Gahlen aus Beerfelden wird 1929 als erster Tennislehrer verpflichtet. Im sportlichen Bereich genießt der Club bald einen guten Ruf. 1939 geht die Casino-Gesellschaft im Tennisclub auf. Das letzte Medenspiel vor Ausbruch des Krieges findet am 7. Mai 1939 gegen den TC Rastatt statt.

Architekt verzichtet auf Honorar

Zur Wiedergründung am 23. November 1948 nennt sich der Verein Tennisclub Blau-Weiß. Vorsitzender wird Dr. Eduard Eberhard, sein Stellvertreter Walter Hofer. Professor Emil Widmer wird zum Spielführer und Platzwart gewählt. Die Aufnahmegebühr beträgt 10, der Mitgliedsbeitrag 12 Mark. 1949 kann bereits auf zwei Plätzen gespielt werden. Architekt Schneider verzichtet bei der Instandsetzung der Anlage auf sein Honorar. Das erste Turnier nach dem Krieg findet gegen den TC Rheinau statt. 1950 hat der Club schon wieder 100 Mitglieder, davon 80 Aktive. 1953 wird das 25-jährige Jubiläum im Hotel „Ritter“ gefeiert.

Der neugewählte Vorsitzende Alfons Stemmle lässt zwei weitere Plätze instandsetzen. Die Finanzierung erfolgt durch Eigenhilfe und Spenden. Der Spielbetrieb im Marstallhof geht nur noch bis Ende 1958. Das Staatliche Liegenschaftsamt kündigt das Gelände. Zwei Jahre steht der Tennisclub ohne Plätze da. Also wird in der „Stadtschenke“ gekegelt. Im August 1960 kommt der Umzug an den Odenwaldring. Drei Plätze werden dort eingeweiht. Der Bau eines Clubhauses ist finanziell noch nicht machbar. Zunächst dient ein ausrangierter Möbelwagen als Umkleideraum.

Ab 1961 lenkt Zeitungsverleger Dr. Erwin Stemmle die Geschicke des Clubs. Stadtbaumeister Back entwirft Pläne für ein Clubhaus. Der Verein sammelt Geld. Hilde Leinberger bastelt ein Miniatur-Clubhaus in Form einer Sparkasse. 1965 wird zum „Jahr der erfüllten Wünsche“, wie es Stemmle damals formulierte: Das neue Clubhaus ist fertig. Unter den Neueintritten sind viele Jugendliche. Zu Beginn der Saison 1966 werden vier neue Plätze in Betrieb genommen. Das Ehepaar Först bewirtschaftet das Clubhaus. 1967 trägt der Club unter Leitung des Vorsitzenden Horst Schadlofsky mit großem Erfolg die nordbadischen Jugendmeisterschaften aus. Ein Jahr später folgen die gesamtbadischen Meisterschaften.

Am 21. Juli 1968 feiert der Verein den 40. Geburtstag im Konzertsaal des Schlosses. 1971 steht Horst Schadlofsky nicht mehr zur Wiederwahl. Zu seinem Nachfolger wird Ferdinand Plein gewählt. Wolf-Dieter Späth, der spätere Präsident des Badischen Tennisverbandes, wird das erste Ehrenmitglied. 267 Mitglieder hat der Club zu dieser Zeit.

1974 gibt es einen neuen Gesamtvorstand, Vorsitzender wird Jürgen Schröder. Drei Plätze müssen dringend saniert werden. Um die Kosten gering zu halten, leisten die Mitglieder fünf Stunden Arbeit oder bezahlen 5 Mark pro Stunde. Die Zahl der Mannschaften nimmt zu. Der Verband reagiert mit einer neuen Einteilung von Oberliga bis Kreisliga.

