Schwetzingen. Im Prozess gegen einen 42-jährigen Gambier, dem die Staatsanwaltschaft räuberischen Diebstahl in einem besonders schweren Fall, Widerstand gegen Amtsträger, Körperverletzung und Beleidigung vorwirft, hielten Staatsanwaltschaft und Verteidigung am Montagvormittag ihre Plädoyers. Vorher hörte die Strafkammer des Landgerichts Mannheim noch drei Zeugen.
Eine 37-jährige Verkäuferin des Kaufland-Marktes berichtete, wie der Angeklagte sich einmal bedient hatte, ohne bezahlen zu wollen. In der einen Hand habe er ein Cordon bleu gehabt, in der anderen eine Milchflasche gehalten, mit der er zwei Mitarbeiter bedroht habe. Dann sei er geflüchtet. Die verständigte Polizei sei zu spät gekommen. „Er war öfters da, immer auffällig und aggressiv. Ein Hausverbot hat ihn nicht interessiert“, so die Zeugin.
Ein 34-jähriger Justizbeamter schilderte einen Vorfall in der Justizvollzugsanstalt Mannheim, als der Asylbewerber versucht hatte, zwei Gefängnisbedienstete mit einem Stuhl zu treffen. Der 42-Jährige hatte in seiner Vernehmung behauptet, von den Beamten geschubst und geschlagen worden zu sein: „Sie sagten, sie würden mich fertig machen, heute sei mein letzter Tag.“
Angeklagter greift in Schwetzinger Kaufland öfters zu Lebensmitteln
Ein 24-jähriger Polizist gab einen Einsatz im Kaufland zu Protokoll. Die Marktleiterin habe die Beamten gerufen, weil der Angeklagte öfters aufgetaucht sei und sich Lebensmittel gegriffen habe. Das Gericht unter dem Vorsitzenden Richter Olaf Rinio nahm die Kontoauszüge des Angeklagten in Augenschein. Der hatte nämlich behauptet, von den Behörden beim Arbeitslosengeld betrogen worden zu sein. Die Auszüge zeigten jedoch regelmäßige Geldeingänge. Außerdem soll der Beschuldigte öfters bei Discountern eingekauft und mit Karte bezahlt haben.
Der psychiatrische Sachverständige hatte Schwierigkeiten, die Einsichts- und Steuerungsfähigkeit des 42-Jährigen zu beurteilen. Der Mann, der zeitweise unter Betreuung gestanden hatte, habe sich nicht untersuchen lassen wollen. Er könnte „irgendeine Form einer psychischen Erkrankung“ haben, möglicherweise eine Persönlichkeitsstörung. Drogenkonsum habe er stets verneint. In einer Vernehmung habe er einmal erzählt, in seinem Herkunftsland Gambia verhext worden zu sein. In Deutschland sei sein Leben bedroht, weil man ihn über das Essen vergiften wolle. Der Angeklagte könnte einem Wahn unterliegen, für Schizophrenie gebe es keine Anhaltspunkte, so der Arzt für Forensische Psychiatrie. Eine wahnhafte Störung zeige der 42-Jährige jetzt noch. Es sei schwierig, zu einer vernünftigen Prognose zu kommen. Für eine Unterbringung im Maßregelvollzug fehlten die Voraussetzungen. „Aber alles, was er bisher getan hat, könnte er wieder tun“, so der Gutachter abschließend.
Milchflasche als Nötigungsmittel
Staatsanwalt Sebastian Stiehl sah die geschilderten Tatvorwürfe bestätigt. Der 42-Jährige sei im Kaufland wiederholt tätlich geworden. Einmal habe er eine Milchflasche als Nötigungsmittel eingesetzt, bei der Haupttat am späten Vormittag des 18. November vergangenen Jahres habe er mit der Glasflasche zugeschlagen und einem Kaufland-Mitarbeiter einen ein Kilogramm schweren Rinderbraten ins Gesicht geworfen. Außerdem hatte er noch ein Cuttermesser im Markt dabei. Mit Gewalt, durch Spucken und Beleidigungen habe er sich der Festnahme widersetzt. Der Staatsanwalt wertete vier verschiedene Tathandlungen als räuberischer Diebstahl in einem besonders schweren Fall, versuchte und vorsätzliche gefährliche Körperverletzung sowie Widerstand gegen eine Vollstreckungshandlung und Beleidigung. Er forderte eine Freiheitsstrafe von sieben Jahren.
Für Verteidiger Ekkart Hinney war das Strafmaß zu hoch. Für sieben Jahre könne man schon einiges anstellen, unter anderem viele schwere Delikte, „aber all das hat der Angeklagte nicht getan“. Als die Polizei in den Kaufland-Markt gekommen sei, „sind bei ihm sämtliche Sicherungen durchgebrannt“. Das Mitführen eines Teppichmessers stoße das Strafmaß gewaltig nach oben, er habe das Messer aber nicht einsetzen wollen. Die Einzelforderungen des Staatsanwalts seien in Teilen zu hoch. Bei seinem Mandanten müsse man psychische Auffälligkeiten feststellen. Besonderheiten in der Psyche seien oft ein Problem bei Migranten. Der Drogenkonsum des 42-Jährigen habe nicht das Ausmaß für eine eingeschränkte Steuerungsfähigkeit erreicht. Die vorgeworfenen Taten seien nur „mittelschwere Vorkommnisse“ gewesen. Sein Mandant habe sich nicht verstellt. „Ich empfehle Ihnen diesen Menschen an – zu seinem eigenen Schutz“, sagte der Verteidiger zum Gericht, stellte aber keine konkrete Forderung beim Strafmaß. „Alle Vorwürfe gegen mich sind falsch. Alle Zeugen haben gelogen, auch einige Polizeibeamte“, erklärte der 42-Jährige in seinem letzten Wort.
Das Urteil fällt an diesem Dienstag, 19. September, um 11.30 Uhr.
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