Schwetzingen. Als ich den Stall um kurz nach 7 Uhr am Morgen betrete, schlägt mir warme, schwüle Luft entgegen. Es riecht nach Vieh und die kollektive Begrüßung der Wiederkäuer fällt mit „Muh“ eher wortkarg aus. Die Kühe haben Hunger und wollen gefüttert werden. Heinrich „Heiner“ Schuhmacher fährt die erste Ladung Futter per Schubkarre in die Ställe, dann schnappen wir uns beide eine Schaufel und befördern das Futter schwungvoll in die Rinne, aus der die angebundenen Rindviecher fressen.
Heinrich Schuhmacher ist Landwirt aus Leidenschaft und hat den eigenen Hof vor 15 Jahren von seinem Vater, der auch Heinrich heißt, übernommen. Der 55-Jährige baut neben dem Schwetzinger Vorzeigegemüse schlechthin, dem Spargel, auch noch Mais, Weizen, Roggen, Gerste, und Luzernenklee an.
Er hält aber eben auch Milchvieh. Besonderen Wert legt er auf eine ausgewogene Ernährung seiner Tiere. Ein Teil der eigenen Maisernte wird am Kolben getrocknet, im Häcksler zerkleinert und schließlich an die Kühe verfüttert. Was dabei besonders wichtig ist? „Die Maiskörner müssen geöffnet sein, da die Kühe die Nährstoffe sonst nicht aufnehmen können“, erklärt mir Heiner. Im Stall duzt man sich bei der Arbeit natürlich.
Neben Mais frisst das Vieh auch den selbst angebauten Klee, aus verschiedenen Getreidearten bestehendes Kraftfutter und sogenannten Biertreber. Doch dazu später mehr. Die Ernährung und das schonende Melken der Kühe mache sich auch im Geschmack bemerkbar, sagt der Landwirt. Eine Milchkuh gibt auf seinem Hof nur 25 Liter am Tag, was in der Branche eher wenig sei. Daher sind auch die Protein- und die Fettwerte leicht höher, als die normaler Milch aus dem Supermarkt.
45 Kilo Futter am Tag
Wir sind weiterhin mit der Tierfütterung beschäftigt. Denn eine einzelne Kuh frisst so einiges – wobei zwischen Alter und Geschlecht unterschieden werden muss. „Am meisten fressen die Milchkühe“, berichtet der studierte Landwirt. Von bis zu 45 Kilogramm Futter pro Tag ist die Rede. Und der Wasserverbrauch seiner 65 Kühe ist noch mal höher. An einem guten Tag trinke eine Milchkuh an die 80 Liter, sagt Heinrich Schuhmacher. Doch wie deckt man so einen hohen Wasserverbrauch überhaupt? Er zeigt mir den hofeigenen Brunnen, durch den er Grundwasser anzapft. Mit dem Wasser „beregnet“ er auch seine Felder, denn in Trockenperioden, wie gerade jetzt, bekommen Pflanzen wie Mais oder Spargel sonst Hitzeprobleme.
Neben den insgesamt 28 Milchkühen, von denen 25 derzeit tatsächlich gemolken werden können und müssen, gibt es auch einige Bullen sowie Kälber und Kühe, die noch zu jung sind, um im Stall angebunden zu werden. Heiner Schuhmacher zeigt mir auch frischen Nachwuchs: Einige Kälber sind erst zwei Wochen alt. Doch auch diese Jungtiere fressen bereits 15 Kilo Futter pro Tag. Schließlich sind alle Tiere gefüttert und wir können eine kleine Frühstückspause einlegen. Wobei, besonders früh ist es inzwischen auch schon nicht mehr. Nach unserer kleinen Stärkung helfe ich Heiner einen Anhänger am Schlepper, also einem seiner Traktoren zu befestigen. Ich quetsche mich neben ihn und wir machen uns auf dem Weg zur Welde-Brauerei nach Plankstadt. Wir nehmen die Mannheimer Landstraße und fahren schließlich kurz über die B 535, bevor wir die Ausfahrt ins Gewerbegebiet nehmen. Dort angekommen melden wir uns an und dürfe n den Anhänger mit Biertreber füllen, der direkt aus dem Sudhaus kommt.
Überbleibsel aus der Produktion
Biertreber nennt man die Rückstände des gemälzten Weizens und der Braugerste, die bei der Bierproduktion nach dem Kochen des Sudes als Abfallprodukt übrig bleiben. Landwirte wie Heinrich Schuhmacher kaufen diese bei Brauereien ein und verwenden sie als Futtermittel. Auch in der Lebensmittelindustrie findet Treber Verwendung. Nachdem der Anhänger fertig beladen ist, machen wir uns auf den Rückweg. Auf dem Hof angekommen muss das frische Futter vom Anhänger herunterbefördert werden, bevor es final in einem kleinen Silo gelagert wird.
Heiner Schuhmacher hat für alle Zwecke die richtige Maschine parat. Nachdem der Schlepper im Schuppen verstaut ist, essen wir gemeinsam mit der Familie zu Mittag. Heute gibt es Pellkartoffeln mit Quark und Heringssalat. Die Stärkung tut mir gut. Der Job als Landwirt ist definitiv mit körperlicher Arbeit verbunden, darüber sollte man sich im Klaren sein. Nachdem alle satt geworden sind, melden auch die Tiere so langsam wieder Hunger an. Das eine oder anderen Muhen ist jetzt aus dem Kuhstall zu vernehmen. Also steht die nächste Fütterung an, wieder nach dem gleichen Prozedere wie am Morgen.
Das Vieh bekommt verschiedene Futtersorten nachgelegt, Wasser trinken können die Kühe aufgrund einer speziellen Anlage eh zu jeder Zeit. Langsam, aber sicher neigt sich mein Tag auf dem Spargelhof Schuhmacher dem Ende zu. Nachdem alle Kühe versorgt sind, ist zumindest mein Arbeitpensum beendet. Der Job eines Landwirts ist interessant und vielseitig. Neben den immer wiederkehrenden Aufgaben, etwa das Füttern des Viehs, gibt es viele unterschiedliche Dinge zu tun, je nach Tag, Wetter und Jahreszeit.
Mit hat’s Spaß gemacht
Ich persönlich hatte viel Spaß an der Arbeit zusammen mit Heinrich Schuhmacher. Aber es gibt auch gewisse Besonderheiten, die dieser Beruf mit sich bringt. Egal ob Dienstag oder Sonntag, egal ob Weihnachten oder Ostern, die Tiere müssen immer gefüttert und gemolken werden. Und besonders Urlaub gestaltet sich als – freundlich ausgedrückt – schwierig. Wer sich daran nicht stört, der kann viel Freude an diesem Beruf in der Natur haben. Die vierbeinigen, gefleckten, etwas trägen, wiederkäuenden Bewohner des Hofes sind mir jedenfalls schon ein bisschen ans Herz gewachsen – und die Menschen ja sowieso.
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