Modernisierung wird notwendig

Die drei grundsanierten Plätze werden 1975 eingeweiht. Der Club hat jetzt 373 Mitglieder. Das Gewerbeaufsichtsamt macht massive Auflagen. Toilettenbereich und Küche müssen umgebaut werden. Umkleide und Duschen reichen nicht mehr. 1976 wird alles erledigt. Die 1973 gegründete Seniorenmannschaft steigt Jahr für Jahr bis in die Verbandsliga auf und entwickelt sich mit Neuzugang Laci Legenstein zu einer badischen Spitzenmannschaft. Der Aufstieg in die Oberliga ist damals die höchste Spielklasse. Das Team wird badischer Vizemeister und qualifiziert sich für die neue Regionalliga Südwest. Die Gegner heißen Eintracht Frankfurt, Weißenhof Stuttgart und TC Kaiserslautern.

Die Suche nach einem neuen Vorsitzenden ist schwierig. Wolfgang Gekeler erklärt sich bereit, das Amt zu übernehmen. 1978 steht das 50-jährige Jubiläum im Mittelpunkt. Der Festakt findet im Kammermusiksaal des Schlosses statt.

Mit 471 Mitgliedern stößt der Club 1979 an die Kapazitätsgrenze. Die Stadt schafft die Möglichkeit, Gelände zu pachten. Es werden vier neue Plätze gebaut. Darüber hinaus entstehen ein Wall mit Sitz- und Stehtribüne sowie ein Kinderspielplatz. Die Einweihung findet im April 1980 statt. 1982 erreicht der Verein mit 519 Mitgliedern den bis heute höchsten Mitgliederstand. Danach reduziert sich die Anzahl wieder. 1984 startet der Club eine erste Aktion zur Mitgliederwerbung. Mit Ende des Geschäftsjahres geht die Ära Gekeler zu Ende. Neuer Vorsitzender wird Jürgen Schröder. Gekeler und Schröder sind heute Ehrenmitglieder des Vereins.

Im Juli 1982 finden die badischen Jugendmeisterschaften in Schwetzingen statt. Im Mai 1983 gehen erstmals Stadtmeisterschaften über die Bühne. Die Beteiligung ist enttäuschend. 1985 ist der Club Ausrichter eines Qualifikationsturniers zur deutschen Jugend-Meisterschaft.

Vier Jahre bevor die Städtepartnerschaft zwischen Schwetzingen und Lunéville offiziellen Charakter annimmt, wird die Jumelage zwischen den beiden Vereinen per Freundschaftsturnier in Lunéville begründet. Von da an kommt es zu wechselseitigen Besuchen. Schatzmeister Kurt Röll hat zu tun, um den Finanzhaushalt in der Balance zu halten. Mitglieder klagen über den schlechten Zustand der Plätze. 1986 überrascht das 1. Damenteam mit dem Aufstieg in die 1. Bezirksliga.

Nachwuchs wird gefördert

Die Nachwuchsförderung unter Heiner Roth und Hartwig Weik trägt Früchte. Größter Erfolg dabei ist 1985 die badische Mannschaftsmeisterschaft der Mädchen mit Marlen Ihrig, Anja Schenk, Bianca Schöneck und Katrin Sulzmann.

Eine außerordentliche Mitgliederversammlung genehmigt 1987 eine zweckgebundene Beitragserhöhung zur Finanzierung eines festangestellten Platzwarts. Klaus-Dieter Sulzmann wird neuer Vorsitzender. 1988 wird Peter Träutlein fürs Jugendtraining verpflichtet. 1997 stellt der Vorsitzende Jan Fremer sein Amt zur Verfügung und bezeichnet die sechs Jahre seiner ehrenamtlichen Tätigkeit als „sehr positive Zeit“. Das Dach des Clubhauses wird saniert, zudem drei Plätze grunderneuert. Trotz ständiger Bemühungen um neue Mitglieder entwickeln sich die Zahlen dem allgemeinen Trend entsprechend rückläufig. Das Aktionsprogram „Schultennis“ wirbt auch außerhalb des Vereins für den Sport. 1997 und 1998 sind elf Jugendmannschaften gemeldet. Ab 1999 fallen die Aufnahmegebühren weg.

Im Jahr 2000 präsentiert der neu gewählte Vorsitzende Achim Bremm einen von Architekt Hans-Jürgen Vieth ausgearbeiteten Plan zur Umgestaltung auf acht Plätze – Kosten: 160 000 Euro. Mitte April 2001 sind die Umbauarbeiten abgeschlossen. Bürgermeister Stefan Dallinger beglückwünscht die Mitglieder zu der mutigen Entscheidung, die diese ansprechende Anlage möglich gemacht hat. 2002 wird eine Satzungsänderung beschlossen: Der geschäftsführende Vorstand besteht jetzt aus einem ersten Vorsitzenden und zwei Stellvertretern, wovon einer der jeweilige Schatzmeister ist.

Titelflut in Baden

Von 1987 bis 2002 holen zehn Mannschaften den Titel des badischen Mannschaftsmeisters. Vier Mal sind die Herren erfolgreich, sechs Mal die Jugendlichen. 2000 gibt es die bisher höchste Anzahl von elf Aktiven-Mannschaften. 2003 wird das Clubhaus modernisiert und das Restaurant umgebaut. Ab 2004 wird die Gaststätte unterm Namen „Mamma Rosa“ von Familie de Luca geführt.

In dem Jahr wird Manfred Hausen zum Vorsitzenden gewählt. In seine Zeit fallen die Sanierung der Terrasse, der Umkleideräume und der Bau eines Brunnens zur Bewässerung. Nach sechs Jahren stellt Hausen sich 2010 nicht mehr zur Wahl. Nachdem kein Nachfolger gefunden wird, stellt sich schließlich Julia von Conrady zur Verfügung. Sie führt den Verein zwei Jahre. 2011 wird erneut in die Gaststätte investiert. Die Fenster werden ausgetauscht und die Toiletten renoviert. Und Manfred Hausen stellt sich 2012 wieder zur Verfügung. Die Erneuerung der Heizungsanlage bringt erhebliche Einsparungen. 2017 gibt es eine Austrittswelle, wie sie der Verein noch nicht erlebt hat. Im Jubiläumsjahr 2018 hat der Tennisclub Blau-Weiß 330 Mitglieder, davon sind 150 Kinder und Jugendliche.

(Quelle: Chronik des Tennisclubs Blau-Weiß Schwetzingen, 1928 – 2003, Hans Jürgen Schröder)

Tag der offenen Tür

Der Tennisclub Blau-Weiß feiert sein 90-jähriges Bestehen mit einem „Tag der offenen Tür“ am Samstag, 21. Juli, 14 bis 17 Uhr, auf seiner Anlage am Odenwaldring. Es gibt: Schnuppertraining für Kinder und Erwachsene, einen Schaukampf mit zwei namhaften Spielern, Kinderschminken, mobile Dart-Scheibe, Popcorn und Eis sowie eine Tombola mit tollen Preisen, BBQ, Kaffee und Kuchen.

Wer an diesem Tag dem Tennisclub beitritt, für den entfällt die Aufnahmegebühr. Zusätzlich gibt es einen Abschlag von 90 Euro. vw

Die Vorsitzenden seit 1928

1928 bis 1932: Dr. Heinrich Bassermann; 1933 bis 1934: Hugo Hörner; 1935 bis 1940: Heinz Pries; 1940 bis 1945 Dr. Alfred Hugo Neuhaus.

1948 bis 1950: Dr. Eduard Eberhard; 1950 bis 1951: Alfons Stemmle; 1952 bis 1957: Sepp Hermann; 1958 bis 1960: Wolf-Dieter Späth; 1960 bis 1961: Sepp Hermann; 1961 bis 1966: Dr. Erwin Stemmle; 1966 bis 1972: Horst Schadlofsky; 1972 bis 1974: Ferdinand Plein; 1974 bis 1977: Hans-Jürgen Schröder; 1977 bis 1987: Wolfgang Gekeler; 1987 bis 1989: Hans-Jürgen Schröder; 1989 bis 1992: Horst Tenscher; 1992 bis 1998: Jan Fremer; 1998 bis 2000: Klaus-Dieter Sulzmann. 2000 bis 2004: Achim Bremm; 2004 bis 2010: Manfred Hausen; 2010 bis 2012: Julia von Conrady; seit 2012: Manfred Hausen. vw

Freier Autor Volker Widdrat ist freier Mitarbeiter.

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